Kein Lebenszeichen vom Patenkind
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K-Tipp 11/2002
29.05.2002
SOS-Patenschaft: Hilfswerk hält Versprechen nicht ein
Seit Anfang 2001 ist Sarah Lassoued Patin beim Hilfswerk SOS-Kinderdorf. Noch heute weiss sie aber nicht, wie es ihrem Patenkind geht.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Zu Weihnachten erhielten die Verwandten von Sarah Lassoued für einmal kein Präsent. Die Zürcherin hatte sich entschlossen, ihr Weihnachtsgeld statt für Geschenke für eine Kinderpatenschaft auszugeben.
Im Januar 2...
SOS-Patenschaft: Hilfswerk hält Versprechen nicht ein
Seit Anfang 2001 ist Sarah Lassoued Patin beim Hilfswerk SOS-Kinderdorf. Noch heute weiss sie aber nicht, wie es ihrem Patenkind geht.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Zu Weihnachten erhielten die Verwandten von Sarah Lassoued für einmal kein Präsent. Die Zürcherin hatte sich entschlossen, ihr Weihnachtsgeld statt für Geschenke für eine Kinderpatenschaft auszugeben.
Im Januar 2001 war es so weit: Der Verein «Schweizer Freunde der SOS-Kinderdörfer», der das Zewo-Gütesiegel tragen darf und hier zu Lande das Hilfswerk «SOS-Kinderdorf international» vertritt, hiess Lassoued herzlich willkommen. Die frisch gebackene Patin erfuhr, dass ihr Patenkind Nduduzo Sifundza heisst, am 21. September 1994 geboren wurde und im SOS-Kinderdorf Mbabane in Swaziland lebt.
Der Bericht über den Jungen war dürftig
Zugleich erhielt Lassoued eine kurze Lebensgeschichte samt Foto von ihrem Patenkind sowie das Handbuch für Kinderpatenschaften. Letzteres hält unter anderem fest, dass die einzige Verpflichtung für Kinderpatinnen und -paten darin besteht, mindestens ein Jahr lang monatlich 60 Franken zu bezahlen. Das Geld hilft, Verpflegung, Betreuung und Grundausbildung zu finanzieren.
Im Gegenzug bekommen die Patinnen und Paten gemäss Handbuch «einmal im Jahr einen ausführlichen Bericht über ihr Patenkind sowie ein aktuelles Foto». Und zu Weihnachten schicke das Kind eine Karte.
«Mehr ist ja auch nicht nötig», sagt Sarah Lassoued. «Bloss: Ich habe im ersten Jahr meiner Patenschaft nichts von alldem erhalten.»
Die enttäuschte Kinderpatin, die insgesamt 780 Franken bezahlt hatte, forderte das Hilfswerk auf, seine Versprechen einzulösen. Und tatsächlich erhielt sie Mitte März 2002 endlich Post aus Swaziland.
Doch die Sendung war für Lassoued erst recht frustrierend: Sie enthielt das gleiche Foto von Nduduzo Sifundza, das die Patin schon seit Januar 2001 besass, sowie einen Bericht über den Jungen.
Oder eher ein Berichtchen: Das Schreiben umfasste nur sechs Zeilen. Und es rapportierte Belanglosigkeiten wie: «Der Junge spielt gerne mit anderen Kindern.» Zudem hiess es, Nduduzo sei sechs Jahre alt - obwohl er im März 2002, als der Bericht bei der Patin eintraf, fast siebeneinhalbjährig war.
Neva Bernasconi, Geschäftsführerin der «Schweizer Freunde der SOS-Kinderdörfer», ist die Sache ziemlich unangenehm: «Wir wissen noch nicht, was da schief gelaufen ist. Aber wir werden die Angelegenheit genau abklären», kündigt sie an.
«Die Kinder müssen für die Fehler büssen»
Und sie verspricht: «Wir treten dafür ein, dass derart allgemein gehaltene Berichte wie jener über Nduduzo Sifundza möglichst nicht mehr vorkommen.»
Zugleich versichert sie: «Das Geld von Sarah Lassoued ist ganz bestimmt ins Kinderdorf Mbabane gelangt.» Man könne sämtliche Geldtransaktionen im Rahmen von Kinderpatenschaften jeweils belegen.
Den Frust von Lassoued kann Neva Bernasconi gleichwohl verstehen. Doch seien solche Erfahrungen eher die Ausnahme: «Wir haben in der Schweiz rund 4800 Kinderpatenschaften», rechnet sie vor. «Pro Jahr erhalten wir aber bloss etwa ein Dutzend Beschwerden in der hier vorliegenden Art.»
Für Sarah Lassoued ist das ein schwacher Trost. Jede Beschwerde sei eine Beschwerde zu viel, sagt sie: «Führt sie wie in meinem Fall zur Kündigung der Patenschaft, müssen letztlich die Kinder für Versäumnisse des Hilfswerks büssen. Das ist traurig.»