Nichts für Feinschmecker
Bolognese-Fertigsaucen sind kein kulinarischer Höhenflug. Das zeigt eine Degustation von neun Saucen deutlich. Bloss eine erreicht in der Bewertung ein «genügend». Und auch teure Saucen enthalten wenig Fleisch.
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K-Tipp 19/2004
17.11.2004
Rolf Muntwyler - rom@ktipp.ch
Gemüse, Pelati, Hackfleisch, Fleischbouillon, Knoblauch und Olivenöl: Dies sind die Hauptbestandteile einer leckeren Bolognese-Sauce.
Eine gute Sauce benötigt aber Zeit. Wenns schnell gehen muss, ist der Griff zur Bolo im Glas oder im Beutel verlockend. In der Schweiz werden denn auch für 9 Millionen Franken pro Jahr «rote Saucen mit Fleisch» verkauft. Unter diesem Titel führt das Marktforschungsinstitut AC Nielsen die Zahlen.
Dass Hausgemachtes besser schmec...
Gemüse, Pelati, Hackfleisch, Fleischbouillon, Knoblauch und Olivenöl: Dies sind die Hauptbestandteile einer leckeren Bolognese-Sauce.
Eine gute Sauce benötigt aber Zeit. Wenns schnell gehen muss, ist der Griff zur Bolo im Glas oder im Beutel verlockend. In der Schweiz werden denn auch für 9 Millionen Franken pro Jahr «rote Saucen mit Fleisch» verkauft. Unter diesem Titel führt das Marktforschungsinstitut AC Nielsen die Zahlen.
Dass Hausgemachtes besser schmeckt als Fertigprodukte, ist eine Binsenwahrheit. Ob das auch für Bolognese-Saucen gilt, haben die Konsumentensendungen Kassensturz und A bon Entendeur zusammen mit dem K-Tipp untersucht.
Drei Fachleute haben im Zürcher Restaurant Napoli neun Saucen degustiert und bewertet. Dies waren:
- Irma Dütsch, Spitzenköchin,
- Annemarie Wildeisen, Kochbuchautorin und Chefredaktorin des Kochmagazins «Kochen»,
- Andrin C. Willi, Chefredaktor der Gastronomie-Zeitschrift «Salz & Pfeffer».
Kriterien waren Geruch, Geschmack, Konsistenz, Bissfestigkeit sowie die Balance zwischen den Hauptbestandteilen Tomaten, Gemüsestückchen und Fleisch.
«Die Saucen waren katastrophal!»
«Die Saucen waren ja katastrophal!» So fasst Annemarie Wildeisen ihren Eindruck der Degustation zusammen. Die schlechtesten Saucen, Dolmio und Hero, erhielten beide 23 Punkte, was der Schulnote 2,25 entspricht.
Die Aussagen der Degustatoren zu diesen Saucen waren vernichtend. Dolmio habe «keinen Geschmack», sei «eine braune, mehlige Pampe» mit «undefinierbarem Geruch», «nicht essbar», «eine Zumutung». Hero schmecke «nach Rauch», «wie wenn das Fleisch verbrannt wäre», sie sei «mehlig».
Das Ideal einer Bolognese-Sauce, in der «die Bestandteile Fleisch, Tomaten, Kräuter und Gemüse einzeln spürbar sind» (Willi), fanden die Degustatoren nicht. Ebenso wenig «die rustikale Fleischsauce», die sich Annemarie Wildeisen unter Bolognese vorstellt. Immer wieder kam die gleiche Kritik: zu wenig oder musartiges Fleisch, zu viel Süsse, zu viel Säure, dominierendes Tomatenpüree. «Damit übertünchen die Hersteller die geschmacklichen Defizite», sagt Willi.
Eine einzige Sauce fanden die Feinschmecker «passabel». Die günstigste degustierte Bolognese, Panzani von Carrefour, erreichte ein knappes «genügend». Zwar bemängelten die Tester den zu knappen Fleischanteil, zwar befanden sie sie geschmacklich als «etwas flach», doch habe sie einen «guten Biss» und «man spürt Gemüsewürfelchen und die Kräuter».
Fleisch: In vielen Saucen Mangelware
Neben der Degustation wurden die Saucen auch im Kantonalen Labor Genf untersucht:
- Wie hoch ist der Fleisch- und Proteinanteil?
- Stimmen die Deklarationen mit den Messresultaten überein?
Das Fleisch ist der teuerste Bestandteil der Sauce. Kein Wunder, untermauert die Laboruntersuchung den Eindruck der Degustation: Viele Hersteller geizen mit dem Fleisch.
Zum Vergleich hat der K-Tipp Bolognese-Rezepte von Annemarie Wildeisen und von Kochbüchern beigezogen. Die Anteile von feingehacktem Gemüse, Fleisch und Tomaten (frische oder Büchsen-Pelati) halten sich in allen Rezepten mit rund je einem Drittel die Waage. Nur die Salsa all'italiana mit fast 40 Prozent Fleischanteil wird dem gerecht.
Fünf Saucen hingegen enthalten weniger als 20 Prozent Fleisch (Messresultate im Labor): Dolmio und Barilla mit knapp 20, Agnesi mit 18, Riviera d'oro mit 17 und Knorr Sugo mit nur 14 Prozent.
Die letzten beiden sind nicht nur sehr fleischarm, sie unterboten sogar den sowieso schon mageren deklarierten Fleischanteil nochmals um rund 10 Prozent.
Wenn schon wenig Fleisch, dann wenigstens ein kleiner Preis? Auch diese Rechnung geht nicht auf. Die Knorr-Sauce mit dem tiefsten Fleischanteil kostet Fr. 9.20/ kg, Salsa all'italiana für Fr. 8.- ist trotz höchstem Fleischanteil einiges günstiger.
Qualität hat einen günstigen Preis
Mehlig, Holz- und Kartongeschmack: Eine Blinddegustation förderte die Schwächen einzelner Spaghetti gnadenlos zu Tage. Das hochkarätige Degustationsteam, bestehend aus Spitzenköchin Irma Dütsch, Kochbuchautorin Annemarie Wildeisen und «Salz & Pfeffer»-Chefredaktor Andrin C. Willi, verglich Geschmack, Konsistenz und optischen Eindruck von zehn ausgewählten Spaghetti aus Hartweizengriess. Dazu verkosteten sie die Teigwaren ohne Sauce, bewerteten aber auch, ob sie sich mit einer Tomatensauce gut verbinden.
Überzeugen liessen sie sich vor allem von den Spaghetti Barilla Nr. 5. «Feiner Geschmack, ausgewogen», «angenehm, mild», «angenehm bissfest, nicht klebrig» - so lobten die Feinschmecker die italienische Traditionsmarke.
Fast ebenso gut stuften sie die günstigsten Spaghetti in der Degustation ein, M-Budget von Migros. Sie befanden einhellig, dass sich das Billigprodukt optimal mit der servierten Tomatensauce verbindet, dass es «schön bissfest» ist und ausgewogen im Geschmack.
Keinen Gefallen fanden die Tester an Agnesi No. 3. Geschmack «staubig», «nach Karton» und «eigenartig»: So lauteten die wenig schmeichelhaften Beschreibungen für die Migros-Hausmarke. Gestört hat die drei Fachleute auch, dass sich die Spaghetti überhaupt nicht mit der Sauce verbanden.
Zufrieden, aber nicht gerade hingerissen waren die Degustatoren von der teuren Pasta aus dem Tessin und aus dem Puschlav. Nostrani Ticinesi sind etwas mehlig im Geschmack, aber sie verhalten sich gut in der Sauce. Ähnlich das Urteil zum Puschlaver Produkt: Gut in der Sauce, aber mit mehligem, ja holzigem Nebengeschmack.
(rom)
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