Migros' Milch-Tourismus macht Molkerei sauer
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K-Tipp 7/2001
11.04.2001
Die Migros Basel lässt Regio-Milch bei Emmi in Luzern abfüllen
Seit Herbst verkauft die Migros Basel Milch «aus der Region». Doch bevor die Milch in den Regalen steht, fährt sie in Lastwagen 200 Kilometer durch die Schweiz. Die Konkurrenz spricht von Täuschung.
Marco Diener mdiener@ktipp.ch
Aus der Region, für die Region.» Mit diesem Slogan wirbt die Migros Basel seit einem halben Jahr für ihre Regio-Milch. Doch Konsumenten, welche die Etiket...
Die Migros Basel lässt Regio-Milch bei Emmi in Luzern abfüllen
Seit Herbst verkauft die Migros Basel Milch «aus der Region». Doch bevor die Milch in den Regalen steht, fährt sie in Lastwagen 200 Kilometer durch die Schweiz. Die Konkurrenz spricht von Täuschung.
Marco Diener mdiener@ktipp.ch
Aus der Region, für die Region.» Mit diesem Slogan wirbt die Migros Basel seit einem halben Jahr für ihre Regio-Milch. Doch Konsumenten, welche die Etikette von der Plastikflasche abgelöst hatten, schöpften Verdacht. Denn unter der Etikette kam die Prägung «Emmi» zum Vorschein. Und die Regio-Molkerei Liestal BL sprach schliesslich in einem Zeitungsinserat Klartext: «Die so genannte Regio-Milch von der Migros wird zum Abfüllen in die Innerschweiz gekarrt.»
Fredy Serra, Leiter Food-Marketing bei der Migros Basel, bestätigt, dass die Migros die Regio-Milch bei Emmi in Emmen LU abfüllen lasse. Seit die Grossmolkerei Miba vor bald drei Jahren geschlossen worden sei, habe die Migros keine Möglichkeit mehr, Milch in der Region abzufüllen.
Regionale Molkerei wehrt sich
«Die Migros täuscht ihre Kunden», sagt Hans Wüthrich, Leiter der Regio-Molkerei Liestal. Wenn die Migros Milch aus der Region verkaufe, könne man davon ausgehen, dass die Milch nicht durch die halbe Schweiz gefahren werde. «Das ist unökologisch», ärgert er sich.
Doch Wüthrich ist auch aus einem anderen Grund erbost. Die Regio-Molkerei Liestal hat nämlich schon zwei Jahre vor der Migros begonnen, regional produzierte Milch zu verkaufen. Die Milch stammt aus Liestal und den angrenzenden Gemeinden. Die Regio-Molkerei füllt sie in Liestal ab und lässt sie vom Milchhändler-Verband Basel und Umgebung verkaufen. Für die Bedürfnisse der Migros ist die Molkerei in Liestal indessen zu klein.
«Jetzt ahmt uns die Migros einfach nach. Dabei hat sie es doch nicht nötig, uns kleine Konkurrenten zu plagen, indem sie die Konsumenten hinters Licht führt», so Wüthrich.
Auch Alex Wirth, Präsident des Milchhändler-Verbandes Basel und Umgebung, ist überzeugt: «Unsere Regio-Milch ist das ehrlichere Produkt. Wenn die Migros ihre Milch aus Basel mit Lastwagen nach Emmen fährt, dann ist das keine Regio-Milch mehr. Die Migros praktiziert Milch-Tourismus.»
Migros wollte nicht in neue Molkerei investieren
Noch vor kurzem war der Ton zwischen den Milchhändlern und der Migros freundlicher. «Wir schlugen der Migros vor, in Liestal gemeinsam wieder eine grosse Molkerei aufzubauen», berichtet Wirth. «Doch die Migros wollte nicht.»
Migros-Mann Serra sagt, warum: «Millionen-Investitionen in neue Molkereien sind schlicht nicht zu verantworten, wenn zur gleichen Zeit Betriebe wegen mangelnder Rentabilität schliessen müssen.»
So fährt die Migros ihre Regio-Milch weiterhin nach Emmen und zurück. Aber immerhin wird sie das auf Wunsch des Basler Kantonschemikers in Zukunft auf der Etikette deklarieren: «Regio-Milch: abgefüllt durch Emmi, Luzern, im Auftrag der Migros Basel.»
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Migros: Aus für PET-Depot
Die Migros macht beim Recycling einen Schritt zurück: Sie schafft das Depot für PET-Flaschen ab.
120 Millionen Einweg-PET-Flaschen verkauft die Migros pro Jahr. Die Kunden bringen 96 Prozent davon zurück. Kein Wunder, sonst verlören sie die 50 Rappen Depot. Gesamtschweizerisch liegt die Rückgabe-Quote nur bei 82 Prozent.
Ab Februar 2002 gibt es nun kein Depot mehr. Migros-Sprecher Alfredo Schilirò glaubt, dass die Rückgabe-Quote kurzfristig um etwa 10 Prozent sinken und dann wieder leicht steigen werde.
Hanspeter Fahrni, Chef der Abteilung Abfall beim Buwal, bedauert den Entscheid der Migros. Wenn mehr PET in Kehrichtverbrennungen gelange, sei dies zwar «ziemlich unproblematisch». Fahrni: «Aber man könnte damit etwas Gescheiteres anfangen.»
Immerhin: Die Migros wird künftig Flaschen mit einem höheren Rezyklat-Anteil herstellen. Bisher lag dieser bei 25 Prozent, neu soll er doppelt so hoch sein. Möglich wird das, weil das Rezyklat neuerdings mit Lebensmitteln in Berührung kommen darf. Bisher musste es von neuem PET ummantelt sein.
Für die Konsumenten hat die Abschaffung des Depots auch einen Vorteil. Sie müssen nicht mehr vor dem Automaten oder vor dem Kundendienst warten, um die Flaschen loszuwerden. Stattdessen werfen sie die Flaschen in der Migros in einen gelbblauen Behälter - und zwar neu auch jene Flaschen, die nicht aus der Migros stammen.
(mdb)