Mit gutem Gewissen Gas geben
Mit Gas betriebene Autos sind keine Exoten mehr. Weltweit sind mittlerweile über drei Millionen solcher Autos unterwegs und in der Schweiz sind bereits elf Serienmodelle mit dem umweltfreundlichen Antrieb erhältlich.
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K-Tipp 4/2004
25.02.2004
Beat Winterflood - redaktion@ktipp.ch
Die Testfahrt führte von Turin nach Edinburgh in Schottland und von dort via Paris zurück zum Ausgangspunkt. Das ist eine Strecke von insgesamt rund 4500 Kilometern. Das Fahrzeug: Ein Fiat Multipla mit so genanntem Bi-Fuel-Motor, das heisst, er lässt sich sowohl mit Erdgas als auch mit Benzin betreiben. Doch das Erdgas-Tankstellennetz ist in Europa bereits so gut ausgebaut, dass die ganze Strecke mit Gas gefahren werden konnte.
Das freute das Portemonnaie. Der grosse Sechsplät...
Die Testfahrt führte von Turin nach Edinburgh in Schottland und von dort via Paris zurück zum Ausgangspunkt. Das ist eine Strecke von insgesamt rund 4500 Kilometern. Das Fahrzeug: Ein Fiat Multipla mit so genanntem Bi-Fuel-Motor, das heisst, er lässt sich sowohl mit Erdgas als auch mit Benzin betreiben. Doch das Erdgas-Tankstellennetz ist in Europa bereits so gut ausgebaut, dass die ganze Strecke mit Gas gefahren werden konnte.
Das freute das Portemonnaie. Der grosse Sechsplätzer verbraucht im Schnitt auf 100 Kilometer nur gerade 5,6 Kilogramm Flüssiggas. An den Tankstellen kostet das Kilo rund 95 Rappen. Benzin ist im Vergleich dazu in vielen Ländern Europas fast doppelt so teuer.
Aber nicht nur der Geldbeutel, auch die Umwelt freut sich über Gas-Autos. Denn deren Schadstoff-Ausstoss ist im Vergleich zu Benzin- und Dieselmodellen wesentlich tiefer. So gehen beispielsweise 25 Prozent weniger Treibhausgas CO2 in die Luft als bei einem Benzin-Auto.
Eine 1998 durchgeführte Studie des Bundesamtes für Umwelt (Buwal) zeigt zudem, dass der Betrieb von Erdgas-Fahrzeugen inklusive der für die Förderung und den Transport des Gases benötigten Energie gegenüber Benzin-Autos nur rund halb so umweltbelastend ist. Das heisst: Gas ist nicht nur bezüglich der Abgase umweltfreundlicher als Benzin, sondern schon bei der Rohstoff-Gewinnung.
Da kann auch der in den letzten Jahren von der Autoindustrie geförderte Dieselmotor nicht mithalten. Zwar ist Diesel bezüglich Verbrauch und Luftschadstoffen bereits deutlich besser als Benzin. «Doch dem steht die Partikel- und Stickoxid-Problematik gegenüber», erklärt Automobilingenieur Ralph Tschopp von der Firma Gasmobil. «Trotz Einführung des Partikelfilters wird der Dieselmotor auch in Zukunft die tiefen Abgaswerte des Gasmotors nicht erreichen.»
Im Schnitt 6 Kilo Gas auf 100 Kilometer
Das Angebot verfügbarer Wagen wächst rasch. Während vor vier Jahren noch keine Autos ab Werk lieferbar waren, sind es heute schon sechs Hersteller, die zusammen elf Modelle vom Kleinwagen bis hin zum Familien-Van anbieten (siehe Tabelle).
Fahrspass und Leistung kommen dabei nicht zu kurz. Die Gas-Autos fahren sich genau gleich wie herkömmlich motorisierte Modelle und auch bei den Pferdestärken braucht man keinen Abstrich zu machen. Es gibt Sportmodelle mit über 160 PS - und das bei einem Verbrauch von nur sechs Kilo Gas auf 100 Kilometer.
Schon heute lohnt sich der Kauf eines Gas-Autos auch aus wirtschaftlicher Sicht. Der Mehrpreis von 3000 bis 4000 Franken gegenüber herkömmlichen Autos amortisiert sich dank Zuschüssen der Erdgasversorger und dank der tiefen Treibstoffpreise bereits in zwei bis drei Jahren. Ralph Tschopp rechnet vor: «Im Mittel kostet ein Kilogramm Erdgas in der Schweiz Fr. 1.50. Das entspricht einem Benzin-Literpreis von nur einem Franken, denn ein Kilogramm Erdgas entspricht energetisch 1,5 Liter Benzin.» Bei einer durchschnittlichen jährlichen Fahrleistung von 15 000 Kilometern und einem Verbrauch von 5,5 Kilo Gas auf 100 Kilometer spart man also rund 430 Fran-ken.
Das ist aber noch nicht alles. Zusätzlich erlässt nämlich zum Beispiel der Kanton Baselland die Verkehrssteuer bei Fahrzeugen, welche im Erdgasbetrieb eine grössere Reichweite haben als im Benzinbetrieb. Das kann gut 500 und mehr Franken ausmachen.
Und: Weitere Ersparnisse wird es ab 2007 geben, wenn in der Schweiz Erdgas steuerlich vergünstigt wird. «Dann wird der Erdgaspreis um rund 30 Rappen pro Kilo sinken», so Tschopp.
Dass Gas Zukunft hat, zeigt auch das wachsende Tankstellennetz in der Schweiz. Während es heute rund 40 Erd- oder Naturgastankstellen gibt, soll deren Anzahl bis 2006 auf 100 anwachsen. Hans Walch, Geschäftsführer von Gasmobil, verspricht: «In ländlichen Gebieten soll die Distanz zur nächsten Tankstelle nicht mehr als 30 Kilometer betragen. In den Städten sieht unser Konzept Tankstellen im Zentrum und entlang der grossen Ausfallachsen vor.»
Erd- und Naturgas-Tankstellen: www.erdgasfahren.ch, www.erdgasfahrzeuge.de
Hybrid- und Wasserstoff-Autos
Eine Alternative zum mit Gas betriebenen Auto ist der so genannte Hybrid-Antrieb. Federführend bei dieser Technik ist Autohersteller Toyota, der bereits ein entsprechendes Modell zum Verkauf anbietet.
Bei der Hybridtechnik wird der Benzinmotor durch einen Elektromotor unterstützt. Dessen Batterien werden während der Fahrt von einem Generator nachgeladen. Innerstädtisch kann das Auto rein elektrisch gefahren und der Benzinverbrauch dadurch um fast die Hälfte reduziert werden.
Technisch betrachtet könnte die Hybridtechnik auch mit einem Erdgas-Motor gekoppelt werden. Das würde die Umweltbilanz noch weiter verbessern.
Aus Sicht der Umwelt wäre die Umstellung aller Motoren auf Wasserstoff-Betrieb aber die beste Lösung. Doch Motoren, respektive Brennstoffzellen, welche Wasserstoff in Antriebsenergie umwandeln, sind heute noch zu teuer, zu gross und zu schwer.
Führende Automobilhersteller glauben, dass die Einführung dieser Technik noch 10 bis 15 Jahre dauern wird. Mit andern Worten: Anstatt auf den Wasserstoff-Antrieb zu warten, ist es angesichts der Lebensdauer eines Personenwagens von 8 bis 12 Jahren schon heute sinnvoll, ein Gas-Auto zu kaufen.