Meersalz ist nicht gesünder
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K-Tipp 4/2002
20.02.2002
Fachleute bestätigen, dass nur die Preise gesalzen sind
Kochsalz ist billig, exklusives Meersalz kostet bis zu 33-mal mehr. Doch ist es auch so viel besser und gesünder? Für Ernährungsspezialisten steht fest: Den grossen Unterschied macht nur der Preis.
Markus Kellenberger mkellenberger@ktipp.ch
Ganz persönlich findet Nik Gygax: «Fleur de Sel, das handgeschöpfte und grobkörnige Meersalz, brennt auf der Zunge ein bisschen weniger als normales K...
Fachleute bestätigen, dass nur die Preise gesalzen sind
Kochsalz ist billig, exklusives Meersalz kostet bis zu 33-mal mehr. Doch ist es auch so viel besser und gesünder? Für Ernährungsspezialisten steht fest: Den grossen Unterschied macht nur der Preis.
Markus Kellenberger mkellenberger@ktipp.ch
Ganz persönlich findet Nik Gygax: «Fleur de Sel, das handgeschöpfte und grobkörnige Meersalz, brennt auf der Zunge ein bisschen weniger als normales Kochsalz.» Gezielt eingesetzt, mache das bei einzelnen Speisen einen feinen, aber raffinierten Unterschied - und gesünder sei es auch.
Nun, die handgeschöpfte Prise Raffinesse mag dazu beitragen, dass Gygax' Restaurant, der Löwen in Thörigen BE, als Gourmet-Tempel gilt und dem Gault-Millau18 Punkte wert ist. Aber gesünder als anderswo wird bei ihm deswegen nicht gegessen. Denn «Salz ist Salz», sagt Ernährungsspezialist Renato Amadò von der ETH Zürich.
Egal, woher es stammt: Zu viel davon treibt den Blutdruck in die Höhe und begünstigt das Entstehen von Osteoporose und Magengeschwüren - zu wenig führt zu einer Überwässerung des Körpers, zu Müdigkeit und Muskelkrämpfen.
Kaum Unterschiede beim Mineraliengehalt
Trotzdem erfreuen sich Fleur de Sel, gewöhnliches Meersalz und solches, das mit Salzen aus heissen isländischen Quellen kombiniert ist, wachsender Beliebtheit. Zwar wird in 85 Prozent aller Fälle noch immer zu Kochsalz gegriffen, doch in den Regalen von Grossverteilern und Gourmet-Läden stehen immer öfter Packungen mit Meersalz.
Dies nicht zuletzt deshalb, weil die mittels Wasserverdunstung gewonnenen Produkte gern mit dem Hinweis «reich an Mineralien» angepriesen werden. Das erweckt den Eindruck, als wären sie gesünder als aus unterirdischen Minen gewonnenes Salz.
«Das stimmt nicht», wehrt sich Stefan Trachsel, Laborleiter der Basler Rheinsalinen. Seine Begründung: Schweizer Salz und Meersalz würden sich kaum voneinander unterscheiden, das lasse schon die Lebensmittelverordnung nicht zu.
Auch für Ernährungsfachmann Renato Amadò ist die Bezeichnung «reich an Mineralien» nichts anderes als das geschickte Ausschlachten von vernachlässigbar kleinen Unterschieden in der chemischen Zusammensetzung. «Denn auf das Wohlbefinden des Menschen haben sie keinen relevanten Einfluss», sagt er. Und ob sich deswegen zwischen den verschiedenen Salzprodukten ein geschmacklicher Unterschied feststellen lasse, darüber könne man streiten.
Den einzigen wirklich grossen Unterschied spürt der Konsument im Portemonnaie. Und das deutlich: Kochsalz aus heimischen Salinen kostet pro Kilo rund Fr. 1.20 - Meersalz, das laut Amadò durchaus als «Lifestyle-Produkt» bezeichnet werden kann, schnell einmal gut das 30fache davon.
Angesichts dieser stolzen Preise wird schnell klar, warum Nik Gygax das exklusive und teure Fleur de Sel nur gezielt und in kleiner Dosierung einsetzt. Denn wenn es darum geht, Kochwasser für Kartoffeln, Teigwaren und Gemüse zu würzen, greift auch er zum gewöhnlichen und günstigen Kochsalz. Der Starkoch gibt zu: «Niemand merkt da einen Unterschied.»
Salzgehalt in Lebensmitteln - 6 Gramm Salz pro Tag sind genug
Schweizerinnen und Schweizer essen zu viel Salz. Der durchschnittliche Konsum liegt bei täglich 12 Gramm, die Hälfte davon würde völlig genügen.
Beim grosszügigen Griff ins Salztöpfchen geht vergessen, dass 75 Prozent des Tagesbedarfs bereits durch die in Nahrungsmitteln enthaltenen «versteckten» Salze gedeckt wird. Unten stehende Tabelle zeigt, wie viel Salz sich in einzelnen Speisen und Speisezusätzen versteckt:
Nahrungsmittel
Grüne Erbsen, frisch - 0,003 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Grüne Erbsen, Konserve - 0,7 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Kartoffelchips - 1,0 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Butterbisquits - 1,0 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Beutelsuppe - 1,1 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Gemüsebouillon - 1,25 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Weissbrot - 1,35 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Eierravioli, Konserve - 1,6 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Bratensauce - 1,6 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Pizza - 1,7 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Corn-Flakes - 2,0 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Schinken, gekocht - 2,0 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Gruyère-Käse - 2,1 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Ketchup - 2,5 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Bündner Trockenfleisch - 6,0 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)
Oliven - 8,3 (Gramm Salz pro 100 g oder 1 dl)