Schluss mit schlechten Noten
Jeder fünfte Schüler büffelt heute in der Freizeit für die Schule. Experten warnen: Privatlektionen helfen nur vorübergehend, als Dauerzustand taugen sie nicht.
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K-Tipp 14/2005
07.09.2005
Vera Sohmer - vera.sohmer@ktipp.ch
An privaten Nachhilfeschulen boomen besonders jene Kurse, in denen Kinder fit gemacht werden für die Aufnahmeprüfungen in die Sekundarschule oder ins Gymnasium. Eltern, die es sich leisten können, greifen für die Kurse tief in die Tasche: Am Zürcher Lernstudio beispielsweise kostet ein Sek-Prüfungsvorbereitungskurs mit 56 Lektionen 2610 Franken. Für die 20 Lektionen umfassenden Kurse, die auf die Gymnasium-Prüfung vorbereiten, verlangt das Berner Kick Lernstudio 960 Franken.
An privaten Nachhilfeschulen boomen besonders jene Kurse, in denen Kinder fit gemacht werden für die Aufnahmeprüfungen in die Sekundarschule oder ins Gymnasium. Eltern, die es sich leisten können, greifen für die Kurse tief in die Tasche: Am Zürcher Lernstudio beispielsweise kostet ein Sek-Prüfungsvorbereitungskurs mit 56 Lektionen 2610 Franken. Für die 20 Lektionen umfassenden Kurse, die auf die Gymnasium-Prüfung vorbereiten, verlangt das Berner Kick Lernstudio 960 Franken.
Dass sich Eltern für die Ausbildung ihrer Kinder ins Zeug legen, bezeichnet Matthias Gubler von der Berufs- und Studienberatung des Kantons Zürich als erfreulich. Aber es drohe die Gefahr, dass Schüler in Leistungsstufen gedrängt würden, in denen sie permanent überfordert seien. Und hier ist Nachhilfe ganz klar falsch - sagen selbst jene, die am privaten Zusatzunterricht verdienen: Anton Jungen vom Kick Lernstudio betont, dass jedes Kind nach seinen Möglichkeiten gefördert werde. Aber: «Wir bringen niemanden in die Sek oder ins Gymnasium, der die Ressourcen nicht mitbringt.»
Deshalb: Eltern sollten zuerst klären, was das Kind wirklich braucht. Fehlt es ihm an Disziplin oder an der nötigen Ruhe für die Hausaufgaben? Tut es sich mit dem Schulstoff schwer? Oder braucht es eine bessere Lerntechnik? So wird es einfacher, die richtige Nachhilfe und die geeignete Lehrperson zu finden. Und oft stellt sich heraus, dass teure Lektionen gar nicht unbedingt nötig sind.
Drei Beispiele:
- Die 9-jährige Elvira hat die Matheaufgaben verstanden, braucht aber jemanden, der mit ihr übt. Das kann auch ein Schüler einer höheren Klasse, der sich vielleicht sogar im Bekanntenkreis findet.
- Der 10-jährige Peter hingegen hat Probleme, die Matheaufgaben zu verstehen. Hier empfiehlt sich eine didaktisch ausgebildete Person, die aber nicht unbedingt eine Lehrkraft sein muss. Denn: Ältere Schüler und Studenten erklären den Stoff oft kindgerechter.
- Der 11-jährige Christian muss Unterrichtsstoff aufarbeiten, weil er längere Zeit krank war. Das kann am besten ein ausgebildeter Lehrer.
Als Faustregel gilt: Je besser ausgebildet die Nachhilfekraft, desto höher der Stundenlohn. Wer sein Kind in den Einzelunterricht bei einem diplomierten Lehrer schickt, muss mit bis zu 80 Franken pro Lektion rechnen. «Zählt man die Fixkosten für die Infrastruktur der Nachhilfeschulen dazu, sind 100 Franken schnell beisammen», sagt Beat W. Zemp, Präsident des Dachverbands Schweizer Lehrerinnen und Lehrer. Allerdings: Richtlinien gibt es keine.
Online-Börsen als günstigere Alternative
Sich überlegen, ob es zur teuren Nachhilfeschule auch eine Alternative gibt, kann sich lohnen: So arbeiten zum Beispiel Online-Vermittlungsbörsen günstiger als Nachhilfeschulen, weil sie meist Studierende einsetzen, die zu den Schülern nach Hause kommen (Tarife siehe Tabelle). Und wie wissen Eltern, ob die Kinder gut unterrichtet werden? «Wir holen uns von jedem Schüler ein Feedback und setzen Studenten mit Nachhilfe-Erfahrung ein», sagt Christian Fink, Geschäftsführer der Vermittlungsbörse www.unterricht.ch.
Checkliste für Eltern
- Vergleichen Sie Angebote und Preise. Klären Sie ab, was im Preis alles inbegriffen ist. Müssen Sie zum Beispiel das Unterrichtsmaterial extra bezahlen?
- Informieren Sie sich über die Ausbildung und Qualität der Nachhilfekräfte. Werden diese regelmässig geschult? Wenn es Schüler und Studierende sind, sollten sie wenigstens Erfahrung mit Nachhilfeunterricht haben.
- Fragen Sie, ob Ihr Kind den Lehrer wechseln kann, falls es Schwierigkeiten geben sollte.
- Achten Sie auf die Qualität des Unterrichtsmaterials und lassen Sie sich alle Bücher und Arbeitsblätter zeigen.
- Zertifikate wie Eduqua (www.eduqua.ch) können eine Richtschnur für die Qualität der Nachhilfeschule sein. Verlassen Sie sich aber nicht allein auf das Label. Verschaffen Sie sich lieber selber einen Überblick.
- Vorsicht bei vollmundigen Versprechen. Seriöse Anbieter werben nicht mit Schlagzeilen wie «Schwierigkeiten in der Schule? Null Problem.» Oder: «Neun von zehn Schülern verbessern sich in Rekordzeit um drei Noten.»
- Die Nachhilfe sollte sich an den Methoden des Schulunterrichts orientieren. Ihr Kind wird sonst schnell verwirrt und verunsichert.
- Für Nachhilfe in der Gruppe gilt: Nicht mehr als vier Kinder, nur ein Fach, gleiche Klassenstufen.
- Jede Gruppe sollte ein eigenes Zimmer haben. Lassen Sie sich die Unterrichtsräume zeigen: Sind sie ruhig und hell, herrscht eine angenehme Atmosphäre?
- Lassen Sie sich vom Nachhilfelehrer regelmässig über die Fortschritte Ihres Kindes informieren.
- Eine gute Nachhilfeschule entlässt Ihr Kind sofort, wenn das Ziel erreicht ist.
- Auf keinen Fall sollten Sie gleich einen Vertrag abschliessen. Führen Sie zuerst ein ausführliches und kostenloses Beratungsgespräch. Fragen Sie, ob Ihr Kind eine Gratis-Schnupperlektion besuchen darf.
- Lesen Sie die Vertragsbedingungen genau. Achten Sie auf möglichst kurze Kündigungsfristen, und lassen Sie sich nicht darauf ein, das ganze Kursgeld im Voraus zu bezahlen.