Reisen buchen ohne Risiko
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K-Tipp 18/2001
31.10.2001
Die SKS fordert: Alles, was Kunden im Reisebüro buchen, soll in jedem Fall abgesichert sein
Das Swissair-Debakel macht deutlich: Das Pauschalreisegesetz hat Mängel. Es «straft» Konsumenten, die nur einzelne Leistungen buchen. Sie gehen im Schadensfall oft leer aus.
Patrick Gut pgut@ktipp.ch
Wegen des Swissair-Debakels werden möglicherweise Abertausende von bereits bezahlten Swissair-Tickets wertlos. Zwar bietet das Pauschalreisegesetz einen gewis...
Die SKS fordert: Alles, was Kunden im Reisebüro buchen, soll in jedem Fall abgesichert sein
Das Swissair-Debakel macht deutlich: Das Pauschalreisegesetz hat Mängel. Es «straft» Konsumenten, die nur einzelne Leistungen buchen. Sie gehen im Schadensfall oft leer aus.
Patrick Gut pgut@ktipp.ch
Wegen des Swissair-Debakels werden möglicherweise Abertausende von bereits bezahlten Swissair-Tickets wertlos. Zwar bietet das Pauschalreisegesetz einen gewissen Schutz bei Pauschalreisen. Doch wer nur einen SwissairFlug gebucht hat, profitiert nicht davon.
Im Klartext: Geht ein Vermittler oder Veranstalter von Pauschalreisen Konkurs oder wird er zahlungsunfähig, muss der Garantiefonds der schweizerischen Reisebranche einspringen.
Glück hat also, wer direkt bei der Swissair eine Pauschalreise gebucht hat. Die Swissair ist nämlich Mitglied beim Garantiefonds. Gegenüber ihren Kunden tritt sie als Veranstalterin dieser Pauschalreisen auf. Wird also die Swissair zahlungsunfähig, kommt der Garantiefonds zum tragen - aber nur in diesen Fällen.
«Bezahlte Leistung muss immer gesichert sein»
Für Simonetta Sommaruga, Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), ist das unhaltbar. Sie verlangt, dass «die Konsumentin eine Leistung, die sie im Voraus bezahlt, abgesichert haben muss». Ganz gleich, ob es sich um eine Pauschalreise oder um eine Einzelleistung (z. B. Flug oder Automiete) handle.
Sommaruga fordert deshalb: «Wer in der Schweiz solche Dienstleistungen anbieten will, soll nachweisen, dass sie abgesichert sind.» Die Konsumentenschützerin will allerdings nicht, dass der Staat der Reisebranche vorschreibt, wie eine solche Absicherung auszusehen hat.
Voraussichtlich noch in der Sondersession vom November wird SP-Nationalrätin Sommaruga einen Vorstoss in diese Richtung einreichen. Dieser wird wahrscheinlich auf eine Revision des Pauschalreisegesetzes abzielen. Für Sommaruga steht eine Lösung im Vordergrund, die auf Ersatzleistungen und nicht in erster Linie auf Rückzahlung basiert. Sie geht davon aus, dass die Kundinnen und Kunden in erster Linie ihre Reise antreten wollen. «Das Reisebüro müsste ohne Zusatzkosten für die Kundschaft für einen Ersatzflug sorgen», sagt Sommaruga.
Reisebranche möchte Büros und Kundschaft absichern
Was die Absicherung von Einzelleistungen anbelangt, stösst Sommaruga beim Präsidenten des Reisebüro-Verbandes, Urs Bauer, auf offene Ohren: «Für die Reisebranche wäre es am einfachsten, wenn sowohl die Kundschaft als auch die Büros in jedem Fall abgesichert wären.» Man werde sich jetzt Gedanken machen, wie dies zu bewerkstelligen sei. Drei Varianten sind denkbar:
- Absichern mit Fonds: Das Schweizer Reisebüro erhebt auf den Rechnungsbetrag einen bestimmten Prozentsatz. Diese Beträge fliessen in einen Fonds. Geld aus diesem Fonds wird dann ausbezahlt, wenn ein Reisebüro, eine Airline oder ein Autovermieter seine Leistung nicht mehr erbringen kann.
Bauer gibt aber zu bedenken, dass ein Prozent der Rechnungssumme kaum ausreichen würde.
Er befürchtet zudem, dass dies den Wettbewerb verzerren und ausländische Unternehmen bevorteilen könnte. Eine ausländische Fluggesellschaft zum Beispiel könnte sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, indem sie bei direkt verkauften Tickets das Sicherheitsprozent nicht erheben würde. Das Modell sei zum Scheitern verurteilt, weil «die Konsumenten nicht konsequent sind. Sie wollen zwar abgesichert sein, greifen aber trotzdem beim günstigsten Angebot zu.»
Für Simonetta Sommaruga ist das kein Argument. «Wer im Ausland oder bei einer Airline direkt bucht, erhofft sich daraus Preisvorteile. Dafür muss er den Nachteil in Kauf nehmen, nicht abgesichert zu sein.»
- Absichern mit Versicherung: Eine zweite Variante ist die Versicherungslösung. Gemäss Urs Bauer gehen die Versicherungen beim Berechnen der Prämie jeweils vom höchstmöglichen Risiko aus. «Dies käme dann schlicht zu teuer.»
- Multinationale Lösung: Grosse Hoffnung setzt Bauer in den so genannten Passenger Protection Plan (PPP) der internationalen Luftverkehrsorganisation IATA. Mit einer Abgabe von 45 US-Cent pro Ticket will man die Flugbillette weltweit absichern. Diese Lösung wäre länderübergreifend. Bereits Ja gesagt hat ein schweizerisches Gremium bestehend aus Vertretern der Reisebüros und der Airlines, welche die Schweiz anfliegen. Umgesetzt würde der PPP allerdings nur, wenn genügend Länder mitmachen; und das ist momentan unklar.
Sommaruga begrüsst die länderübergreifenden Bemühungen der IATA. «Die Reisebranche sollte aber nicht zuwarten, bis eine internationale Lösung zu Stande kommt, sondern selber auch aktiv werden.»
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Ein Fall für Juristen und Richter
Wer zahlt den Schaden, der durch ausgefallene Swissair-Flüge verursacht worden ist? Vermutlich werden die Richter entscheiden müssen.
Wer eine Pauschalreise inklusive Swissair-Flug gebucht hat, komme dank Pauschalreisegesetz mit einem blauen Auge davon, hiess es zunächst. Inzwischen ist dies alles andere als gewiss.
Momentan streiten die Juristen über die Definition von «Pauschalreise» und darüber, ob das Swissair-Debakel vorhersehbar war.
Was ist eine Pauschalreise?
Der Kunde des Reisebüros sucht sich aus einem Katalog auf Seite 10 einen Flug aus, auf Seite 40 findet er ein passendes Hotel. Gilt eine solche Baukastenreise als Pauschalreise, wie es der allgemeinen Rechtsmeinung entspricht und wie unter anderen Reiserechtler Vito Roberto in seinem Kommentar zum Pauschalreisegesetz schreibt? Die Reisebranche sagt Nein und behauptet: «Eine Reise ist nur dann eine Pauschalreise, wenn sie im Katalog als Päckli angeboten wird.»
Tipp: Bestehen Sie gegenüber Ihrem Reisebüro darauf, dass Sie auch für eine Baukastenreise entschädigt werden.
War das Swissair-Debakel vorhersehbar?
Erbringt bei einer Pauschalreise einer der Beteiligten (Autovermieter, Hotel oder Airline) seine Leistung nicht, haftet der Vermittler oder Veranstalter der Reise gegenüber den Kunden. So steht es im Pauschalreisegesetz. Die Haftung entfällt jedoch, falls die Nichterfüllung des Vertrags «auf höhere Gewalt zurückzuführen ist oder auf ein Ereignis, das der Vermittler oder Veranstalter nicht vorhersehen konnte»
Jetzt behauptet die Reisebranche, das Swissair-Debakel sei nicht vorhersehbar gewesen. Und will sich auch mit dieser Begründung vor der Haftung drücken.
Gemäss Vito Roberto zählt das Argument nicht. Unvorhersehbarkeit könnten die Veranstalter nur geltend machen im Zusammenhang mit Schäden, die den Kunden wegen ausgefallener Swissair-Flüge entstehen (zum Beispiel wegen verspäteter Rückreise). «In Bezug auf die ausgefallenen Flüge selber hingegen gilt dieses Argument gemäss Gesetz nicht.»