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K-Tipp 13/2000
23.08.2000
Ob per Fax, E-Mail oder SMS: Unverlangte Werbung ist unlauter
Unerwünschte Fax-Werbung verstösst gegen das Gesetz, sagt die Lauterkeitskommission in einem neuen Entscheid. Juristen gehen sogar noch weiter: Das Urteil sei auch auf E-Mail- und SMS-Werbung anwendbar.
Thomas Müller tmueller@k-tip.ch
Stephan Bitterli interessiert sich nicht für das Computerspiel «Die Rache der Sumpfhühner». Und auch das Video über den Kampfjet F/A-18 kann ihm gesto...
Ob per Fax, E-Mail oder SMS: Unverlangte Werbung ist unlauter
Unerwünschte Fax-Werbung verstösst gegen das Gesetz, sagt die Lauterkeitskommission in einem neuen Entscheid. Juristen gehen sogar noch weiter: Das Urteil sei auch auf E-Mail- und SMS-Werbung anwendbar.
Thomas Müller tmueller@k-tip.ch
Stephan Bitterli interessiert sich nicht für das Computerspiel «Die Rache der Sumpfhühner». Und auch das Video über den Kampfjet F/A-18 kann ihm gestohlen bleiben. Überhaupt ärgert sich der Hochbauzeichner aus Reigoldswil BL über die Werbeseiten, die sein Fax alle paar Wochen ausspuckt. Absender ist meist die Genfer Firma Somotrading AG.
«Ich habe dieser Firma schon mehrmals zurückgefaxt, sie solle endlich aufhören», sagt Bitterli, «aber es hat nichts genützt.» Jetzt will er «diesen frechen Brüdern das Handwerk legen».
Die Chancen dafür stehen so gut wie nie zuvor. Denn die Schweizerische Lauterkeitskommission, ein Selbstkontroll-Organ der Werbebranche, hat Somotrading am 17. Mai 2000 in einem anderen Fall gerügt. Sie stufte das unverlangte Zusenden von Fax-Werbung als «aggressive Verkaufsmethode» ein, die gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstösst.
Dieses Werbeverbot gilt nicht - wie bisher - nur nachts, sondern zu jeder Tageszeit. Und: Auch Konsumenten ohne Stern im Telefonbuch-Eintrag können sich darauf berufen.
Damit nicht genug: Der Grundsatzentscheid der Lauterkeitskommission lässt sich auch auf Werbung via E-Mail und Kurzmitteilung aufs Natel (SMS) anwenden. So zumindest sieht es der Luzerner Anwalt Lukas Fässler, der den Entscheid gegen Somotrading erwirkt hat: «Jegliches Spamming, also das unverlangte Verbreiten von Massenwerbung via Telefon oder Internet, ist unlauter.»
Störend und teuer
Mit dieser Ansicht ist Fässler in guter Gesellschaft. Mischa Senn, juristischer Fachexperte der Lauterkeitskommission, bestätigt: «Unerwünschte Werbebotschaften und Verkaufsangebote beeinträchtigen den Persönlichkeitsbereich des Empfängers unabhängig davon, über welches Medium die Nachrichten übermittelt werden.»
Konsumentinnen und Konsumenten haben also ab sofort gute Chancen, sich gegen lästige E-Mail-, SMS- und Fax-Werbung zu wehren. Das ist nicht mehr als recht. Denn unerbetene Werbesendungen stören den Adressaten nicht nur - zum Beispiel wenn nachts das Rufsignal des Faxgeräts ertönt -, sie verursachen ihm auch Kosten (Faxpapier) und stehlen seine Zeit. So muss der Internet-Nutzer unerwünschte Werbe-Mails mühsam aussortieren und dafür erst noch Telefongebühren zahlen.
Allerdings: In zwei Fällen muss der Konsument unverlangte Werbung hinnehmen:
- Wenn er bereits Kunde des Werbenden ist oder sich selber in dessen Mailingliste eingetragen hat.
- Wenn das beworbene Produkt in sein Interessengebiet fällt, zum Beispiel weil er beruflich mit solchen Produkten zu tun hat. Der Zusammenhang zwischen dem Angebot und der Tätigkeit des Empfängers muss aber klar sein. «Es ist sicher nicht die Meinung», so der Experte Mischa Senn, «dass sich alle Autofahrer Werbung für Radar-Warngeräte bieten lassen müssen.»
Radar-Warngeräte werden übrigens häufig aus Deutschland beworben. Gegen ausländische Spammer hilft das Urteil der Lauterkeitskommission zwar nicht. Betroffene Konsumenten können sich aber innerhalb Europas auf EU-Richtlinien berufen, die das Spamming einschränken.
Besserung gelobt
Schweizer Firmen wollen sich indessen an die neuen Vorgaben halten, wie eine K-Tip-Umfrage bei einigen Versendern von Fax-Werbung ergab. Glaubt man ihren Beteuerungen, werden die Konsumenten in Zukunft höchstens noch «irrtümlich» unverlangte Angebote erhalten.
Die Firma Somotrading, die in der Schweiz pro Jahr 10 Millionen Faxe verschickt, will inskünftig den folgenden Satz in ihre Schreiben aufnehmen: «Falls Sie keine weiteren Fax-Mitteilungen wünschen, teilen Sie uns bitte Ihre Fax-Nummer mit.» Das ist für Anwalt Fässler aber der falsche Ansatz: «Es ist nicht Sache des Konsumenten, sich zu wehren, sondern Sache der Unternehmung, sich lauter zu verhalten.»
Internetadressen zum Thema:
- www.lauterkeit.ch
- www.jurisnet.com
So wehren Sie sich
Wenn Sie von ungebetenen Werbesendungen verschont bleiben wollen, gehen Sie wie folgt vor:
- Sammeln Sie die erhaltene Werbung, indem Sie sie ausdrucken (E-Mails), aufbewahren (Fax) oder speichern (SMS).
- Schicken Sie dem fraglichen Unternehmen eingeschrieben den oben rechts stehenden Musterbrief. Sie können den Brief auch von der K-Tip-Homepage herunterladen (www.k-tip.ch). Bewahren Sie eine Kopie des Briefes sowie den Post-Beleg auf.
- Bei unerwünschter E-Mail-Werbung: Orientieren Sie den Provider des Junk-Mail-Absenders schriftlich darüber. Einzelne Provider verbieten nämlich in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen das Versenden unverlangter Massenpost. Dem spammenden Kunden droht eine Konventionalstrafe oder die Vertragsauflösung. Den Namen des Providers finden Sie meist in der E-Mail-Adresse des Absenders.
- Wenn die unerbetenen Werbesendungen nicht aufhören, stellen Sie innert drei Monaten bei der Polizei einen Strafantrag wegen Verletzung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Das kostet Sie nichts. Der Strafrichter ist zwar nicht an den Entscheid der Lauterkeitskommission gebunden, aber er wird sich auch nicht grundlos darüber hinwegsetzen. Bei einer Verurteilung droht den verantwortlichen Personen laut Gesetz «Gefängnis oder Busse bis 100 000 Franken».
- Ausserdem können Sie bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission, Kappelergasse 14, 8001 Zürich, unentgeltlich eine Beschwerde einreichen. Die Sanktionsmöglichkeiten der Kommission sind allerdings beschränkt: Sie kann eine fehlbare Firma mahnen oder aus dem Fachverband ausschliessen; ausserdem kann sie den Entscheid publizieren. Ein Beschwerdeformular finden Sie auf der Internetseite www.lauterkeit.ch