Lust am Flicken haben nur Idealisten
Inhalt
K-Tipp 4/2000
23.02.2000
Reparaturdienste Kleine Werkstätten bringen mit einfachen Tricks kaputte Geräte wieder zum Laufen.
Reparaturen für günstige Haushalt- und Elektronikapparate sind im Fachgeschäft zu teuer. Doch kleine Werkstätten flicken kaputte Alltagsgegenstände günstig und umweltschonend.
Wenn Peter Rusch von einem kaputten uralt-Spulentonband zu schwärmen beginnt, schleicht sich Erregung in seine Stimme. Wenn er erzählt, wie er das Gerät zuerst ausgiebig betrachtet, b...
Reparaturdienste Kleine Werkstätten bringen mit einfachen Tricks kaputte Geräte wieder zum Laufen.
Reparaturen für günstige Haushalt- und Elektronikapparate sind im Fachgeschäft zu teuer. Doch kleine Werkstätten flicken kaputte Alltagsgegenstände günstig und umweltschonend.
Wenn Peter Rusch von einem kaputten uralt-Spulentonband zu schwärmen beginnt, schleicht sich Erregung in seine Stimme. Wenn er erzählt, wie er das Gerät zuerst ausgiebig betrachtet, bevor er das Gehäuse sorgfältig öffnet; wenn er erklärt, wie er mit Augen, Fingern und manchmal auch mit der Nase die Innereien des Geräts auf der Suche nach dem Fehler durchstöbert; wenn er seine Freude beschreibt, sobald er ihn findet; und wenn er schliesslich zum Höhepunkt kommt und schildert, wie er den Defekt mittels einer simplen Schraube behebt - dann klingt das bei ihm irgendwie erotisch.
Kaputte Haushaltgeräte sind seine Leidenschaft
Peter Rusch aus Schlieren ZH ist Tüftler. Einer der vielen, die selbständig oder für den Panda-Reparaturdienst des WWF eine Werkstatt betreiben und flicken, worum Kunden bitten: Tonbandgeräte eben, Toaster, Staubsauger, Kaffee- und Nähmaschinen, Föhne, Handmixer - egal was. Kaputte Haushaltgeräte sind Ruschs Leidenschaft.
Seine Bude floriert, denn Fachgeschäfte lassen von solchen Sachen lieber die Finger. Der Grund: Sie verrechnen Stundenansätze von bis zu 150 Franken. Da kostet die Reparatur bald einmal mehr, als das Kleingerät je wert war.
Kein Wunder also, bekommen Kunden, die ihren kaputten Toaster oder den billigen CD-Player geflickt haben möchten, vom Verkaufspersonal nur ein mitleidiges Lächeln geschenkt.
Das zeigte auch eine Stichprobe des K-Tip in den Fachabteilungen von Geschäften wie Coop, Migros, Eschenmoser, Rediffusion, Fust oder Interdiscount in Zürich. "Kaufen Sie sich ein neues, das kommt Sie billiger", so der Grundtenor.
Aber: "Kleingeräte wegwerfen statt flicken, ist der reinste Blödsinn", wettert Daniel Spreng, Professor an der ETH Zürich. "Das Material und die Energie, die ihre Herstellung gekostet haben, sind damit unwiderbringlich verloren."
Das oft gehörte Argument, neue Geräte würden die Umwelt dank geringerem Stromverbrauch weniger belasten, stimme gerade bei billigen Haushalt- und Elektronikgeräten nicht. "Das", so der Energiefachmann, "trifft nur bei modernen Grossgeräten wie Kühlschränken, Wasch- oder Abwaschmaschinen zu."
Das weiss auch Rudolf Bolliger vom Fachverband Elektroapparate für Haushalt und Gewerbe (Fea). Doch für ihn ist das Ganze in erster Linie eine "Frage des Wettbewerbs" und moderner Herstellungsmethoden. Reparaturen sind dabei im Interesse des Konkurrenzkampfes, der Wirtschaftlichkeit und tiefer Verkaufspreise gar nicht mehr vorgesehen.
Eine Reparatur kostet imDurchschnitt 60 Franken
Zum Glück rechnen Enthu-si-asten wie Peter Rusch ganz anders. Entsprechend sehen auch ihre Preise aus. Im Durchschnitt kosten Reparaturen in solchen Werkstätten um die 60 Franken, wie der WWF und das Öko-Zentrum in Bern bestätigen. Da lohnt es sich allemal, den alten Toaster oder den asthmatischen Staubsauger vorbeizubringen.
Idealisten, Tüftler und Einzelkämpfer
Der Grund für die sehr günstigen Reparaturkosten: Tüftler wie Rusch sind meist Einzelkämpfer und müssen weder einen grossen Büroapparat noch eine teure Werbeabteilung mit ihrer Arbeit finanzieren.
Und: "Wer sich mit alten Geräten beschäftigt, kennt bald einmal tausend Tricks, um sie mit einfachen Mitteln wieder zum Laufen zu bringen", so Rusch. "Vorausgesetzt, man hat seinen Job gern."
Kasten: Flicken statt Wegwerfen und neu kaufen - oft preiswerter und erst noch umweltfreundlich
Nützliche Adressen: Hier werden kaputte Geräte wieder flott gemacht
Wegwerfen ist nicht jedermanns Sache. Viele kaputte Haushalt- und Elektrogeräte werden von Fachgeschäften nicht mehr geflickt. "Unrentabel", heisst die Begründung. Es gibt jedoch viele kleine Werkstätten, die solche Geräte fachgerecht reparieren. Der K-Tip hat eine Auswahl von nützlichen Adressen zusammengestellt, weitere Adressen finden