Leasingfirma im Fahrverbot
Die Leasingfirma von Renault wirft einer Exkundin vor, bei der Rückgabe des Autos kein Schadenprotokoll verlangt zu haben. Nun soll sie 3400 Franken zahlen. Zu Unrecht.
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K-Tipp 10/2004
19.05.2004
Thomas Müller - tmueller@ktipp.ch
Nur vier Monate lang fuhr Angelika Achermann den geleasten Renault Twingo. Dann kündigte sie den Vertrag und gab den Wagen zurück.
Kurz darauf die böse Überraschung: Die Leasingfirma Renault Crédit forderte mit der Schlussabrechnung 6000 Franken, 3400 davon für Schäden am Fahrzeug, die Achermann verursacht haben soll.
Die Frau aus Fehraltorf ZH kann das nicht verstehen: «Der Twingo war bei der Rückgabe in einwandfreiem Zustand. Die Leasinggesellschaft will ...
Nur vier Monate lang fuhr Angelika Achermann den geleasten Renault Twingo. Dann kündigte sie den Vertrag und gab den Wagen zurück.
Kurz darauf die böse Überraschung: Die Leasingfirma Renault Crédit forderte mit der Schlussabrechnung 6000 Franken, 3400 davon für Schäden am Fahrzeug, die Achermann verursacht haben soll.
Die Frau aus Fehraltorf ZH kann das nicht verstehen: «Der Twingo war bei der Rückgabe in einwandfreiem Zustand. Die Leasinggesellschaft will ihn wohl auf meine Kosten vergolden.»
Um solche Streitigkeiten zu vermeiden, wird bei der Wagenrückgabe in der zuständigen Garage normalerweise ein Schadenprotokoll erstellt, das beide Parteien unterschreiben. Doch im Fall Achermann geschah dies nicht.
Dafür soll die junge Frau nun die Zeche zahlen. Antonio Nasello, Kundendienst-Leiter von Renault Crédit, beruft sich auf eine Vertragsklausel mit Seltenheitswert. Sie lautet: «Unterlässt es der Leasingnehmer, ein Rücknahmeprotokoll erstellen zu lassen, so anerkennt er die vom Garagisten errechneten Kosten vollumfänglich.»
Vermieter muss Auto bei Rückgabe prüfen
Kann eine Leasingfirma die Verantwortung für das Erstellen des Protokolls im Kleingedruckten einfach abschieben und der Kundin ohne Schadenbeweis mehrere tausend Franken verrechnen? «Nein», sagen übereinstimmend der Berner Rechtsprofessor Thomas Koller und der Jurist Felix Schöbi vom Bundesamt für Justiz.
Gemäss einer unabänderlichen Vorschrift im Mietrecht sei es Sache des Vermieters - also der Leasingfirma -, das Auto bei der Rückgabe zu prüfen und allfällige Mängel sofort zu beanstanden. Sollte das Mietrecht nicht anwendbar sein, so die Fachleute, sei die Klausel auf jeden Fall ungewöhnlich und damit ungültig. Die Folge: Achermann muss die 3400 Franken nicht zahlen. Weniger gut sieht es im Hinblick auf die weiteren 2600 Franken aus, die Renault Crédit wegen der Kündigung von ihr verlangt. Denn Leasingfirmen dürfen die Raten rückwirkend erhöhen, falls der Kunde vorzeitig aussteigt. Allerdings nur dann, wenn der Vertrag - wie jener von Angelika Achermann - nach dem 1. Januar 2003 abgeschlossen wurde.
Dass nach Meinung namhafter Experten nur ein Teil der Forderung berechtigt ist, scheint Renault Crédit indessen nicht zu kümmern. Sie hat ihre ehemalige Kundin Anfang Mai für die ganzen 6000 Franken betrieben. Achermann hat für den Reparaturkostenanteil Rechtsvorschlag erhoben. Jetzt muss der Richter entscheiden.
Firmen müssen erst abklären, ob Kunden die Raten zahlen können
Wer nach dem 1. Januar 2003 ein Auto geleast hat, muss eine vorzeitige Kündigung teuer bezahlen. Mit einer Ausnahme.
«Wie viel verdienen Sie?» «Wie hoch ist Ihr Mietzins?» «Zahlen Sie Unterhaltsbeiträge oder Alimente?» Mit solchen indiskreten Fragen muss rechnen, wer ein Auto leasen will. Der Hintergrund: Das Konsumkreditgesetz verlangt seit Anfang 2003, dass Leasinggesellschaften abklären, ob ein potenzieller Kunde die Leasingraten finanziell verkraften kann. Wenn nicht, müssen sie ihn abweisen.
Führt eine Leasinggesellschaft diese so genannte «Kreditfähigkeitsprüfung» nicht oder mangelhaft durch, ist der Vertrag ungültig. Der Kunde kann dann jederzeit kostenlos aus dem Vertrag aussteigen und sogar noch seine bezahlten Raten zurückfordern.
Hat die Leasingfirma die Prüfung hingegen korrekt gemacht, ist eine Kündigung für den Autofahrer mit hohen Kosten verbunden: Die Firma darf die Raten gemäss Tabelle im Vertrag rückwirkend erhöhen.
Besser fährt, wer vor 2003 ein Auto geleast hat. Er kann seinen Vertrag vor Ablauf kündigen, ohne etwas nachzahlen zu müssen (K-Tipp 15/02). Denn für solche Fälle gilt nicht das Konsumkreditgesetz, sondern das Mietrecht.