Die Öffentlichkeit wäre gewarnt gewesen. Im Oktober 2003 berichtete das Konsumentenmagazin «Saldo» über T.G. aus Rothrist AG. Er sei Geschäftsführer der Firma Invest Finanz-Verwaltung in Baar ZG. Und er verkaufe Geldanlagen zu «haarsträubenden» Konditionen. Carmelo Pepi hat den Artikel leider nicht gelesen. Deshalb vertraute er G. im Jahr 2007 rund 190 000 Franken an. Dieses Geld ist komplett verloren.
Die Familie R. aus Reiden LU investierte auf Anraten G. im Jahr 2004 ihr ganzes Vermögen bei ihm – rund 300 000 Franken. Sie muss die ganze Summe abschreiben. «Jetzt haben wir 100 000 Franken Schulden, weil uns G. geraten hat, ein Darlehen aufzunehmen und zu investieren.»
Einer heute 80-jährigen Rentnerin aus dem Raum Biel fehlen 340 000 Franken. Sie glaubte den Versprechungen G., alles werde gut und es könne nichts passieren.
Eine alleinerziehende Mutter aus dem Thurgau übergab 2004 G. Firma ihr ganzes Erspartes – rund 200 000 Franken. Davon ist ebenfalls nichts mehr übrig. «G. hat meine Existenz zerstört», sagt die Frau.
Die Invest Finanz-Verwaltung ist inzwischen aufgelöst. Und die Staatsanwaltschaft Zug ermittelt gegen die Verantwortlichen der Firma wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung. Es geht um 18 Millionen Franken. Die anderen Beschuldigten neben T.G. sind Peter Grob, Marcel Reber und Markus Gahlinger.
«Leider ist kein Geld mehr lokalisierbar»
Die Staatsanwaltschaft Zug schrieb den Geschädigten im Mai 2011, sie habe bei den bisherigen Untersuchungen «leider kein Geld mehr lokalisieren können». Und sie riet ihnen, bei der Steuererklärung für die Geldanlage Fr. 0.00 einzusetzen – mit der Bemerkung, sie seien mutmasslich Opfer eines Delikts geworden.
Für alle vier Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung. Sie haben die Fragen des K-Tipp nach dem Verbleib des Geldes nicht beantwortet. Wahrscheinlich ist, dass die Anleger mit gefälschten Unterlagen beliefert wurden. Einem Geschädigten schrieb die zuständige Staatsanwältin, es sehe aus, als ob «sämtliche Kontoauszüge seit ca. 2005 gefälscht waren bzw. nicht der Wahrheit entsprachen».
Noch im August 2010 schrieb die Invest Finanz-Verwaltung einigen Kunden, ihre Gelder seien nun bei einem deutschen Unternehmen namens Planquadrat investiert. Planquadrat selber sagt, bei ihr sei nie Geld angekommen.
Der K-Tipp hat mit vielen Opfern gesprochen. Dabei zeigte sich: Der Geldverlust wäre zu verhindern gewesen, wenn sie folgende Tipps beachtet hätten:
Skepsis statt Vertrauen
Viele Opfer kannten die Beschuldigten seit Jahren und vertrauten ihnen fast blind. Erst im Nachhinein sahen sie ein, dass sie naiv und gutgläubig gewesen waren. Doch bei Geldanlagen sind Skepsis und hartnäckiges Fragenstellen oberstes Gebot.
Besonders fies: Einige der Beschuldigten waren gleichzeitig auch für Versicherungen tätig. Sie wussten also, wer aus einer Lebensversicherung wann wie viel Geld erhalten würde. Und sie sind die Empfänger gezielt angegangen, um ihnen das Geld abzuluchsen.
Oft haben die Verkäufer auch geraten, bestehende Policen oder andere Anlagen mit einer festen Laufzeit frühzeitig aufzulösen, um an Geld zu kommen. Das ist immer ein Fehler.
Schriftliche Unterlagen verlangen
Oft überwiesen die Opfer Geld an die Firma, obwohl sie keine Unterlagen darüber hatten, was mit dem Geld geschehen würde. Viele merkten viel zu spät, dass die Invest Finanz- Verwaltung ihr Geld teils in hochriskante Devisengeschäfte verschob.
In solchen Fällen ist es wichtig, schriftliche Dokumente über das Investment zu verlangen. Zeigt man diese Unterlagen unabhängigen Fachleuten und verlangt man eine Zweitmeinung, wird jeweils schnell klar, ob die Sache zum Himmel stinkt oder einigermassen seriös ist.
Viele Opfer hatten zu Hause nicht einmal Kopien der Verträge, die sie unterzeichnet hatten. G. habe ihnen jeweils gesagt, das sei nicht nötig, er habe alles bei sich. Die Anleger wussten dann im Nachhinein nicht mehr, was sie alles unterschrieben hatten.
Anlage verstehen
Im Grundsatz sollten Kleinanleger nur Geldgeschäfte tätigen, deren Mechanismus sie verstehen. Das war hier nur selten der Fall. Einige Opfer haben sogar Bankpapiere unterzeichnet, die nur in englischer Sprache vorlagen. Die meisten Opfer sagen übereinstimmend, sie seien nicht über die Risiken aufgeklärt worden. Sie glaubten den Beteuerungen, das Geld sei sicher angelegt und die Rendite sei besser als bei der Bank.
Diversifizieren
Die meisten Opfer haben sämtliches Geld, das sie
zur Verfügung hatten, der Invest Finanz-Verwaltung anvertraut. Ein solches Vorgehen ist immer falsch. Vielmehr gilt es, das Risiko zu streuen, indem man das Geld auf verschiedene Banken und Investments verteilt.
Kosten beachten
Auf dem «Verwaltungsauftrag», den die Kunden unterzeichnet haben, ist vermerkt, dass 5 Prozent der Anlagesumme gleich zu Beginn als Entschädigung an die Invest Finanz-Verwaltung gingen. In der Regel deutet eine so hohe Eröffnungsgebühr auf eine unseriöse Anlage hin.
Auf Rückzahlung bestehen
Etliche Opfer hatten nach einer gewissen Zeit ein schlechtes Gefühl und verlangten von den Verantwortlichen die Rückzahlung der gesamten Anlage. Das wurde ihnen jeweils mit einer Flut von Argumenten ausgeredet. Dieses Vorgehen ist typisch für unseriöse Finanzverwalter.
Keine Darlehen aufnehmen
Unseriöse Verkäufer empfehlen ihren Kunden oft, zusätzlich ein Darlehen aufzunehmen, um dieses Geld ebenfalls zu investieren. Für Laien ist das nie empfehlenswert.
Zeitdruck vermeiden
Lassen Sie sich bei Geldanlagen und anderen wichtigen Geschäften nicht unter Zeitdruck setzen. Verlangen Sie immer Bedenkzeit, wenn man Ihnen Unterlagen zum Unterschreiben gibt.