Mit Kran die Wohnung ausgeräumt
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K-Tipp 5/2001
14.03.2001
Scheidungsposse Ehefrau soll für Einbruch ihres Mannes zahlen
Ein Mann, der für die Dauer der Scheidung aus der ehelichen Wohnung ausziehen musste, bricht in diese Wohnung ein und entwendet Einbau-Möbel. Den Wiedereinbau soll die Ehefrau zahlen, sagt das Gericht.
Thomas Müller tmueller@ktipp.ch
Eigentlich begann die Scheidung ganz normal: Mann und Frau stritten sich darüber, wer in der gemeinsamen Wohnung in Arosa GR bleiben darf.
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Scheidungsposse Ehefrau soll für Einbruch ihres Mannes zahlen
Ein Mann, der für die Dauer der Scheidung aus der ehelichen Wohnung ausziehen musste, bricht in diese Wohnung ein und entwendet Einbau-Möbel. Den Wiedereinbau soll die Ehefrau zahlen, sagt das Gericht.
Thomas Müller tmueller@ktipp.ch
Eigentlich begann die Scheidung ganz normal: Mann und Frau stritten sich darüber, wer in der gemeinsamen Wohnung in Arosa GR bleiben darf.
Da sich das Paar nicht einigen konnte, entschied das Bezirksgericht Plessur GR, dass die Ehefrau - sie heisst heute Doris Saalfeld - die 41/2-Zimmer-Wohnung während des Scheidungsverfahrens allein benützen dürfe. Der Ehemann, dem die Wohnung gehörte, musste innert sechs Wochen ausziehen. Seine persönlichen Gegenstände sowie Hausrat für die Einrichtung einer 11/2-Zimmer-Wohnung durfte er mitnehmen.
Das genügte dem Mann nicht. Im Mai 1999, als Doris Saalfeld in den Ferien weilte, startete er eine ungewöhnliche Aktion. Er fuhr mit einem Kranwagen vor, drang über die Dachterrasse in die Wohnung im fünften Stock ein und nahm Hausrat im Wert von 26 000 Franken mit: unter anderem einen viertürigen Einbau-Schrank, einen Einbau-Schreibtisch, ein Einbau-Bett und 50 Flaschen Wein.
Die Kantonspolizei Graubünden, die den fehlenden Hausrat schnell aufgespürt hatte, beauftragte eine lokale Schreinerei, die Möbel zurückzuschaffen. Kostenpunkt: gut 2000 Franken.
Wer soll das bezahlen? Eigentlich der Ehemann, der die Kosten verursacht hat. Aber der scheidet aus; er ist pleite.
Der Kanton Graubünden als Auftraggeber übernahm zwar 700 Franken; für die restlichen 1300 Franken fühlte er sich jedoch nicht zuständig. Der Auftrag habe nur gelautet, die Möbel am neuen Wohnort des Ehemannes auszubauen und auf dem Garagenplatz von Doris Saalfeld zu deponieren, schrieb der zuständige Untersuchungsrichter dem Schreinermeister.
Davon weiss dieser nichts: «Mit gutem Recht gingen wir davon aus, dass der Wiedereinbau dazugehört», schrieb er dem Untersuchungsrichter zurück. Und: «Doris Saalfeld hat uns keinen Auftrag gegeben.»
Trotzdem hat das Bezirksgericht Plessur im letzten Oktober entschieden, dass Saalfeld die Kosten für den Wiedereinbau ihrer Möbel selber tragen muss. Sie sei sonst «ungerechtfertigt bereichert», so die auch für Juristen schwer nachvollziehbare Begründung.
Doris Saalfeld versteht die Welt nicht mehr: «Weshalb soll ich bereichert sein? Es wurde ja nur der alte Zustand wieder hergestellt.»
Dass sie in diesem Möbelstreit auch noch die Gerichtskosten und die Kosten des Gegenanwalts von total 6000 Franken übernehmen soll, ärgert sie zusätzlich. Dennoch will sie nicht aufgeben: Sie hat den Fall mit Hilfe ihres Anwalts ans Kantonsgericht weitergezogen.
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Wer darf in der gemeinsamen Wohnung bleiben?
Ist sich ein Paar bei der Scheidung nicht einig, wer in der gemeinsamen Wohnung bleiben darf, muss der Richter entscheiden. Je nach Stadium des Scheidungsverfahrens gilt Folgendes:
- Für die Dauer des Verfahrens kann der Scheidungsrichter auf Antrag eines Ehegatten eine Übergangsregelung festlegen. Meist geht es dabei nicht nur um die Wohnung, sondern auch um die Obhut über die Kinder und um Unterhaltszahlungen. Man spricht von «vorsorglichen Massnahmen».
- Einziges Kriterium bei der Zuteilung der Wohnung ist die Frage, wem sie besser dient. Sind Kinder vorhanden, ist das in der Regel derjenige Elternteil, der sie betreut - also meist die Ehefrau. In kinderlosen Ehen darf jener Partner in der Wohnung bleiben, für den ein Umzug härter wäre. Hat der Mann beispielsweise sein Büro in der Wohnung, ist er im Vorteil. Keine Rolle spielt hingegen, wer Mieter oder Eigentümer der Wohnung ist. Wer auszieht, darf seine persönlichen Effekten sowie entbehrlichen Hausrat mitnehmen (zum Beispiel ein Bett, einen Teil des Geschirrs usw.).
- Im Scheidungsurteil kann der Richter den Mietvertrag auf jenen Ehegatten übertragen, der wegen der Kinder oder aus anderen wichtigen Gründen (Beruf, Gesundheit) darauf angewiesen ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann er einem Ehepartner ein befristetes Wohnrecht einräumen, wenn die Wohnung oder das Haus dem anderen Partner gehört.
- Den Mietzins muss der in der Wohnung verbleibende Gatte allein tragen, wobei der andere aber bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin mithaftet. Geht es um eine Eigentumswohnung, schuldet der zurückbleibende Teil seinem Expartner für das Wohnrecht eine angemessene Entschädigung.
- Weiterführende Infos zum Thema Scheidung finden Sie im K-Dossier «Damit Scheiden nicht so wehtut».