Nicht jeder Bio-Wein ist sauber
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K-Tipp 12/2000
14.06.2000
Was Kantonslabor und Kassensturz nicht sagten: K-Tip nennt die Namen der Pestizid-Sünder.
In 27 von 31 Schweizer Bio-Weinen hatte ein Kantonschemiker Pestizide entdeckt - ohne Produzenten zu nennen. Jetzt hat der K-Tip 20 Bio-Weine getestet und nennt alle Namen.
Das Erfreuliche vorweg: Bei 16 der 20 getesteten Bio-Weine konnte das Test-Labor keine Schädlingsbekämpfungsmittel nachweisen.
In vier Weinen jedoch hat das vom K-Tip beauftragte Interlabor Belp Pe...
Was Kantonslabor und Kassensturz nicht sagten: K-Tip nennt die Namen der Pestizid-Sünder.
In 27 von 31 Schweizer Bio-Weinen hatte ein Kantonschemiker Pestizide entdeckt - ohne Produzenten zu nennen. Jetzt hat der K-Tip 20 Bio-Weine getestet und nennt alle Namen.
Das Erfreuliche vorweg: Bei 16 der 20 getesteten Bio-Weine konnte das Test-Labor keine Schädlingsbekämpfungsmittel nachweisen.
In vier Weinen jedoch hat das vom K-Tip beauftragte Interlabor Belp Pestizide gefunden, die über einem Mikrogramm pro Kilo liegen. Zwei stammen aus der Deutschschweiz, je einer aus dem Tessin und der Romandie.
Drei Bio-Weine enthalten hohe Pestizid-Mengen. Kindernahrung mit einer solchen Pestizid-Belastung darf man in Deutschland nicht mehr verkaufen.
In der Tabelle rangieren deshalb der La Minerva von Lorenzo Mina, der Cuvée Bianca und der Muscat bleu von Fredi Strasser allesamt unter "nicht empfehlenswert".
Nur "bedingt empfehlenswert" sind der Coteau de Vincy 1998 und der Cabernet Sauvignon 1994. Beim letzteren stellten die Analytiker hohe Kupferwerte fest. Aber auch bei den Reben-Säften mit der Note "empfehlenswert" liegen die Kupferrückstände über dem Mittelwert der Weine aus konventionellem Anbau.
Das Laboratorium der Urkantone hat bei den konventionellen Weinen einen Mittelwert von 0,15 mg/l festgestellt (siehe K-Tip 10/00). In den Bio-Weinen finden die Chemiker beim K-Tip-Test 0,23 mg/l Kupfer. Grund: Bio-Winzer setzen mehr Kupfer ein als traditionelle Rebbauern, weil sie nicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel ausweichen können. Eine bestimmte Menge Kupfer ist im Bio-Anbau erlaubt. Der Einsatz steht aber im Widerspruch zu "bio", denn Kupfer macht den Boden langfristig unfruchtbar.
Dennoch: Weder beim Kupfer noch bei den Pestiziden wurden die gesetzlichen Grenz- oder Toleranzwerte für konventionelle Weine überschritten. Für Bio-Wein gibt es keine Vorschriften.
Die K-Tip-Analysen unterscheiden sich von den Mitte Mai veröffentlichten Resultaten der Kantonschemiker. Diese stellten in 27 von 31 Schweizer Bio-Weinen Pestizidspuren fest. Bei sieben Weinen wiesen sie sehr hohe Rückstände nach.
Die Chemiker haben vornehmlich Bio-Weine aus der deutschen Schweiz untersucht, wie Chefanalytiker Daniel Andrey vom Kantonslabor sagt. Im Gegensatz dazu berücksichtigte der K-Tip für seine Stichproben alle Bio-Wein-Regionen.
Auffallend ist das Abschneiden der welschen Weine. Sie stehen bis auf eine Ausnahme gut da. Kombiniert man die Resultate des Kantonslabors und des K-Tip, ergibt sich ein klares Bild: In Deutschschweizer Weinen findet man häufiger hohe Pestizidspuren.
Ein Grund dürfte im raueren und feuchteren Klima dieser Region liegen, das zum vermehrten Einsatz von Pestiziden im konventionellen Weinbau führt. Und starke Winde können die Pestizide in die Rebberge der Bio-Winzer verfrachten.
Bio-Rebbauer Fredi Strasser ist jedenfalls überzeugt, dass die nachgewiesenen Pestizid-Mengen in seinem Muscat bleu und Cuvée Bianca "Bestandteil des Pflanzenschutzmittels Switch sind, das die Nachbarn spritzen".
Nach den Richtlinien der Bio Suisse darf ein Bio-Bauer im Anbau keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel einsetzen. In einem Knospe-Wein dürfen überhaupt keine Pestizid-Rückstände nachweisbar sein. Konsumenten dürfen deshalb erwarten, dass ein Knospe-Produkt schadstofffrei ist.
Doch auch die Weine von La-Minerva-Produzent Lorenzo Mina und Fredi Strasser sind mit diesem begehrten Gütesiegel versehen.
Dennoch kann Bio Suisse den beiden Winzern das Label nicht entziehen, sofern die "Pestizid-Rückstände auf eine allgemeine Umweltbelastung zurückzuführen sind". So steht es in den Bio-Suisse-Richtlinien.
Gleichzeitig wirbt die Vereinigung der Schweizerischen Bio-Landbau-Organisationen Bio Suisse mit dem Slogan: "Ist die Knospe drauf, ist bio drin."
Wahrlich ein fragwürdiges Versprechen.
Kasten: Vier von zwanzig Schweizer Bio-Weinen enthalten Pestizide
Wein/Bezeichnung: Merum Don Gido
Traubensorte: Blauburgunder/Federweiss
Jahrgang: 1994
Weinbauer: Guido Lenz, Uesslingen
Eingekauft bei: Ref