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K-Tipp 3/2002
06.02.2002
Prepaid-Handy: Vorausbezahlte Guthaben verfallen bei Nichtgebrauch
Wer sein Prepaid-Handy ein Jahr lang nicht benutzt, verliert seine Telefonnummer. Besonders stossend: Allfällige Restguthaben sacken die Netzanbieter ein.
Patrick Gut pgut@ktipp.ch
Adrian Ruckstuhl aus Ligornetto TI war im Weissenstein-Gebiet unterwegs, als sein Auto streikte. Für solche Notfälle lag ein Handy mit Sunrisepronto-Karte im Handschuhfach. Als Ruckstuhl es benutzen wollt...
Prepaid-Handy: Vorausbezahlte Guthaben verfallen bei Nichtgebrauch
Wer sein Prepaid-Handy ein Jahr lang nicht benutzt, verliert seine Telefonnummer. Besonders stossend: Allfällige Restguthaben sacken die Netzanbieter ein.
Patrick Gut pgut@ktipp.ch
Adrian Ruckstuhl aus Ligornetto TI war im Weissenstein-Gebiet unterwegs, als sein Auto streikte. Für solche Notfälle lag ein Handy mit Sunrisepronto-Karte im Handschuhfach. Als Ruckstuhl es benutzen wollte, erschien auf der Anzeige aber bloss die Mitteilung «Telefon nicht registriert».
So wie Adrian Ruckstuhl kann es Zehntausenden von Kunden mit den Prepaid-Karten Sunrise pronto oder Swisscom Natel easy gehen. Ist eine solche Karte mit vorausbezahltem Guthaben ein Jahr lang nicht in Gebrauch, deaktivieren die Anbieter die Nummer, das Restguthaben verfällt. So steht es in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Swisscom und Sunrise. Beide Gesellschaften berufen sich auf eine Vorschrift des Bundesamtes für Kommunikation.
Die Swisscom schickt Natel-easy-Kunden, die ihr Telefon während elf Monaten nicht benutzt haben, immerhin ein SMS. Sie macht darauf aufmerksam, dass der Mobilanschluss bei weiterem Nichtgebrauch in einem Monat abgeschaltet werde. Doch wer sein Handy kaum braucht, wird vermutlich auch die Mitteilung der Swisscom nicht bemerken.
Die Nummern werden nach einem Jahr noch nicht endgültig gelöscht. Sowohl Sunrise wie Swisscom beteuern, dass «man sich gegenüber den Kunden kulant» verhalte, die Nummern und das Restguthaben wieder aktiviere, falls sich der Kunde innerhalb von sechs Monaten melde. Ein solcher Hinweis fehlt allerdings in den AGB.
«Regeln sollten klarer kommuniziert werden»
Orange geht noch dreister vor und verzichtet gänzlich darauf, die Prepay-Kunden in den AGB auf eine Abschaltung der Nummer aufmerksam zu machen. Orange stellt die Nummer ab, wenn der Prepay-Kunde während 720 Tagen nach Aktivierung keinen neuen Betrag auf die SIM-Karte geladen hat - egal, ob er telefoniert hat oder nicht. Jetzt hat er 180 Tage Zeit, ein zusätzliches Guthaben auf seine SIM-Karte zu laden. Erst dann kann er wieder telefonieren und auch sein altes Guthaben wird reaktiviert. Unternimmt der Kunde hingegen nichts, verfällt nach insgesamt 900 Tagen sein Restguthaben, und die Nummer wird unwiderruflich gelöscht.
In der Frage der Restguthaben verstecken sich Swisscom und Sunrise hinter ihren AGB. Dort sei sie beantwortet.
Rechtsprofessor Thomas Koller von der Uni Bern hält das Vorgehen von Swisscom und Sunrise für zulässig. Er bemängelt allerdings, dass die Regelung in den AGB nicht klarer kommuniziert werde. «Unzulässig ist hingegen die Praxis von Orange. Weil in den AGB der Verfall des Restguthabens nicht erwähnt ist, haben die Kunden während zehn Jahren Anspruch auf ihr Geld.»
Orange hat auf K-Tipp-Anfrage reagiert
Orange hat kurz vor Redaktionsschluss reagiert: «Der K-Tipp hat eine Lücke in den AGB von Orange und im Prepay-Produktebeschrieb entdeckt.» Weil nirgends auf den Verfall der Restguthaben hingewiesen werde, müsse sich Orange automatisch an die gesetzlichen Bestimmungen halten.
«Der deaktivierte Prepay-Kunde kann sein Guthaben also innerhalb der gesetzlichen Frist einfordern», sagt Orange-Sprecherin Therese Wenger. Diese Regelung gelte auf lange Sicht. Was die Deaktivierung nach 720 Tagen betrifft, wird Orange diese Praxis künftig im Produktebeschrieb erwähnen.
Bundesamt für Kommunikation: «Telefonnummern sind keine Wegwerfware»
Die drei Mobilnetzanbieter müssen den Anschluss von Prepaid-Kunden abschalten, wenn diese ihre SIM-Karte ein Jahr lang nicht benutzen. Das verlangt das Bundesamt für Kommunikation (Bakom). Nach weiteren sechs Monaten dürfen die Nummern neuen Kunden zugeteilt werden.
«Telefonnummern sind keine Wegwerfware», begründet das Bakom die Vorschrift. Und: «Nach zwölf Monaten Nichtgebrauch kann man davon ausgehen, dass die SIM-Karte und damit die Nummer nicht mehr in Betrieb sind.» Die Anbieter sollten die Nummern neu verteilen, damit nicht Hunderttausende Telefonnummern ungenutzt bleiben würden.
«Von so vielen ungenutzten Nummern kann keine Rede sein», entgegnet Ralf Beyeler, Experte für Telekommunikation beim Internetvergleichs-Dienstleister Berne Byte Bears (www.konsumenteninfo.ch). Beyeler hält die Regelung des Bakom für «Schwachsinn».