Neue Gerichtsurteile - Nr.14 05.09.2001
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K-Tipp 14/2001
05.09.2001
Taggeld-Einzelversicherung - Betrieb muss Prämien zahlen
Gemäss Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für das Bauhauptgewerbe müssen die Betriebe für ihre Angestellten eine Kollektiv-Krankentaggeld-Versicherung abschliessen, die im Krankheitsfall 720 Tage lang zahlt. Eine Sonderbestimmung dieses GAV legt fest, dass die Arbeitnehmer für diesen Schutz keine Prämien mehr zahlen müssen, falls sie krank sind. Und: Der Betrieb darf kranken oder verunfallten Arbeitnehmern erst kündigen, we...
Taggeld-Einzelversicherung - Betrieb muss Prämien zahlen
Gemäss Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für das Bauhauptgewerbe müssen die Betriebe für ihre Angestellten eine Kollektiv-Krankentaggeld-Versicherung abschliessen, die im Krankheitsfall 720 Tage lang zahlt. Eine Sonderbestimmung dieses GAV legt fest, dass die Arbeitnehmer für diesen Schutz keine Prämien mehr zahlen müssen, falls sie krank sind. Und: Der Betrieb darf kranken oder verunfallten Arbeitnehmern erst kündigen, wenn sie eine Invalidenrente erhalten.
Jetzt hat das Bundesgericht diese GAV-Bestimmungen präzisiert: Wird ein Arbeiter entlassen und macht er dann von seinem Übertrittsrecht in die Krankentaggeld-Einzelversicherung Gebrauch, so gilt die Prämienbefreiung weiterhin. Konsequenz: Der Betrieb muss bis zum Ablauf der 720 Tage jene Prämien übernehmen, die der gekündigte Arbeitnehmer in der Einzel-Taggeldversicherung kostet.
(em)
(Bundesgericht, Urteil 4C.309/2000 vom 6.3.2001)
Regeln auf Fussgängerstreifen - «Behutsam» über die Strasse!
Ein Autofahrer überfuhr einen Jugendlichen auf dem Fussgängerstreifen und verletzte ihn schwer. Dafür bekam er zehn Tage Gefängnis bedingt, weil er den 13-Jährigen zwar sah, aber nicht abbremste und auch kein Hupzeichen gab, obwohl der Junge am Strassenrand stand und erkennbar die Strasse überqueren wollte. Bei Kindern verlangt das Gesetz zudem erhöhte Vorsicht.
Der Autofahrer muss aber für den entstandenen Schaden trotzdem nur zu 80 Prozent geradestehen, weil das Bundesgericht dem Jugendlichen ein gewisses Selbstverschulden zuschreibt. Denn er hatte zwei Regeln verletzt, die für Fussgänger gelten: 1. Du sollst nicht die Strasse überqueren, wenn das Auto nicht mehr rechtzeitig anhalten kann. 2. Du darfst den Streifen nicht überraschend betreten, sondern musst «behutsam auf die Fahrbahn treten».
(em)
(Bundesgericht, Urteil 6S.754/2000 vom 15.6.2001)
Betrug per Telekiosk - «Rothaarige» war ein Bschiss
Eine «echte Rothaarige» suche Kontakt, hiess es in einer Anzeige. Interessenten mussten auf eine teure Telekiosk-Nummer anrufen, die Fr. 2.50 pro Minute kostete. Nachdem ein Mann 260 Franken vertelefoniert hatte, sollte es zu einem Rendez-vous mit der Dame am andern Ende der Leitung kommen - doch der Mann wurde versetzt. Er erstattete Anzeige.
Die Genfer Staatsanwaltschaft wollte das Strafverfahren gegen den Telekiosk-Betreiber einstellen - doch das Bundesgericht zwingt sie nun, das Prozedere weiterzuführen; der Tatbestand des Betruges könne durchaus erfüllt sein. Die Genfer Justiz muss nun neu entscheiden. Fazit: Wer fingierte Kontaktanzeigen aufgibt, um Interessenten mit möglichst langen Telefongesprächen abzuzocken, muss künftig mit Sanktionen rechnen.
(upi)
(Bundesgericht, Urteil 6S.556/2000 vom 19.6.2001)