«Man hat uns reingelegt»
Die Firma Euronetcity verärgert ihre Kunden. Viele sagen, ihre Unterschrift unter den Vertrag sei unter seltsamen Umständen zu Stande gekommen.
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K-Tipp 20/2002
27.11.2002
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Er sammle Unterschriften für eine Umweltschutzsache, sagte der Mann, der an der Türe von Monika Hodler in Schüpfen BE geklingelt hatte. «Gutgläubig unterschrieb ich auf einem A4-Blatt», erinnert sie sich. «Ich bin sicher, dass es kein Insertionsauftrag für unsere Bodenlegerfirma war.»
Auch Doris Beyeler aus Seftigen BE denkt ungern an jenen Tag zurück, als sich ein Mann bei ihr meldete mit der Behauptung, der Besuch sei mit ihrem Mann abgesprochen. Er brauche nur noch ei...
Er sammle Unterschriften für eine Umweltschutzsache, sagte der Mann, der an der Türe von Monika Hodler in Schüpfen BE geklingelt hatte. «Gutgläubig unterschrieb ich auf einem A4-Blatt», erinnert sie sich. «Ich bin sicher, dass es kein Insertionsauftrag für unsere Bodenlegerfirma war.»
Auch Doris Beyeler aus Seftigen BE denkt ungern an jenen Tag zurück, als sich ein Mann bei ihr meldete mit der Behauptung, der Besuch sei mit ihrem Mann abgesprochen. Er brauche nur noch eine Unterschrift, das Inserat für ihren Schreinereibetrieb sei bereits bezahlt.
«Ich glaubte ihm und unterschrieb», sagt sie. «Später stellte sich heraus, dass ich einen Inserateauftrag unterschrieben hatte. Eine Absprache zwischen meinem Mann und dem Vertreter hat nie stattgefunden.»
Seltsam auch, was eines Tages in der Molkerei Hans Künzi in Seftigen passierte. «Eine Verkäuferin erinnert sich, dass jemand vor einiger Zeit an der Tür die Öffnungszeiten abgeschrieben hat», sagt Hans Künzi.
Zudem sei das Inserat, für das er jetzt zahlen soll, «eigenartig gestaltet. Wir gehen davon aus, dass es mit dem Logo von unserem Käsepapier zusammengebastelt wurde.» Ein Vertrag liegt allerdings vor. Er trägt die Unterschrift einer Verkäuferin.
Ebenso unklar ist, wie es zum Vertrag mit der Transportfirma Siegenthaler in Gurzelen BE kam. Der Stempel lautet auf Fritz Siegenthaler, unterschrieben hat sein Sohn Martin. Der Vater ist in der Zwischenzeit gestorben. Die Erben sagen, Martin sei damals noch gar nicht unterschriftsberechtigt gewesen.
Das Gemeinsame an den vier Fällen: Die Opfer sind immer Gewerbetreibende. Und die unter zweifelhaften Umständen unterschriebenen Verträge kosten die Betroffenen viel Geld.
Es handelt sich nämlich um Aufträge für Inserate in Werbebroschüren. Die Verträge laufen fest für zwei Jahre und erneuern sich anschliessend automatisch, falls sie nicht vorher gekündigt werden. Pro Jahr kostet das die Gewerbler meist rund 3000 Franken.
Ob damit auch eine Werbewirkung für das Geschäft zu erzielen ist, bleibt offen. «Diese Werbung nützt mir überhaupt nichts», sagt beispielsweise Doris Beyeler.
Alle vier Betroffenen weigern sich nun, die Rechnungen von Euronetcity zu zahlen. «Man hat uns reingelegt», heisst es unisono.
Die Firma Euronetcity hingegen beharrt auf Erfüllung der Verträge - und auf dem Geld. Den Vorwurf, Unterschriften gefälscht zu haben, weist sie zurück.
Gewerbler sollten immer Bedenkzeit verlangen
Das sind die wichtigsten Tipps für Gewerbetreibende im Umgang mit Insertionsverträgen:
- Der Vertrag ist nur gültig, falls er von einer unterschriftsberechtigten Person unterschrieben oder genehmigt ist. In der Regel geht aus dem Handelsregister hervor, wer unterschriftsberechtigt ist und wer nicht.
- Verlangen Sie immer Bedenkzeit, unterschreiben Sie nie sofort - denn unter Gewerbetreibenden gibt es kein siebentägiges Rücktrittsrecht, wie das Konsumenten bei Haustürgeschäften haben. Verträge sind grundsätzlich einzuhalten.
- Sie können sich zwar im Nachhinein trotzdem vom Vertrag zurückziehen; das kostet Sie aber viel Geld, weil die Inseratefirma den ganzen ursprünglich vereinbarten Preis inklusive Gewinn verlangen kann (abzüglich Arbeiten, die sie wegen der vorzeitigen Kündigung nicht erledigen muss).
- Ohne finanzielle Folgen können Sie den Vertrag nur anfechten (innert einem Jahr), falls der Verkäufer Sie absichtlich irregeführt hat. Kommt es dann aber zum Prozess, müssen Sie vor Gericht beweisen können, dass man Ihnen beim Vertragsabschluss etwas vorgetäuscht hat.