Online-Shops: Oft zählt nur die Kasse
Online-Shops wollen vor allem eines: möglichst viel verkaufen. Manch einer vergisst dabei allerdings, dass auch seriöse Kundeninformationen zum Geschäft gehören.
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K-Tipp 5/2003
12.03.2003
Gery Schwager - gschwager@ktipp.ch
Die Studie des deutschen Verbraucherzentrale-Bundesverbandes (VZBV) lässt aufhorchen. Sie kommt zum Schluss, dass in Deutschland «acht von zehn Internet-Shops gegen das Gesetz verstossen». Besonders häufig fehlten auf den Websites Angaben zu Widerrufs- und Rückgabemöglichkeiten sowie Informationen zum Umgang mit Kundendaten. Zuweilen aber seien nicht einmal Identität und Adresse des Unternehmens festgehalten, schreibt der VZBV.
Die Schweiz kennt noch keine Spezialvorschrift...
Die Studie des deutschen Verbraucherzentrale-Bundesverbandes (VZBV) lässt aufhorchen. Sie kommt zum Schluss, dass in Deutschland «acht von zehn Internet-Shops gegen das Gesetz verstossen». Besonders häufig fehlten auf den Websites Angaben zu Widerrufs- und Rückgabemöglichkeiten sowie Informationen zum Umgang mit Kundendaten. Zuweilen aber seien nicht einmal Identität und Adresse des Unternehmens festgehalten, schreibt der VZBV.
Die Schweiz kennt noch keine Spezialvorschriften für den Internet-Handel. Das Gesetz über den elektronischen Geschäftsverkehr werde der Bundesrat voraussichtlich erst nächstes Jahr in die parlamentarische Beratung schicken, sagt Felix Schöbi vom Bundesamt für Justiz.
Aber auch wenn dieses Gesetz dereinst gilt: Beim grenzüberschreitenden Online-Shopping bleibt im Streitfall problematisch, welches nationale Recht gilt und wo der Gerichtsstand liegt.
Immerhin: Schon heute ist die Schweiz Mitglied der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Und diese hat laut Guido Sutter vom Staatssekretariat für Wirtschaft vor rund drei Jahren die «Leitlinien für den Verbraucherschutz im Zusammenhang mit dem elektronischen Geschäftsverkehr» herausgegeben - «für seriös tätige Internet-Shops eine nützliche Richtlinie dafür, welche Angaben aus Konsumentensicht absolut notwendig sind», so Sutter.
16 Kriterien für seriöse Online-Shops
Der K-Tipp hat ausgehend von den OECD-Leitlinien eine Liste mit insgesamt 16 Kriterien aufgestellt. Diesen sollte ein Internet-Shop genügen. Verlangt werden neben Firmendaten zum Beispiel Produktebeschreibungen, transparente Preise sowie Angaben zu Versandkosten, Lieferfristen, Widerruf und Umgang mit Kundendaten (siehe Tabelle).
Anhand der Kriterienliste hat der K-Tipp 30 Online-Shops aus verschiedenen Branchen unter die Lupe genommen. Die Stichprobe umfasste sowohl international tätige Riesen wie amazon. de und books.ch als auch kleine Shops mit primär regionaler Ausrichtung.
Und sie brachte Ernüchterndes zu Tage: Von den 30 Shops vermochten nämlich mit den Buchhandlungen lesen.ch und books.ch, dem Supermarkt leshop.ch, dem Reiseveranstalter kuoni.ch sowie dem Velohändler simpel.ch nur fünf Anbieter sämtlichen Anforderungen zu genügen. Das ist angesichts der nicht sonderlich strengen Kriterienliste enttäuschend.
Oft fehlen Hinweise zum Datenschutz
Den hinteren Teil der Rangliste «zieren» elf vorwiegend kleinere, wenig bekannte Shops. Sie versagten in fünf oder mehr Punkten. Die etablierten Anbieter konnten sich grösstenteils in der ersten Hälfte platzieren.
In der K-Tipp-Stichprobe sieht es - genau so wie in der VZBV-Studie - vorab bezüglich der Informationen zum Datenschutz düster aus. Bei 15 Shops fehlten Angaben darüber, wer Zugang zu den Kundendaten hat und ob diese gespeichert, für Werbezwecke verwendet oder gelöscht werden. Und gar bei 18 Shops fehlte die Zusicherung, dass man die Daten nicht an Dritte weitergeben werde.
14 Shops wiederum liessen Angaben zu Widerruf der Bestellung sowie Rückgabe oder Umtausch der Ware vermissen. Das ist umso ärgerlicher, als die Schweiz bislang bloss ein eingeschränktes Widerrufsrecht kennt: Ein Rücktritt (innert sieben Tagen) ist praktisch nur bei Verträgen möglich, die auf Werbefahrten, an Werbeveranstaltungen oder an der Haustür unterzeichnet wurden (siehe Seite 3).
Besonders wichtig wäre ein Widerrufsrecht in Fällen, in denen der letzte Mausklick zur Bestellung nicht klar als solcher erkennbar ist. Da kann es leicht zu unfreiwilligen Einkäufen kommen.
In der Stichprobe tauchte dieses Problem bei den vier Online-Shops bol.ch, impuls-sport.ch, hubacherhifi. ch und prawda-records.ch auf. Vom K-Tipp darauf angesprochen versprachen die ersten zwei, den Mangel sofort zu beheben. Prawda-Records versicherte, bei Fehlbestellungen nehme man «alles wieder zurück». Und Hubacher Hifi gibt inzwischen auf seiner Website wenigstens an, dass man Bestellungen innerhalb eines Werktages annullieren kann.
Migros sammelt im Internet viele Daten
Übrigens: Fast alle Online-Shops sicherten zu, die meisten festgestellten Schwachpunkte auszumerzen. Einige haben dies bereits getan.
Die Möglichkeit allerdings, Waren per Rechnung und somit erst dann zu bezahlen, wenn man sie bekommen und geprüft hat, wollen diverse Shops weiterhin nicht bieten. Sie betonen fast unisono, schlechte Erfahrungen mit säumigen Zahlern gemacht zu haben.
Bei der Migros will man ferner auch daran festhalten, die Kunden nach Daten (zum Beispiel Kinderzahl, Berufstätigkeit, Tiere im Haushalt) zu fragen, die für die Online-Einkäufe irrelevant sind. Migros-Sprecher Urs Peter Naef: «Wir finden, es wird gut kommuniziert, dass diese Angaben freiwillig sind.»
Fast nichts ändern schliesslich will das Schlusslicht der Stichprobe, der Punk- und Hardcore-Shop Prawda-Records: Als reiner Szene-Shop könne und wolle man nicht nach gängigen Regeln arbeiten, sagt Chef Peter Bader und fügt hinzu: «Wir haben kein Interesse daran, Kundschaft ausserhalb dieser Szene zu gewinnen.»