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K-Tipp 7/2001
11.04.2001
27 Fertigprodukte im Test: Viele enthalten eine höhere Dosis, als der Körper pro Tag braucht
Die Schweizer essen pro Tag im Schnitt 10 Gramm Salz - gesund wäre etwa die Hälfte. Viel zu viel Salz steckt vor allem in industrieller Fertignahrung, die oft nicht entsprechend deklariert ist.
Sophie Reymondin redaktion@ktipp.ch
Mit dem Verzehr einer einzigen Dose Hero Eier-Ravioli überschreiten Sie die von Ernährungswissenschaftlern empfohlene Tagesra...
27 Fertigprodukte im Test: Viele enthalten eine höhere Dosis, als der Körper pro Tag braucht
Die Schweizer essen pro Tag im Schnitt 10 Gramm Salz - gesund wäre etwa die Hälfte. Viel zu viel Salz steckt vor allem in industrieller Fertignahrung, die oft nicht entsprechend deklariert ist.
Sophie Reymondin redaktion@ktipp.ch
Mit dem Verzehr einer einzigen Dose Hero Eier-Ravioli überschreiten Sie die von Ernährungswissenschaftlern empfohlene Tagesration Kochsalz. Und Corn-Flakes-Liebhaber essen doppelt so viel Salz wie Anhänger der Paprika-Chips von Zweifel.
Kochsalz ist in unserer Nahrung in rauen Mengen vorhanden - in Charcuterie-Produkten, Fertig-Gerichten und -Suppen ebenso wie in Konserven, in Apéro-Gebäck und in Süssspeisen. Zudem ist es fast unmöglich, den persönlichen Salzkonsum zu überwachen, weil der Gehalt auf Verpackungen oft nicht deklariert ist.
Unerfreuliche Folge: 15 % der Schweizer Bevölkerung leiden unter erhöhtem Blutdruck und haben damit ein erhöhtes Risiko in Bezug auf Herzgefäss-Erkrankungen.
Ein Zusammenhang zwischen zu hohem Salzkonsum und diesen Krankheiten gilt heute als erwiesen. «Schätzungen zufolge reagieren 50 Prozent der Personen mit erhöhtem Blutdruck empfindlich auf Salz», bestätigt Jacques Diezi, Professor für Pharmakologie und Toxikologie an der Uni Lausanne. «Selbst bei vielen gesunden Personen wirkt Salz negativ - und sie könnten an erhöhtem Blutdruck erkranken.»
Pro Person genügen 0,75 Gramm Salz täglich
Ein nicht zu unterschätzendes Gesundheitsrisiko: In den Industrieländern konsumiert die Bevölkerung pro Kopf bis zu 18 g Kochsalz pro Tag, obwohl bereits 0,75 g den täglichen Bedarf decken! In der Schweiz liegt der durchschnittliche Verbrauch pro Kopf bei rund 10 g.
Da die Deklaration des Salzgehalts nicht obligatorisch ist, hat Bon à Savoir, das welsche Schwestermagazin des K-Tipp, 27 Produkte von einem Labor analysieren lassen.
Resultat: Zu den «Spitzenreitern» zählen das Chili con Carne der Migros, die Pizza Prosciutto von Coop und die Eier-Ravioli von Hero - mit 3,9 bis 6,9 Gramm Salz pro Portion! Aber auch ein Cervelat von der Migros oder ein Bell-Landjäger enthalten fast die Hälfte der empfohlenen Tagesration. Bei den Suppen führte Knorrs Quick Soup Flädli die Negativ-Rangliste an (1,9 g Salz auf 1,5 dl). Und bei den Apéro-Snacks fielen die Bretzeli von Roland durch 1,8 g Salz pro Portion auf.
Überraschend: Selbst Biskuits, Vanille-Creme und Getreideflocken sind gesalzen - vor allem die Corn-Flakes der Migros. «Aus geschmacklichen Gründen», erklärt Susan Hoby, Sprecherin der Migros. «Die Konsumenten mögen den Mais-Geschmack nicht besonders und mit Salz lässt er sich neutralisieren.»
Soweit der Salzgehalt auf der Verpackung angegeben war, stimmte er in der Regel mit den Laborwerten überein (maximale Abweichung rund 15 %). Grössere Unterschiede stellten die Tester jedoch bei den Shortbread Highlanders von Walkers aus dem Sortiment der Migros fest (deklarierter Gehalt: 0,7 g/100 g; Laborresultate: 1 g/100 g).
«Unser Labor hat 0,9 Gramm pro 100 Gramm gemessen», relativiert Susan Hoby. «Falls weitere Tests diese Werte bestätigen, werden wir vom Lieferanten verlangen, dass er die Angaben auf der Verpackung korrigiert.»
Korrekte Resultate nur nach dem Backen möglich
Grössere Abweichungen stellte das Labor auch bei den Flûtes de Champagne von Cornu fest. Deklarierter Salzgehalt: 1 g/100 g. Laborergebnis: 1,4 g/100 g. «Unsere Messung erfolgte vor dem Backen», erläuterte Paul-Henry Cornu, Verantwortlicher für Logistik bei Cornu SA. «Nach dem Backen ist die Salzkonzentration höher.» Solche Angaben sind für Konsumenten irreführend. «Korrekterweise müsste man das fertige Produkt messen», erklärte Kurt Lüthi, Chemiker beim Bundesamt für Gesundheit.
Und bei der gebundenen Bratensauce der Migros findet man den Natriumgehalt des verdünnten Produkts, was eine zehnmal niedrigere Konzentration ergibt.
Doch warum mischen Pro- duzenten den Fertigprodukten so viel Salz bei? «Salz ist Geld wert», so Doris Favre, Ernährungswissenschaftlerin und Beraterin bei Bon à Savoir. «Es kaschiert den faden Geschmack von Fertignahrung; ausserdem bindet es Wasser, was das Gewicht des Produkts und damit den Verkaufspreis erhöht.»
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Das sagt das gesetz - Keine Grenzwerte
Der Salzgehalt in Esswaren ist nicht reglementiert. Ausnahmen: Bouillon darf nicht mehr als 12,5 g Kochsalz pro Liter zubereitete Brühe enthalten und der Salzanteil in Würzmischungen höchstens 50 % der getrockneten Zutaten betragen. Jedoch müssen die Produzenten auf vorverpackten Produkten (im Gegensatz zu offener Frischware) die Zutaten inkl. Salz deklarieren - und zwar geordnet nach Gewichtsanteil. Das absolute Gewicht muss indes nicht angegeben werden. Ausnahme: Nahrungsmittel, die nur wenig oder gar kein Salz enthalten und für Personen bestimmt sind, die eine salzarme oder -lose Diät befolgen müssen - dann ist die Deklaration des Salzgehalts obligatorisch.