Kompass durch den Sprachschulen-Dschungel
Immer mehr junge Leute verbinden Vokabeln büffeln mit einem Aufenthalt im Sprachgebiet. Die geeignete Schule sucht man am besten über unabhängige Vermittlungsstellen.
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K-Tipp 8/2003
23.04.2003
Elias Kopf - redaktion@ktipp.ch
Aller Anfang ist schwer, besonders beim Sprachenlernen. Wer nach jahrelangem Schulbankdrücken noch immer keinen Small Talk zu Stande bringt, muss aber nicht verzweifeln. «Schon ein dreiwöchiger Sprachkurs im Ausland kann viel bewirken», ist Peter Graf von der Akademischen Berufsberatung Bern überzeugt.
Schlechte Noten hätten vor allem jene Schüler und Schülerinnen, die an Sprachen keinen Spass haben, so Graf. «Im Ausland merken die jungen Leute plötzlich, wie nützlich S...
Aller Anfang ist schwer, besonders beim Sprachenlernen. Wer nach jahrelangem Schulbankdrücken noch immer keinen Small Talk zu Stande bringt, muss aber nicht verzweifeln. «Schon ein dreiwöchiger Sprachkurs im Ausland kann viel bewirken», ist Peter Graf von der Akademischen Berufsberatung Bern überzeugt.
Schlechte Noten hätten vor allem jene Schüler und Schülerinnen, die an Sprachen keinen Spass haben, so Graf. «Im Ausland merken die jungen Leute plötzlich, wie nützlich Sprachen für die Verständigung sind und dass sie die Tür zu internationalen Bekanntschaften öffnen.» Die meisten Schüler kämen daher mit einer besseren Lernmotivation nach Hause, ergänzt Graf.
Doch nicht nur als Zwischenspurt für sprachmüde Mittelschüler, auch für die Karriere werden Sprachkurse im Ausland immer wichtiger: «Bei einer Bewerbung gewichten wir einen Sprachaufenthalt sehr stark», meint etwa Philippe Oertlé von Nestlé in Vevey. Sehr gute Kenntnisse - vor allem in Englisch und Französisch - würden für alle Stellenprofile gefordert. Und bei Novartis sind laut Sprecherin Nadine Schecker gute bis sehr gute Englischkenntnisse für Positionen ab dem mittleren Management «schlicht unabdingbar».
Kein Wunder also schiessen Sprachschulen, Colleges und interkulturelle Lernangebote wie Pilze aus dem Boden. Über 6500 Institute in 90 Ländern sind in der Sprachschuldatenbank unter www.language-learning. net verzeichnet. Die Qualität der Angebote detailliert nachzuprüfen, sei allerdings kaum möglich, meint Graf. Gerade bei privaten Schul- und Kursvermittlern sei Vorsicht angebracht, da mit Vorliebe Institute empfohlen würden, die hohe Vermittlungsprovisionen zahlten.
Gute Schulen durch neutrale Vermittler
Die Akademische Berufsberatung Bern schickt Interessenten deshalb zu neutralen Organisationen wie die Schweizerische Kaufmännische Stellenvermittlung. Diese biete - via Sprachreisezentrale SRZ in Zürich (www.srz.ch) - eine breite Palette von Auslandsprachkursen an. Für KV-Lehrlinge gibts sogar Preisermässigungen.
«Wir vermitteln in erster Linie Schulen mit QualitätsLabel», meint Susi Borsy von der SRZ-Geschäftsleitung. Dadurch sei punkto Lehrkräfte, Schulräumlichkeiten und Zusatzprogramme ein hohes Niveau garantiert. Speziell achtet die SRZ auf die Levels: «Eine Schule mit nur drei Unterrichtsstufen fällt bei uns durch. Sechs Sprach-Levels sind das Minimum», so Borsy. Nur so lasse sich sicherstellen, dass Schüler ein angemessenes Lernumfeld vorfinden.
Darüber hinaus werden alle Schulen periodisch von SRZ-Mitarbeitern inspiziert. Borsy: «Wir reisen bis nach Australien und Neuseeland, um uns ein klares Bild von den Colleges zu machen.»
Ebenfalls unabhängig ist der vom Bundesamt für Kultur finanziell unterstützte Schweizerische Dachverband der Jugendaustausch-organisationen Intermundo in Bern (www.intermundo.ch). Der nicht gewinnorientierte Verband hat sich als Anlaufstelle für Schüler, Eltern und Lehrer etabliert, welche Infos zu Sprachaufenthalten und Jugendaustauschprogrammen suchen.
Einen kostenlosen Auskunftsdienst bietet ferner der Informations- und Beratungsdienst Swissemigration des Bundesamts für Ausländerfragen (www. swissemigration.ch).
Immer öfter sind in Sprachschulen Aspekte der Gastkultur gezielt in den Auslandaufenthalt eingebettet. So gibt es mittlerweile Sprachreisen kombiniert mit Kochkursen, Zen-Programmen oder Tanzunterricht.
Bei diesen kombinierten Kultur- und Sprachpaketen ist es besonders schwierig, seriöse von unseriösen Angeboten zu unterscheiden. Gute Referenzen sind die Kultur- und Sportprogramme führender Universitäten. Oft können auch die Kulturattachés ausländischer Botschaften in der Schweiz weiterhelfen. Oder man erkundigt sich vorgängig bei der Schweizer Vertretung im anvisierten Gastland.
Bei Gastfamilien den Alltag kennen lernen
Über den eigenen kulturellen Gartenzaun hinausschauen funktioniert aber oft auch ohne solche Spezialprogramme: Denn wer sich in eine Gastfamilie einpasst - statt allein oder auf dem Campus zu wohnen -, lernt den Alltag nicht nur sprachlich auf eine andere Art zu meistern.
Dass man dabei auch Pech haben kann, zeigt das Beispiel von Yvonne Jud, die einen dreimonatigen Kurs im britischen Eastbourne absolvierte: «Meine Landlady hat drei Monate lang unsere Zimmer nicht geputzt. Dafür hatte sie meistens ein Whiskyglas in der Hand», berichtete Jud dem K-Tipp.
In solchen Fällen, rät Severine Jaussi von Intermundo, sollten Schüler auf ihr Recht pochen und sich von ihrer Austauschorganisation sofort eine andere Gastfamilie zuteilen lassen.
Vergleichen - und bis 40 Prozent sparen
Für viele junge Menschen scheitert der Traum vom Auslandaufenthalt am Geld. Preisvergleiche sind deshalb wichtig.
«Die Kosten für das identische Schulangebot differieren je nach Vermittlungsagentur um über 40 Prozent», erklärt Susi Borsy von der Sprachreisezentrale SRZ in Zürich.
Wer einen Sprachaufenthalt plant, sollte zudem seinen Arbeitgeber um Unterstützung angehen. Vielerorts würden Fortbildungsaktivitäten gern gesehen. «In einigen Firmen gibt es Sprachkurse sogar als Bonus - nicht nur für Kader», verrät Borsy. Auch auf dem Bau, in Sekretariaten, bei den SBB und anderswo gehören Sprachkenntnisse dazu: «Verkaufspersonal und Zugsbegleiter müssen fremdsprachige Kunden beraten können. Aus diesem Grund investieren wir jährlich mehrere 100 000 Franken in die sprachliche Weiterbildung unserer Mitarbeiter», bestätigt SBB-Sprecher Roland Binz.
Doch Vorsicht: Wer dem Chef etwa «Salsa-Sprachferien» schmackhaft machen will, wird kaum Erfolg haben: «Nur falls es der Job erfordert, übernehmen wir die Kosten für Sprachkurse», bestätigt etwa Philippe Oertlé von Nestlé und rät: «Man sollte möglichst mit einem Diplom nach Hause kommen.»
Persönliche Bedürfnisse abchecken
Fünf Fragen, über die man sich vor dem Buchen im Klaren sein sollte:
- Crash-Kurs oder Ferien: Wie viele Stunden am Tag will ich für Schule und Aufgaben einsetzen?
- Lernatmosphäre: Welche Schul- und Klassengrösse gefällt mir? Wie soll die Zusammensetzung bezüglich Alter und Internationalität sein?
- Trubel oder Besinnlichkeit: Fühle ich mich in einer Grossstadt, einer Kleinstadt oder auf dem Land am wohlsten?
- Individualismus oder Familienanschluss: Möchte ich allein wohnen oder via Gastfamilie ins lokale Leben eingebunden sein?
- Mainstream oder Extrawurst: Genügt mir neben dem Sprachunterricht ein allgemeines Ausflugs- und Unterhaltungsangebot oder brauche ich ein professionelles und auf mich zugeschnittenes Spezialprogramm?