Klare Sicht bei Lesebrillen
Lesebrillen mit fertig korrigierten Gläsern sind vielerorts erhältlich und billig. Oft genügen sie völlig - auch wenn Optiker oder Augenarzt zur individuell angepassten Brille raten.
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K-Tipp 11/2005
01.06.2005
Pirmin Schilliger - redaktion@ktipp.ch
Wenn die Arme beim Zeitungslesen zu kurz werden und das Entziffern der Buchstaben zunehmend schwerer fällt, sind das klare Anzeichen für Alterssichtigkeit. Soll man jetzt zum Optiker rennen und eine individuell angepasste Lesebrille für mehrere hundert Franken kaufen? Oder einfach zu einer Fertiglesebrille greifen, wie sie etwa in Warenhäusern, an Kiosken und Tankstellen angeboten wird?
Viele Optiker und Augenärzte warnen vor den Fertiglesebrillen. «Ein Maximum an Komfort bi...
Wenn die Arme beim Zeitungslesen zu kurz werden und das Entziffern der Buchstaben zunehmend schwerer fällt, sind das klare Anzeichen für Alterssichtigkeit. Soll man jetzt zum Optiker rennen und eine individuell angepasste Lesebrille für mehrere hundert Franken kaufen? Oder einfach zu einer Fertiglesebrille greifen, wie sie etwa in Warenhäusern, an Kiosken und Tankstellen angeboten wird?
Viele Optiker und Augenärzte warnen vor den Fertiglesebrillen. «Ein Maximum an Komfort bietet nur eine individuell angepasste Brille», erklärt Thomas Pulver vom Schweizer Optikerverband (SOV).
Trotzdem wandern jährlich rund eine Million Fertiglesebrillen über die Ladentische. Ein Risiko? Zwar sind die Gläser der Standardprodukte häufig nicht einwandfrei zentriert, und die Genauigkeit lässt manchmal zu wünschen übrig. Das gesundheitliche Risiko sei aber, selbst mit schlechten Brillen, gering, sagt Isaak Schipper, Chefarzt der Augenklinik am Kantonsspital Luzern: «Es kann nichts Schädliches passieren.»
Falls die Fertiglesebrillen nicht stimmten, könne es zu Beschwerden wie schneller Ermüdung, Augenbrennen sowie Kopfschmerzen kommen, so Schnipper. Bei grösserem Leidensdruck würden die Patienten aber von selber zum Augenarzt gehen. Der kann dann immer noch andere Gläser verschreiben.
Die Optiker würden aus geschäftlichen Gründen am liebsten möglichst nur individuell angepasste Lesebrillen verkaufen. Trotzdem sagt SOV-Sprecher Dominic Ramspeck: «Oft spricht bei einer altersbedingten Sehschwäche nichts dagegen, dass man es zuerst einmal mit einer Fertiglesebrille versucht.»
Auf fachliche Beratung muss der Konsument beim Kauf im Warenhaus oder an der Tankstelle verzichten. Im Angebotsdschungel kann er sich auch kaum an bekannten Marken orientieren. Er findet - auch beim Optiker - fast ausschliesslich aus Fernost stammende No-Name-Produkte.
Die Preisunterschiede sind relativ gering. Abweichungen gibts deshalb eher aufgrund des verwendeten Materials und der Verarbeitung der Brillen. Wie ein Test der deutschen Stiftung Warentest ergeben hat, zeigen viele Fertiglesebrillen qualitative Schwächen. Die günstigsten Modelle (unter 10 Franken) haben meist Acrylgläser, die schnell verkratzt und weder entspiegelt noch an den Kanten abgeschliffen sind.
Brille online bestellen lohnt sich nicht
Schwachstellen sind häufig - auch bei den teureren Modellen aus strapazierfähigerem Kunststoff oder Metall - die Bügel. Diese lassen sich leicht verformen. Zudem gehen die Scharniere und Gelenke schnell kaputt. Gute Modelle sind verschraubt und haben Flexscharniere, die den Druck abfedern. Die Aufschrift CE signalisiert, dass das Produkt nach europäischen Normen hergestellt worden ist, was einen gewissen Mindeststandard garantiert.
Fertiglesebrillen werden auch im Internet angeboten. Ein Spezialist ist Baldinger Optik AG in Romanshorn TG (unter www.opticshop 24.com). Wer allerdings Vergünstigungen erwartet, wird enttäuscht, kostet doch allein das Porto Fr. 6.50.
Was ebenfalls gegen den Online-Kauf spricht: Selbst eine Fertiglesebrille sollte der Käufer kurz aufsetzen und prüfen, ob sie wirklich gut sitzt.
Für Menschen mit Hornhautverkrümmung nicht geeignet
- Fertiglesebrillen eignen sich für Personen, die bislang keine Brille fürs Sehen in die Ferne benötigt haben und jetzt altersbedingt nur im Nahbereich nicht mehr scharf sehen.
- Gibts Probleme mit der Fertiglesebrille, sollte man seine Augen prüfen lassen. Vielleicht empfiehlt es sich, zumindest eine Lesebrille individuell anzupassen und die Fertiglesebrille nur als Ersatz- oder Zweitbrille zu verwenden.
- Für Kurzsichtige, die ohnehin für das Sehen in die Ferne eine Brille benötigen, sind Fertiglesebrillen keine Lösung; auch nicht für Menschen mit Hornhautverkrümmung.
- Die Fertiglesebrillen sind nicht auf unterschiedliche Sehschärfen der Augen und auf den Pupillenabstand angepasst.
- Auch wenn man glaubt, mit Fertiglesebrillen die perfekte Lösung gefunden zu haben: Ab 40 Jahren sollten Sie regelmässig den Augeninnendruck messen lassen.