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K-Tipp 15/2001
19.09.2001
Wie ein cleverer Spendensammler Sponsoren über den Tisch zieht
Mit Spendengeldern macht Peter Bossard vielen Solothurner Kindergärten Geschenke - und verdient sich dabei eine goldene Nase.
Marco Diener mdiener@ktipp.ch
Eigentlich genial: Peter Bossard aus Solothurn geht in seinem Kanton von Kindergarten zu Kindergarten, verschenkt Holz-Baukästen und verdient damit erst noch Geld. Viel Geld.
Wie das funktioniert? Bossard bezieht bei e...
Wie ein cleverer Spendensammler Sponsoren über den Tisch zieht
Mit Spendengeldern macht Peter Bossard vielen Solothurner Kindergärten Geschenke - und verdient sich dabei eine goldene Nase.
Marco Diener mdiener@ktipp.ch
Eigentlich genial: Peter Bossard aus Solothurn geht in seinem Kanton von Kindergarten zu Kindergarten, verschenkt Holz-Baukästen und verdient damit erst noch Geld. Viel Geld.
Wie das funktioniert? Bossard bezieht bei einem Kollegen in Unterlangenegg BE Holz-Baukästen aus Lettland. Diese bestehen aus kleinen Holzteilen, die sich zu einem Haus zusammenbauen lassen. Dafür zahlt Bossard seinem Kollegen 160 Franken.
Dann nimmt er sich ein Dorf im Solothurnischen vor. Er ruft dort die Gewerbler an und bittet sie um Spenden für die Kindergärten. Nichts ahnend versprechen die meisten Gewerbler Geld für den guten Zweck. Einige wenige fragen nach. Trotzdem wird ihnen nicht klar, ob Bossard im Auftrag der Kindergärten handelt.
Anschliessend gibt Bossard im örtlichen Anzeiger in ungelenkem Deutsch ein Inserat auf. «Die Kindergärten bedanken sich für die Beteiligung der Baukästen», heisst es da. Darunter sind die Spender aufgelistet. Kurze Zeit später überreicht Peter Bossard die Spielsachen den Schulbehörden.
Meistens geht das gut. Aber nicht immer. Die Derendinger Schulkommissions-Präsidentin Gisela Zürcher reagierte zunächst überrascht, als sie nach ihren Ferien das Inserat mit 19 Spendern im Anzeiger erblickte. Und dann empört, als sie merkte, dass weder die Schulleitung noch die Kindergärtnerinnen von der Sammlung wussten.
Gisela Zürcher nahm die beiden Kästen, die ihr Bossard brachte, zwar zur Ansicht an. Doch die Kindergärtnerinnen fanden, die Holzteile seien für Kinder in diesem Alter zu klein und zu wenig stabil. Weil Bossards Verkaufsmethoden der Schulkommission nicht geheuer waren, entschied Gisela Zürcher schliesslich, das Geschenk nicht anzunehmen. Und sie empfahl den Gewerblern, die Spende nicht einzuzahlen.
Angst um den guten Ruf der Schule
Zürcher ärgert sich darüber, dass Bossard seine Geschäfte auf Kosten von Schule und Spendern macht. «Die meisten Sponsoren haben 100 Franken versprochen», rechnet sie vor, «bei 19 Sponsoren macht das fast 2000 Franken. Das sind die beiden Baukästen bei weitem nicht wert.»
Gisela Zürcher fürchtet auch um den guten Ruf der Schule. «Was ist, wenn wir tatsächlich einmal Sponsoren brauchen?», fragt sie. «Es könnte ja sein, dass sie dann sagen: Nicht schon wieder.»
Peter Bossard bestreitet, dass er die Gewerbler ohne Wissen der Schule um Spenden angegangen sei. «In Derendingen hatte ich Schulpräsidentin Edith Meier, die im Telefonbuch aufgeführt ist, informiert», sagt er.
Doch Edith Meier ist als Schulkommissions-Präsidentin längst zurückgetreten und sie weiss nichts von einem solchen Anruf. «Ich war damals in den Ferien», sagt sie.
Der K-Tipp hätte von Peter Bossard gerne gewusst, wie viel er pro Kasten einnimmt. «Das kann ich noch nicht genau sagen», weicht er aus. Klar ist indessen: Seit Mai hat er bereits 44 Kästen «verschenkt». Und dies mit einem anständigen Gewinn. In Derendingen hätte er gegen 800 Franken pro Baukasten verdient, wenn die Sponsoren tatsächlich eingezahlt hätten.
Schwierigkeiten machte neben Derendingen übrigens auch Biberist.
Schulkommissions-Präsident Werner Hess zeigte Peter Bossard sogar an. Doch die Untersuchungsbehörden fanden nichts, was strafrechtlich relevant gewesen wäre.
«Leider hat niemand das Preis-Leistungs-Verhältnis abgeklärt», bedauert Hess. Er ist überzeugt, dass die Kästen «keine 100 Franken wert sind».
Sponsoren glaubten an offiziellen Auftrag
Ansonsten haben die Leute in Biberist mit Bossard die gleichen Erfahrungen gemacht wie die Derendinger. «Er hat sich gar nicht erst mit der Schule abgesprochen», sagt Hess. «Die Sponsoren hatten aber den Eindruck, er handle im Auftrag der Schule.»
Hess wollte die Kästen zuerst auch zurückgeben. Doch als er hörte, dass die Sponsoren zum Teil schon gezahlt hatten, behielt er sie zähneknirschend.
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