Ein früherer Exponent der Schneeball-Szene vermittelte Policen der Aspecta und Fonds-Sparpläne
Boris Jaeggi war beim Abzockersystem Mega Star Business an vorderster Front dabei - und wurde dafür gebüsst. Nun wenden sich seine neuen Geschäftspartner von ihm ab.
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Mega Star Business (MSB): So hiess ein deutsches Schneeballsystem, das in den Jahren 1995 und 1996 Furore machte - auch in der Schweiz. Der Aufbau war ähnlich wie beim berüchtigten Kings Club: Verdienen konnte nur, wer neue Teilnehmer und damit Einzahler anwarb.
Auch das Ende war für die naiven Mitspieler gleich bitter wie beim Kings Club: Viele verloren ihren ganzen Einsatz, nachdem sie 5900 DM als Einstieg gezahlt hatten.
Dafür konnten die Verantwortlichen an der Spitze des Systems kräftig absahnen. «Kapitalismus für Dumme» titelte deshalb der K-Tipp im Dezember 1995.
Lotteriegesetz missachtet: 5000 Franken Busse
Einer der aktivsten Schweizer Vermittler, der dem deutschen Abzockersystem die «Dummen» zuführte, war der heute 42-jährige Basler Boris Jaeggi.
Seine Vermittlungstätigkeit für das nach Schweizer Recht illegale System hatte unangenehme Folgen: Das Bundesgericht hat im Dezember 1997 eine Busse von 5000 Franken bestätigt, die ihm der Polizeigerichtspräsident von Arlesheim BL aufgebrummt hatte. Der Tatbestand: mehrfache Widerhandlung gegen das Lotteriegesetz.
«MSB war eine interessante Erfahrung»
«Ich würde nicht mehr einsteigen», sagt Jaeggi heute. Nach dem Urteilsspruch aus Lausanne habe er seine Aktivitäten für MSB «sofort eingestellt». Insgesamt sei das Ganze aber «eine interessante Erfahrung» gewesen. Und: Viele seiner MSB-Kollegen hätten heute «Top-Anstellungen in der Privatwirtschaft».
Das Urteil hinderte Jaeggi aber nicht, weiterhin für ein schneeballähnliches System namens Successful Living auf Kundenfang zu gehen: Noch 1998 verkaufte er teure Persönlichkeitsschulungs-Kurse, die 5400 Franken kosteten, deren Qualität aber sehr umstritten ist.
Auch hier ging es für die Kursteilnehmer im Wesentlichen darum, neue Leute zum Mitmachen zu animieren.
Das Bundesamt für Polizeiwesen schrieb, es sei «aufgrund der Erfahrungen bei ähnlichen Organisationen» anzunehmen, dass die Teilnehmer ihre Haupteinkünfte «fast ausschliesslich aus der Rekrutierung neuer Teilnehmer erwirtschafteten».
«Heute würde ich nicht mehr in einem schneeballähnlichen System mitarbeiten», beteuert Jaeggi. «Aus Fehlern sollte man lernen.» Diese Einsicht ist löblich. Sie hat aber Iris Staudenmann (Name geändert) wenig genützt: Die Frau hat viel Geld verloren, weil sie im Jahr 2000 in die Fänge von Jaeggi geriet; er nennt sich nun «unabhängiger Versicherungs- und Finanzberater.»
- Zuerst riet ihr Jaeggi, die bestehende Lebensversicherung bei der Basler frühzeitig zu kündigen. So verlor sie rund 4500 Franken.
- Dann empfahl ihr Jaeggi, 5000 Franken der Bank Pictet zu überweisen. Das Geld war bestimmt für einen FondsSparplan der Zuger Vermögensverwaltungsfirma BFW; das betreffende Produkt ist auf eine mehrjährige Spardauer angelegt. Die Frau musste das Geld aber schon nach zehn Monaten zurückziehen - und verlor so 770 Franken. Davon gingen 250 Franken an Jaeggi als «Beratungs»-Provision.
- Weil die Frau für ihre zwei Kinder sparen will, vermittelte ihr Jaeggi zwei Fonds-Policen bei der Versicherungsgesellschaft Aspecta. Doch nach elf Monaten wollte die Frau die Prämien nicht mehr zahlen und kündigte den Vertrag; so hätte sie die total einbezahlten 2200 Franken komplett verloren. Die Aspecta hatte aber ein Einsehen und schickte der Frau das Geld zurück. Vermittler erhalten beim Verkauf einer solchen Police mit sehr langer Laufzeit bis zu 1300 Franken Provision.
Seine Vermittlungsgeschäfte tätigte Jaeggi über eine Firma namens BJK GmbH aus Schindellegi SZ.
Die Bank Pictet hat inzwischen reagiert: «Wir haben das Vertriebsnetz überprüft und sichergestellt, dass Personen wie Jaeggi uns keine Anträge zukommen lassen.»
Und auch die BJK hat die Zusammenarbeit mit Jaeggi Mitte Oktober gekündigt.
Sparen für die eigenen Kinder: Der Gang zur Versicherung ist meist der falsche Weg
Das Kindervorsorgeprogramm der Aspecta ist nicht so «einmalig», wie es die Verantwortlichen selber behaupten.
«Mit monatlich 100 Franken auf dem Weg zur eigenen Million»: So wirbt die in Vaduz FL beheimatete Versicherungsgesellschaft Aspecta für ihr Kindervorsorgeprogramm auf Fonds-Basis. Es sei «gut» und im Schweizer Markt «einmalig», schreibt Geschäftsführer Urs Keller.
Und so funktioniert es: Der Vater (oder die Mutter, es kann auch der Götti sein) unterschreibt einen Vertrag und verpflichtet sich darin, jeden Monat eine bestimmte Summe zu zahlen; das Geld kommt dereinst dem Kind zugute.
Die Laufzeit kann 40 oder mehr Jahre betragen - bis das «Kind» 60 ist. Stirbt der Prämienzahler, bevor das Kind 25 ist, zahlt die Versicherung die Prämie bis ins Alter 25 des Kindes weiter.
Ab Alter 25 kann das Kind selber weiterzahlen. Die so genannte Prämienbefreiung bei vorzeitigem Tod des Prämienzahlers ist unbestritten ein Vorteil. Dem stehen aber gravierende Nachteile gegenüber:
- Die Prämienbefreiung bei Invalidität des Prämienzahlers ist nicht versichert.
- Wer frühzeitig aus dem Vertrag aussteigt und die abgemachte Prämie nicht mehr zahlt, verliert in den ersten fünf Jahren das einbezahlte Geld komplett. So gesehen ist es besser, einen konventionellen Fonds-Sparplan ohne Versicherungsteilabzuschliessen, wie ihn die Banken anbieten. Bei einem «reinen» Fonds-Sparplan ist das einbezahlte Geld jederzeit in vollem Umfang verfügbar, und wenn der Einzahler seine Zahlungen stoppt, bleibt das Geld ohne negative Folgen weiter investiert.
- Wie bei allen Lebensversicherungen zahlt der Sparer beim Kindervorsorgeprogramm der Aspecta viel Geld für Abschlusskosten und damit Provisionen der Vermittler. So gehen die ersten zwei bis drei Jahresprämien allein für die Amortisation dieser Kosten drauf. Reine Fonds-Sparpläne sind für den Sparer bedeutend billiger.
- Unter seinesgleichen ist das Aspecta-Produkt nicht das beste. Ein vergleichbares Angebot der Pax rentiert gemäss einem Test besser (Quelle: Hansruedi Berger: «Finanziell sicher durchs Alter», zu bestellen für Fr. 29.40 inkl. Kosten bei: Berger, Kleindorfstrasse 14f, 8707 Uetikon).
- Die Gelder des Aspecta-Kindervorsorgeprogramms gehen in einen einzigen Aktienfonds der Credit Suisse. Dieser Fonds taucht in den entsprechenden Fonds-Ranglisten nie auf vorderen Rängen auf. In der aktuellen Ausgabe von K-Geld, die sich der Fonds-Kategorie «Aktien weltweit» widmet, ist er nicht auf den ersten zehn Plätzen zu finden. Die Aspecta sagt dazu, langfristig sei das ein guter Fonds ohne extreme Ausschläge nach oben oder unten in der Wertentwicklung.
- Die Aspecta vertreibt ihre Produkte in der Schweiz in erster Linie über freie Makler und Vertriebsorganisationen, aber auch über so genannte Strukturvertriebe, die nicht den besten Ruf geniessen - wie zum Beispiel First, eine Abspaltung des umstrittenen Policenvermittlers WNB. Die Gefahr ist also gross, dass potenzielle Kunden an Verkäufer geraten, die nicht gute Beratung, sondern nur ihre Provision im Kopf haben. «Wir haben schon oft Verträge mit unseriösen Vermittlern gekündigt», betont Aspecta-Geschäftsführer Urs Keller.
Fazit: Wer für seine Kinder sparen will, sollte einen «reinen» Fonds-Sparplan abschliessen (Test im K-Tipp 1/01). Gute Angebote haben Profitline, Swissca, Zürich und CS.