Mein Lieblingspfarrer ist Don Camillo (gespielt von Fernandel), der sich immer wieder mit dem Bürgermeister Peppone anlegt. Don Camillo hat das Herz auf dem rechten Fleck. Er ist schlagfertig, krempelt die Ärmel hoch und packt mit an. Der Pfarrer weiss, was den Leuten unter den Nägeln brennt. Viele im Dorf finden keine Arbeit. Don Camillo hilft. Er liest den Grossgrundbesitzern die Leviten, weil sie ihre Arbeiter schlecht behandeln. Im Dorf fehlt ein Kindergarten, der Pfarrer kümmert sich darum. Wenn Menschen Rat suchen, kommen sie zu ihm.

Ganz anders in der Schweiz. Den beiden Landeskirchen laufen die Mitglieder davon. Innert zehn Jahren verlor die reformierte Kirche über neun Prozent ihrer Steuerzahler. Auch aus der katholischen Kirche treten viele aus. Trotzdem werden die Ausgaben nicht kleiner. Fast 1,5 Milliarden Franken Steuergelder geben die Landeskirchen jedes Jahr aus. Hauptsächlich für traditionelle Angebote wie Gottesdienste und Trauungen. Aber das interessiert die Menschen immer weniger.

Die reformierte Kirche Burgdorf zählt 7800 Mitglieder. Davon gehen gerade mal 100 sonntags in die Kirche. Fünf Pfarrer kümmern sich um sie. Die Kirchenmusik kostet 135 000 Franken pro Jahr. Für jeden, der den Gottesdienst besucht, gibt die Kirche demnach 26 Franken aus. Allein für das Orgelspiel. Sonntag für Sonntag.

Die Kirchenbänke sind leer. In zahlreichen Dörfern finden Gottesdienste mit weniger als zehn Personen statt, Organist und Sigrist inbegriffen. Viele Pfarrer predigen in einer Sprache, die kaum jemand versteht. Sie geben Antworten auf Fragen, die niemand stellt. Sie sehen nicht, was die Menschen wirklich beschäftigt.

Vielleicht sollten die Pfarrer von Don Camillo lernen: Er geht hin zu den Leuten, spricht ihre Sprache und hilft ihnen bei alltäglichen Problemen.

Übrigens: 15 von 21 Kassensturz-Mitarbeitern zahlen Kirchensteuern. Ich auch.