Kids werden weitertrinken
Alcopops werden mit einer Sondersteuer belegt - aber nur die mit Schnaps. Nicht betroffen sind Getränke aus Wein, Bier oder vergorenem Most - trotz ebenso hohem Alkoholgehalt.
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K-Tipp 15/2003
17.09.2003
Pirmin Schilliger - redaktion@ktipp.ch
Die Verkaufskurve bei den Alcopops zeigt steil nach oben: Von zwei Millionen Fläschchen (2000) auf 40 Millionen im letzten Jahr - das 20-fache innerhalb von nur zwei Jahren. Jetzt schlägt die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) Alarm: «20 Prozent des Alcopop-Umsatzes werden mit 11- bis 16-Jährigen erzielt», erklärt Matthias Meyer, Sprecher der SFA. 12 000 Kinder in dieser Altersklasse trinken bereits täglich Alkohol. Die Zahl jener jugendlichen Trinker,...
Die Verkaufskurve bei den Alcopops zeigt steil nach oben: Von zwei Millionen Fläschchen (2000) auf 40 Millionen im letzten Jahr - das 20-fache innerhalb von nur zwei Jahren. Jetzt schlägt die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) Alarm: «20 Prozent des Alcopop-Umsatzes werden mit 11- bis 16-Jährigen erzielt», erklärt Matthias Meyer, Sprecher der SFA. 12 000 Kinder in dieser Altersklasse trinken bereits täglich Alkohol. Die Zahl jener jugendlichen Trinker, denen notfallmässig der Magen ausgepumpt werden muss, nimmt dramatisch zu.
Der Preis wird sich verdoppeln
Um den durch die Alcopops verursachten Problemen einen Riegel zu schieben, will nun der Bundesrat die Getränke höher besteuern. Der Ständerat hat bereits zugestimmt; der Nationalrat dürfte ihm am 2. Oktober folgen. Am 1. Februar 2004 wird - so der Zeitplan - die höhere Besteuerung in Kraft treten. Folge: Der Preis für ein Fläschchen im Laden dürfte sich damit von Fr. 2.50 auf Fr. 5.- verdoppeln. «Das wird den 12- bis 15-Jährigen, die nur das Sackgeld haben, sicher weh tun», glaubt Dieter Tosoni von der Eidgenössischen Alkoholverwaltung (EAV). Trotzdem befürchtet er, dass die Sondersteuer am Ziel vorbeigeht.
Grund: Die höhere Besteuerung zielt nur auf jene Alcopops, die mit gebrannten Schnäpsen wie Rum, Wodka und Whisky aufgemischt worden sind. Jene Getränke hingegen, die mit vergorenem Alkohol wie Bier, Apfelwein und Wein angereichert werden (mit zum Teil mehr Volumenprozent als Alcopops mit Schnaps!), sind davon befreit. Dieser erstaunliche Massstab hat historische Ursachen: Das Alkoholgesetz hat schon immer mit zwei Ellen gemessen und nur Spirituosen hart angefasst.
Zwar basieren im Moment auf dem Markt die meisten erhältlichen Alcopops noch auf Spirituosenzusätzen. «Ein grosser Teil dieser Getränke dürfte ab Februar 2004 vom Markt verschwinden», schätzt Meyer. Gleichzeitig werden aber neue, von der Sondersteuer befreite Alcopops lanciert werden, die mit vergorenem Alkohol aufgepeppt sind. Diese Verlagerung hat, wie Tosoni beobachtet, bei den Herstellern und Händlern bereits begonnen. Sie werden die Sondersteuer mit neuen und günstigen Getränken elegant umkurven - sodass sich die Jugendlichen die Alcopops auch in Zukunft leisten können.
Tosoni erinnert an ein wirksameres Mittel, um Kinder und Jugendliche vor dem Trinken zu schützen. «Wir könnten längst schon Nägel mit Köpfen machen», sagt er. Die Abgabe von sämtlichen alkoholischen Getränken an Jugendliche unter 16 Jahren ist nämlich verboten. Doch nur wenige Kantone und Gemeinden kontrollieren das systematisch. Entsprechend kümmern sich der Detailhandel und die Gastronomie nur halbherzig um die Bestimmungen, wie gelegentliche Stichproben - auch durch den K-Tipp - zeigen.
Bei den jüngst durchgeführten Kontrollen im Kanton Baselland erhielten die Jugendlichen unter 16 Jahren in 73 von 123 Läden problemlos Alcopops. Zu einer ähnlichen Quote kam laut Aussage von Ralf Schori auch die Gemeindepolizei Lyss BE: In sechs von zehn Läden konnten sich die 14-jährigen Testkäufer mit Alcopops eindecken. «Wir kontrollieren als einer der wenigen Kantone seit 1999 regelmässig, müssen aber leider feststellen, dass sich das Verhalten der Verkäufer massiv verschlechtert hat», sagt Markus Hauser, Leiter des Patentbüros bei der Polizei-Direktion Baselland.
Sind Sie für schärfere behördliche Kontrollen, damit Jugendliche unter 16 Jahren keinen Alkohol kaufen können? Antworten Sie auf www.ktipp.ch.