Poststellen sterben in Raten
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K-Tipp 4/2000
23.02.2000
Schmalspur-Post: Schleichender Abbau des Service public.
Der Gelbe Riese verärgert Kunden nicht nur mit höheren Tarifen für Briefe und Pakete. Laufend Abstriche auch beim Service: Die Post schliesst Filialen, kürzt Schalterzeiten und leert Briefkästen immer seltener.
Am 31. Januar schloss das Postbüro in Eigen-thal LU. Die 58 Haushaltungen im Bergdorf sind jetzt aufs benachbarte Schwarzenberg angewiesen. Damit die Eigenthaler nicht wegen jeder Kleinigkeit dort...
Schmalspur-Post: Schleichender Abbau des Service public.
Der Gelbe Riese verärgert Kunden nicht nur mit höheren Tarifen für Briefe und Pakete. Laufend Abstriche auch beim Service: Die Post schliesst Filialen, kürzt Schalterzeiten und leert Briefkästen immer seltener.
Am 31. Januar schloss das Postbüro in Eigen-thal LU. Die 58 Haushaltungen im Bergdorf sind jetzt aufs benachbarte Schwarzenberg angewiesen. Damit die Eigenthaler nicht wegen jeder Kleinigkeit dorthin an den Schalter rennen müssen, bietet die Post jetzt einen Hausdienst an: Wer einen Brief verschicken oder eine Rechnung einzahlen will, hängt ein entsprechendes Schild an die Haustüre. Und der Briefträger erledigt den Auftrag.
"Das ist kein vollwertiger Ersatz", klagt Anwohnerin Anna Bolzern, 65. "Der Pöstler taucht nur einmal im Tag kurz auf, die Poststelle aber war einige Stunden offen."
"Natürlich haben alle Einwohner die Schliessung bedauert, aber auf die Barrikaden stieg deswegen niemand", sagt Margrit Lipp. Sie hat mit ihrem Mann Hansruedi das Postbüro in Eigenthal bis zuletzt verwaltet.
500 Poststellen sind seit 1970 verschwunden
Poststerben - ein schleichender Prozess: Seit 1970 sind in der Schweiz 500 Postbüros verschwunden - allein 1999 deren 73.
Bereits im Oktober 1999 schlossen die Postbüros in Burg BL und Mariastein SO im Leimental. Seither pendelt zweimal täglich ein gelber Fiat zwischen den Dörfern. Aufschrift: "Mobile Post, 4117 Leimental". Das Pionierprojekt soll bald auch an anderen Orten Schule machen.
Von der Post selber wird das Modell jetzt schon als Erfolg gefeiert. "Wir sparen Kosten, der Kundschaft bleibt die Grundversorgung erhalten", redet Post-Pressesprecherin Brigitte Rossetti den Leistungsabbau schön.
Ein Zwischenbericht des postinternen Projekts "Optima" löste einen Sturm der Entrüstung aus. Im Dezember sickerten Zahlen an die Öffentlichkeit durch. Demnach plant die Post, ihr Filialnetz in den grossen Städten zu halbieren. Das soll in forschem Tempo - innerhalb von vier Jahren - passieren.
Konzernleitung zumUmdenken zwingen
Dieses Szenario schreckte die Bevölkerung auf. Die Gewerkschaft Kommunikation sammelt jetzt landes-weit Unterschriften "Gegen die Schliessung der Hälfte der Poststellen". Pressesprecher Samuel König: "Wir wollen auf die Konzernleitung Druck ausüben, die Abbaupläne nochmals zu überdenken."
In Genf, wo die Poststelle St-Jean bereits Ende 99 ihre Pforten schloss, gingen betroffene Anwohner mehr-mals auf die Strasse - ein Vorgeschmack, was drohen könnte, wenn die Post mit ihren Plänen in Zürich, Basel oder Bern Ernst macht.
So weit ist es im Augenblick noch nicht. Die Verantwortlichen der Post haben ihre ursprünglichen Vorhaben leicht zurückgestutzt. Sie versuchen jetzt, das Projekt Optima herunterzuspielen. "Optima ist ein Prozess mit dem Ziel, das Poststellennetz zu optimieren", verlautet Rossetti. Trotz alledem: Ziel der Post bleibt es, in den nächsten vier Jahren 300 Filialen, vornehmlich in städtischen Gebieten, wegzuradieren. In Luzern etwa werden derzeit 8 der 13 Poststellen "genauer überprüft".
Künftig drei Kategorien bei Postfilialen
Die Zukunft sieht nicht rosig aus: Die Post wird ihr Filialnetz in drei Kategorien klassifizieren.
° PPP: Drei P erhalten die rund 100 geplanten Kompetenzzentren.
° PP: Zwei P gibt es für 1400 Postfilialen, die in etwa noch das heutige Leistungsangebot aufweisen.
° P: 1800 Poststellen müssen sich künftig mit einem P begnügen. Dort werden die Öffnungszeiten auf zwei bis vier Stunden reduziert.
"Die kleinen Poststellen mit einem P werden früher oder später definitiv verschwinden", so König.
Keine Zahlen gibt die Post bekannt über den schleichenden Leistungsabbau, der vor allem in zwei Bereichen erfolgt:
° Schalter-Öffnungszeiten: Viele Postschalter sind heute nur noch stundenweise bedient. Die Salamitaktik: Zuerst blieben sie an gewissen Nachmittagen geschlossen, dann wurden die Öffnungszeiten auch an Vormittagen eingeschränkt, schliesslich die Samstage gestrichen.
° Briefkästen: Noch stärker reduziert die Post ihr