Keiner zu klein, im Velositzli zu sein?
Kindersitz auf dem Velo: Geeignet für Kinder ab 9 Monaten, sagen die Hersteller. Erst ab 2 Jahren, heisst es hingegen bei Ärzten.
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K-Tipp 14/2004
08.09.2004
Bernhard Matuschak - redaktion@ktipp.ch
Ab welchem Alter ist es ratsam, den Nachwuchs im Velokindersitz zu transportieren? Orientiert man sich an der Broschüre der Schweizerischen Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) zum Kindertransport auf dem Velo, ist der Fall klar. Sie empfiehlt, «Kinder nicht vor dem vollendeten ersten Lebensjahr auf dem Velo mitzuführen».
Hersteller der Velositze sehen gar noch Spielraum nach unten: «Sobald Kinder selbständig sitzen können, hat sich die Muskulatur so weit aufgebaut, ...
Ab welchem Alter ist es ratsam, den Nachwuchs im Velokindersitz zu transportieren? Orientiert man sich an der Broschüre der Schweizerischen Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) zum Kindertransport auf dem Velo, ist der Fall klar. Sie empfiehlt, «Kinder nicht vor dem vollendeten ersten Lebensjahr auf dem Velo mitzuführen».
Hersteller der Velositze sehen gar noch Spielraum nach unten: «Sobald Kinder selbständig sitzen können, hat sich die Muskulatur so weit aufgebaut, dass ein Transport im Kindersitz möglich ist. Dies kann bereits ab neun Monaten der Fall sein», sagt Daniel Kirchgraber, Assistent der Vertriebsleitung und zuständig für Kindersitze bei der Firma Römer. Entsprechend sind die Produkte denn auch deklariert.
«Kleine Kinder sacken auf die Seite»
Hans Peter Tschanz, Orthopädie-Techniker an der Uniklinik Balgrist in Zürich, widerspricht: «Ein Kind sollte auf jeden Fall gut laufen können, bevor man es zum ersten Mal im Sitz oder im Anhänger transportiert. Erst dann ist eine selbständige Haltungskontrolle für Rumpf und Kopf gegeben.»
Je nach Entwicklungsstand des Kindes bedeutet dies: Velositzli eignen sich für Kinder oft erst ab dem zweiten Lebensjahr oder allenfalls noch später. Der Orthopädie-Experte weist auf starke Zentrifugalkräfte hin, die bei Lenkmanövern entstehen. Es drohe eine Überdehnung der Halsmuskulatur, in schlimmen Fällen ein Schleudertrauma.
Doch auch bei älteren Kindern fordert Tschanz ein Höchstmass an Rücksichtnahme: «Kleine Kinder schlafen auf dem Velo schnell ein und sie sacken dabei auf eine Seite.» Die kleinen Passagiere sollten deshalb fest angegurtet und nur auf Kurzstrecken mitgenommen werden. Beim Kauf des Sitzes gelte es darauf zu achten, dass dieser mit einem soliden Gurtsystem ausgestattet ist, bei dem Schultern und Becken fixiert werden.
Immer gilt: Fahrweise anpassen!
Die Rückenlehne sollte über den Kopf des Kindes reichen, die Fussstützen sollten in der Höhe verstellbar sein, wobei die Füsse mit einem Band fixiert werden. Eine Seitenführung am Sitz federe zudem die Fliehkräfte in den Kurven ab und verhindere ein seitliches Wegkippen des Körpers. Doch die beste Ausrüstung nutze wenig, wenn die Fahrweise nicht angepasst ist, mahnt Hans Peter Tschanz. Deshalb gilt: «Defensiv und möglichst bei Tageslicht fahren.»
Die BfU rät zudem:
- Befestigungsmuttern und Steckverbindungen müssen gegen Lockern und Herausspringen gesichert sein.
- Bei qualitativ guten Produkten sind Montage- und Gebrauchsanleitung vorhanden. Auch Firmenzeichen, Modellnummer und zulässiges Gewicht sollten vermerkt sein.
- Hosenträgergurte sind besser als Sicherheitsgurte. Das Kind darf den Gurt nicht selber öffnen können.
- Ein Sattel mit verdeckten Federn verhindert das Einklemmen der Finger.
- Kinder unbedingt mit Fahrradhelm ausrüsten.
- Speichenschutz und zweibeiniger Veloständer sind ratsam.