Kein Geld für die Sicherheit
Falsch beleuchtete Fussgängerstreifen sind Todesfallen. Verkehrsexperten wissen das - doch viele Gemeinden scheuen Ausgaben, um die Situation zu verbessern.
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K-Tipp 4/2003
26.02.2003
Markus Kellenberger - mkellenberger@ktipp.ch
Thomas Kestenholz aus Spiegel bei Bern ist beruflich viel mit dem Auto unterwegs. Er kennt die Vortrittsregel am Fussgängerstreifen, doch «was nützt das, wenn ich die Leute im Dunkeln nicht frühzeitig sehe?», fragt er. Viele Zebrastreifen seien miserabel beleuchtet und ein Sicherheitsrisiko.
Die Unfallstatistik gibt dem Laien Recht: Im letzten Jahr starben auf Fussgängerstreifen 39 Menschen, verletzt wurden gegen 1100. Die Zahlen sind seit Jahren etwa gleich.
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Thomas Kestenholz aus Spiegel bei Bern ist beruflich viel mit dem Auto unterwegs. Er kennt die Vortrittsregel am Fussgängerstreifen, doch «was nützt das, wenn ich die Leute im Dunkeln nicht frühzeitig sehe?», fragt er. Viele Zebrastreifen seien miserabel beleuchtet und ein Sicherheitsrisiko.
Die Unfallstatistik gibt dem Laien Recht: Im letzten Jahr starben auf Fussgängerstreifen 39 Menschen, verletzt wurden gegen 1100. Die Zahlen sind seit Jahren etwa gleich.
Viele Unfälle wären laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung BfU zu verhindern, würden alle Fussgängerstreifen folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Sichere Warteräume beidseits der Strasse, von wo aus Fussgänger den Verkehr überblicken können.
- Eine den Strassenverhältnissen und der Geschwindigkeit angepasste Sichtweite nach beiden Seiten.
- Fussgänger-Schutzinseln in der Strassenmitte.
- Nie mehr als zwei zu überquerende Fahrbahnen.
- Bei allen Streifen blaue, rechteckige Signaltafeln, die die Autofahrer warnen.
- Eine Beleuchtung, die wartende und querende Personen für Autofahrer aus genügender Distanz und auch bei schlechten Wetterbedingungen deutlich sichtbar macht.
Besonders die Beleuchtung liesse sich vielerorts rasch verbessern. Oft sind nämlich nur die gelben Streifen beleuchtet, wartende Menschen stehen im Dunkeln - oder die Lampen sind so unglücklich angebracht, dass Fussgänger selbst beim Überqueren der Streifen zu wenig deutlich zu sehen sind.
Aber genau das wäre wichtig, denn «in der Nacht gibt es im Verhältnis zum Tag zu viele Unfälle», sagt Gianantonio Scaramuzza von der BfU. In Zahlen: Tags verunfallen pro Jahr rund 700 Menschen auf Fussgängerstreifen, nachts trotz deutlich weniger Fussgänger- und Autoverkehr 400.
Die Schweizer Licht Gesellschaft SLG hat deshalb zusammen mit Verkehrsexperten Richtlinien für eine optimale Fussgängerstreifen-Beleuchtung ausgearbeitet und stellt dieses Wissen in Seminaren und seit kurzem auch im Internet zur Verfügung (siehe Kasten).
Aber: Das Interesse vieler Kantone und Gemeinden an sicheren Fussgängerstreifen hält sich in Grenzen. Diese Erfahrung hat das Bundesamt für Strassen (Astra) gemacht.
Vor etwas mehr als einem Jahr wies das Amt alle Kantone, den Städte- und den Gemeindeverband an, sich die neuen und auf den Erkenntnissen der SLG beruhenden verbindlichen Normen für sichere Fussgängerstreifen zu beschaffen.
Doch die neue Norm ist kein Renner. Sie wurde «nicht übermässig bestellt», wie man sich beim Auslieferer zurückhaltend ausdrückt. Das wundert kaum, gibt es doch in den wenigsten Kantonen, Städten und Gemeinden Gremien, die sich mit Fussgängersicherheit befassen. Laut Astra-Pressesprecher Daniel Schneider ist das ein Missstand.
Noch aus einem anderen Grund haben es viele Verwaltungen nicht pressant damit, die Zebrastreifen auf ihrem Gemeindegebiet sicherer zu machen: Ein nach neuer Norm gestalteter und beleuchteter Zebrastreifen kostet schnell einige zehntausend Franken. «Das ist deutlich teurer als ein Kübel gelbe Farbe und schreckt viele Gemeinden ab», sagt BfU-Mann Scaramuzza. Deshalb würden selbst bei bekannt unfallträchtigen Zebrastreifen nötige Verbesserungen oft jahrelang bis zur nächsten Strassensanierung aufgeschoben.
Für die Vereinigung der Familien der Strassenopfer VFS ist das unverzeihlich. «Das bedeutet nämlich, dass Kantone und Gemeinden Menschenopfer in Kauf nehmen, um ihre Kassen zu schonen», sagt VFS-Vorstand Ueli Vogel-Etienne.
Fachleute beraten Interessengruppen
Folgende Stellen informieren über Sicherheitsnormen für Fussgängerstreifen. Sie vermitteln auch Fachleute, die helfen, optimale Lösungen zu erarbeiten.
- Schweizer Licht Gesellschaft SLG, Postfach 686, 3000 Bern 8, Tel. 01 266 50 11, www.slg.ch
- Beratungsstelle für Unfallverhütung BfU, Postfach 8236, 3001 Bern, Tel. 031 390 22 22, www.bfu.ch
- Fussverkehr Schweiz, Klosbachstr. 48, 8032 Zürich, Tel. 01 383 62 40, www.fussverkehr.ch
- Die neue Sicherheitsnorm inklusive Checkliste zur Beurteilung von Fussgängerstreifen ist erhältlich beim Schweizerischen Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute VSS, Seefeldstr. 9, 8008 Zürich, Tel. 01 269 40 20, info@vss.ch