Kunden «bewusst getäuscht»
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K-Tipp 19/2000
15.11.2000
Thurgauer Gericht wirft dem Garantie-Versand «krass treuwidriges» Verhalten vor
Gemäss Bezirksgericht Kreuzlingen muss der Garantie-Versand für ein Gewinnversprechen 50000 Franken zahlen. Hoffnungen sind aber verfrüht: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Ernst Meierhofer emeierhofer@k-tip.ch
Hansjakob Lehmann aus Flamatt FR ist einer, der sich nicht alles gefallen lässt: «Firmen, welche die Konsumenten an der Nase herumführen, nerven mic...
Thurgauer Gericht wirft dem Garantie-Versand «krass treuwidriges» Verhalten vor
Gemäss Bezirksgericht Kreuzlingen muss der Garantie-Versand für ein Gewinnversprechen 50000 Franken zahlen. Hoffnungen sind aber verfrüht: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Ernst Meierhofer emeierhofer@k-tip.ch
Hansjakob Lehmann aus Flamatt FR ist einer, der sich nicht alles gefallen lässt: «Firmen, welche die Konsumenten an der Nase herumführen, nerven mich gewaltig.»
Deshalb war ihm der Garantie-Versand schon lange ein Dorn im Auge. Zwei Tanten zeigten ihm immer wieder dessen Werbesendungen nach dem Motto «Sie haben gewonnen» - und er musste jedes Mal feststellen, dass das scheinbare Gewinnversprechen ein Schwindel war. Dies wurde ihm aber jeweils erst klar, als er das klein Gedruckte sehr genau gelesen hatte.
Im September 1998 erhielt Lehmann aber eine Gewinnzusage vom Garantie-Versand, in welcher er keinerlei Tricks entdecken konnte. «Jetzt kann ich sie packen», dachte er.
Das ist vorerst gelungen. Mit Urteil vom 23. Oktober schreibt das Bezirksgericht Kreuzlingen TG: «Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das dem Kläger zugestellte Werbe-Mailing dem Kläger nach Treu und Glauben einen Anspruch auf Zahlung von 50000 Franken einräumt.» Das Gericht urteilte deshalb, der Garantie-Versand müsse Lehmann 50000 Franken zahlen plus 5 Prozent Verzugszins seit November 1998.
Zum Glück geht es Lehmann ums Prinzip und nicht ums Geld - denn das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Anwalt des Garantie-Versandes hat dem K-Tip bestätigt, dass er den Richterspruch an die nächste Instanz weiterzieht. Dort ist der Ausgang völlig offen; zum Frohlocken ist also noch kein Anlass.
Gewinn einklagen: Eine mühsame und teure Sache
Das Urteil dieser ersten Instanz darf deshalb auch niemanden ermutigen, jetzt ebenfalls einen vermeintlichen Gewinn vor Gericht einzuklagen - ganz abgesehen davon, dass das ein mühsames und auch kostspieliges Vorgehen ist:
- Zuerst musste Lehmann den Garantie-Versand betreiben; das kostete 175 Franken.
- Als der Garantie-Versand Rechtsvorschlag erhob, ging der Kläger nach Kreuzlingen zum Friedensrichter und musste dort 300 Franken Kostenvorschuss zahlen.
- Als der Garantie-Versand auch vor dem Friedensrichter nicht mit sich reden liess, musste Lehmann die Klage ans Gericht formulieren und nochmals einen Kostenvorschuss von 1800 Franken überweisen.
In einem Punkt hat sich das Verfahren aber schon gelohnt: Die Klage hat dem Gericht die Möglichkeit gegeben, sich kritisch über das Verhalten des Garantie-Versandes zu äussern. Was im Urteil steht, lässt Lehmanns Herz höher schlagen.
Zum Beispiel: Die Firma Garantie-Versand habe «bewusst und offenkundig mit systematisch ausgeklügeltem System zwecks Kundenfang einen Irrtum über ihre Leistungsbereitschaft bewirkt und damit die Kunden getäuscht». Ihr Verhalten sei «krass treuwidrig».
So rüffelte das Gericht den Garantie-Versand
Weiter wirft das Gericht dem Garantie-Versand vor, er habe «durch die Fülle von Mailing-Material mit verschiedenen Teilnahmevoraussetzungen und Gewinnmöglichkeiten bezüglich der Form eine arglistige Täuschung» begangen, was ein «Anwendungsfall rechtsmissbräuchlichen Handelns» sei. Zudem rüffelt das Gericht die Firma, sie habe vor Gericht «spitzfindig» und «krass rechtsmissbräuchlich» argumentiert.
Und es verweist auf ein anderes Urteil in der gleichen Sache, in dem steht, der Garantie-Versand habe die «Adressaten durch Gewinnaussichten geblendet und dazu verleitet, eine Bestellung loszuschicken».
In diesem anderen Urteil wurde der Geschäftsführer des Garantie-Versandes wegen unlauteren Wettbewerbs und Verstosses gegen das Lotteriegesetz verurteilt (siehe K-Tip 2/00 und 7/00). Auch dieses Strafurteil ist noch nicht rechtskräftig.
Fazit für Empfänger von Post mit angeblich sicheren Gewinnen:
- Die Gewinnchancen werden durch eine Warenbestellung kaum grösser. Es ist also wenig sinnvoll, sich von einem angeblichen Gewinn zum Bestellen verleiten zu lassen.
- Anstatt sich zu ärgern sollten Sie die unerwünschte Post ungeöffnet und unfrankiert mit dem Vermerk «Refusé» zurückschicken. Schreiben Sie auf das Couvert: «Bitte streichen Sie meine Adresse aus Ihrer Kartei.»