Keine Lehrstelle? So könnte es klappen
Viele Jugendliche kämpfen um wenige Lehrstellen. Wer noch keinen Lehrvertrag in der Tasche hat, kann mit der richtigen Bewerbungsstrategie Erfolg haben.
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K-Tipp 4/2003
26.02.2003
Pirmin Schilliger - redaktion@ktipp.ch
Pharmaassistentin oder Drogistin - das möchte Ivana werden. Seit September hat die 3.-Sek-Schülerin aus Luzern über 50 Bewerbungen verschickt. «Ein paar Schnupperlehren, das war alles», sagt sie resigniert. Die Aussichten, bis zu den Sommerferien doch noch die gewünschte Lehrstelle zu finden, schätzt sie als sehr gering ein. Vorsorglich hat sich Ivana nun für das 10. Schuljahr angemeldet. 10 der 26 Schülerinnen und Schüler in ihrer Klasse droht das gleiche Schicksal.
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Pharmaassistentin oder Drogistin - das möchte Ivana werden. Seit September hat die 3.-Sek-Schülerin aus Luzern über 50 Bewerbungen verschickt. «Ein paar Schnupperlehren, das war alles», sagt sie resigniert. Die Aussichten, bis zu den Sommerferien doch noch die gewünschte Lehrstelle zu finden, schätzt sie als sehr gering ein. Vorsorglich hat sich Ivana nun für das 10. Schuljahr angemeldet. 10 der 26 Schülerinnen und Schüler in ihrer Klasse droht das gleiche Schicksal.
Noch dramatischer die Situation in einer 3.-Real-Klasse im gleichen Schulhaus, dem Mariahilf: Von 16 Jugendlichen haben erst 3 einen unterschriebenen Lehrvertrag. Ajdin hat - nach 30 erfolglosen Bewerbungen für seinen Wunschberuf Polymechaniker - die Strategie gewechselt. Er sucht eine Stelle als Logistikassistent, bis jetzt ohne Erfolg. «Nun überlege ich mir, mit einem Sprachaufenthalt im Ausland das nächste Jahr zu überbrücken und es danach nochmals zu versuchen», sagt er.
Auf der Stirn von Lehrer Jürg Huber zeichnen sich tiefe Sorgenfalten ab, wenn er an die Zukunft seiner Schützlinge denkt. Die Zeit wird knapp. Huber erinnert sich: «Vor fünf Jahren hatten bis Ostern sämtliche Schülerinnen und Schüler eine Lehrstelle.»
Die Situation im Mariahilf in Luzern ist symptomatisch. Der Kampf um die Lehrstellen wird in der ganzen Schweiz immer härter. Angebot und Nachfrage spielen nicht mehr. «Die Schere öffnet sich», sagt Luzi Schucan vom Berufsbildungsamt des Kantons Zürich. Er rechnet allein für seinen Kanton mit einer Verknappung des Angebots um 1000 Lehrstellen. Im Vergleich zum Vorjahr hats 600 Schulabgänger mehr, aber rund 400 Lehrstellen weniger.
Bereits im letzten Jahr bauten gewisse Branchen bei den Lehrstellen stark ab: das Baugewerbe um 22 Prozent, die IT-Branche um 10, die Metall- und Maschinenindustrie um 9 Prozent. Jetzt reduzieren auch Banken und Versicherungen die Lehrstellen.
Bis zum Sommer dürften, wie Mario Antonelli, Leiter Jugend beim Schweizerischen Kaufmännischen Verband schätzt, rund 10 Prozent weniger KV-Lehrstellen angeboten werden. Peter Sigerist, Berufsbildungssekretär des Gewerkschaftsbundes, rechnet über alle Branchen verteilt mit einem Minus von 5 bis 10 Prozent. In Zahlen: Um die 70 000 Lehrstellen kämpfen rund 60 000 Jugendliche aus dem 9. Schuljahr und 20 000, die in einem 10. Schuljahr oder in einem Brückenangebot seit dem letzten Jahr in der Warteschlaufe stehen.
Wer eine Lehrstelle sucht, sollte diese Punkte unbedingt beachten:
- Eltern: Schulpsychologen vertreten die Auffassung, Eltern sollten sich hüten, ihre Kinder in eine bestimmte Richtung zu drängen, die nur dem elterlichen Wunschdenken entspricht.
- Zeitplan: Jugendliche, die gut vorbereitet sein wollen, müssen am Ende des 8. Schuljahres in einigen Berufen geschnuppert und ihre Wahl getroffen haben. Jürg Huber erklärt: «Der Jugendliche sollte zu Beginn des 9. Schuljahres mit zwei bis drei Berufen im Visier seine Bewerbungen starten.»
Warum diese Eile? Weil die Unternehmen bei der Jagd nach den besten Lehrlingen immer früher mit der Rekrutierung beginnen. Das Gentleman-Agreement zwischen den Firmen und Berufsberatungszentren, mit der Selektion jeweils bis Anfang November zu warten, wird kaum mehr eingehalten. Jedenfalls trifft bei den kantonalen Berufsbildungsämtern, die ab November die Lehrverträge zu genehmigen haben, auf dieses Stichdatum hin bereits eine Flut von fertig vorbereiteten Verträgen ein. Bis zum April sind 70 Prozent der Lehrstellen bereits besetzt.
- Doppelstrategie: Dazu raten Experten allen, die bis dann noch keine Lehrstelle haben. Einerseits sollen sich die Jugendlichen weiter intensiv bewerben, gleichzeitig aber eine Alternative, etwa ein 10. Schuljahr, ins Auge fassen. Die Chancen, bis zum August noch fündig zu werden, stehen im April statistisch noch immer bei 50 Prozent. Zudem sollte man nicht nur den Traumberuf anpeilen, sondern auch verwandte Berufe in Betracht ziehen.
- Hartnäckigkeit und Flexibilität: Wer noch eine Lehrstelle ergattern will, darf keinen Aufwand scheuen. Er muss Biss zeigen und flexibel sein. Offene Lehrstellen werden jetzt weniger nach Noten vergeben, denn der Kampf um die besten Schulabgänger ist gelaufen. Die Lehrmeister gewichten nun umso stärker das soziale Verhalten, den Einsatz in der Schnupperlehre und die Motivation.
- Alternativen: Ist die Suche trotz aller Bemühungen erfolglos, heissts Alternativen zu planen: SOS-Brückenangebote, 10. Schuljahr, Sprachaufenthalt, Sozialjahr (etwa im Spital, Jugendtreffpunkt), Haushaltjahr, Vorlehre, vorberufliches Praktikum usw.
Ein Zwischenjahr ist keine Notlösung: Die Jugendlichen verbessern so ihre Qualifikationen und haben gute Chancen. Laut Statistik schaffen 77 Prozent der Jugendlichen aus Zwischenlösungen im zweiten oder sogar dritten Anlauf die gewünschte Lehrstelle.
Lehrstellen- und Schnupperlehrsuche im Web: Hier finden Teenager die besten Informationen
- Lehrstelle finden
Via Internet empfiehlt sich die Homepage der Deutschschweizer Berufsbildungsämter-Konferenz www.dbk.ch. Unter «Berufsbildung Schweiz» sind hier alle Links zu den kantonalen Berufsbildungsämtern zu finden. Diese bieten die weiterführenden Links zu den regionalen Lehrstellenbörsen (Lena), zu den Berufsinformationszentren (BIZ) und den Berufsberatungsstellen an.Einige Beispiele für den direkten Einstieg in regionale Lehrstellenbörsen:
Aargau: www.ag.ch/berufsbildung
Basel-Stadt: www.afbb.bs.ch
Bern: www.erz.be.ch/berufsausbildung
Luzern: www.ktzh.ch/lenalu
St. Gallen: www.sg.ch/lena
Zürich: www.lena.zh.ch
Lena hat sich zu einem wichtigen Instrument entwickelt, ist aber nicht lückenlos und nicht immer auf dem aktuellsten Stand. Es lohnt sich, die in Frage kommenden Betriebe in der Nähe mal selber anzufragen und allfällige Beziehungen auszunützen. Weiterhelfen kann auch ein Anruf beim Berufsbildungsamt.
Eine Übersicht über das Lehrstellenangebot nach Branchen bietet www.bildungsentwicklung.ch. Eine weitere empfehlenswerte Website für die Suche ist www.takeoffnow.ch
- Wie findet man eine Schnupperlehre?
In der Regel offerieren alle Firmen, die Lehrstellen anbieten, auch Schnupperlehren. Die Berufsinformationszentren (BIZ) verfügen über Lehrbetriebslisten.
Lehrfirmennachweis (LEFI) im Internet unter www.beruf.ch
Vereinzelt finden sich auch Schnupperlehren auf den Homepages von Firmen und Verbänden.
Spezielle Tipps zur Schnupperlehre finden Jugendliche im Internet unter www.berufe-an-der-arbeit.ch
- Informationen zu Berufen
Die Websites der kantonalen Berufsbildungsämter haben entsprechende Links. Als Site für den Einstieg eignet sich www.berufsberatung.ch
- Eignungstests
Die Arbeitgeber verschärfen die Selektionskriterien mit Eintrittsprüfungen. Am häufigsten sind dies der Multicheck (für KV-Lehre), der Basic-Check für technische Berufe und der ZLI-Test (für Informatiklehren im Kanton Zürich).
Informationen zu den einzelnen Tests:
www.multicheck.ch
www.basic-check.ch
www.zli.ch
Bewerbung: Auch Hobbys zählen
- Gezielte Bewerbung: Die eigenen Fähigkeiten und die beruflichen Anforderungen sollten übereinstimmen. Für jede Bewerbung einen neuen Begleitbrief entwerfen (oder abändern) und auf jede Lehrstelle separat eingehen. Einen schlechten Eindruck machen Standardbriefe, bei denen nur die Adresse, wenn möglich gar noch handschriftlich, geändert wird.
- Welche Dokumente in eine Bewerbung gehören, darüber informieren Berufsinformationszentren. Noch besser ist es, die Firmen telefonisch zu fragen, welche Dokumente sie im Detail erwarten. Die Bewerbung vor dem Abschicken nochmals dem Lehrer zeigen.
- Noten sind zwar wichtig, aber auch andere Qualifikationen zählen. In der Bewerbung auch Freizeitaktivitäten, besondere Interessen, Engagements (Pfadi, Vereine, Jugendarbeit) erwähnen, die etwas über die Sozialkompetenz und die Persönlichkeit verraten.
- Als Referenzen geeignet sind Lehrer sowie Personen aus Vereinen oder aus dem Bekanntenkreis.