Schutz trotz Zahlungsrückstand
Zahlt ein Arbeitgeber die Prämien für eine betriebliche Versicherung nicht mehr, darf die Gesellschaft die Leistungen nicht einfach einstellen. Sie muss den Betrieb korrekt mahnen. So hat das Bundesgericht entschieden.
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K-Tipp 11/2012
26.05.2012
Letzte Aktualisierung:
28.05.2012
Beatrice Walder K-Tipp
Der Radio- und Fernsehtechniker Jens Kramer (Name geändert) ahnte nichts von den Zahlungsschwierigkeiten seines Chefs. Doch dann kündigte ihm dieser die Arbeitsstelle aus «wirtschaftlichen Gründen». Kurz darauf erlitt Kramer einen Bandscheibenvorfall und konnte vorübergehend nicht mehr arbeiten.
Doch die Krankentaggeldversicherung des Betriebes, die Axa Winterthur, wollte keinen Lohnersatz zahlen. Ihre Begründung: Der Betrieb habe die...
Der Radio- und Fernsehtechniker Jens Kramer (Name geändert) ahnte nichts von den Zahlungsschwierigkeiten seines Chefs. Doch dann kündigte ihm dieser die Arbeitsstelle aus «wirtschaftlichen Gründen». Kurz darauf erlitt Kramer einen Bandscheibenvorfall und konnte vorübergehend nicht mehr arbeiten.
Doch die Krankentaggeldversicherung des Betriebes, die Axa Winterthur, wollte keinen Lohnersatz zahlen. Ihre Begründung: Der Betrieb habe die Prämien nicht mehr gezahlt, der Versicherungsschutz sei erloschen.
Kramer wehrte sich dagegen bis vor Bundesgericht und erhielt recht: Es entschied Anfang Jahr, dass Kramer trotz ausstehender Prämien noch versichert war. Denn die Axa Winterthur habe den Arbeitgeber nicht korrekt gemahnt.
Mahnung muss umfassend sein
Laut Bundesgericht muss das Mahnschreiben auf die gesetzlich vorgesehenen Folgen der verspäteten Prämienzahlung klar und umfassend hinweisen. In der Mahnung muss neben dem ausstehenden Betrag und der Zahlungsfrist von 14 Tagen ausdrücklich erwähnt werden, dass nach unbenütztem Ablauf der Zahlungsfrist
- die Leistungspflicht des Versicherers ruht und deshalb kein Versicherungsschutz mehr besteht
- die Versicherung dann das Recht hat, auf die Prämie zu verzichten und vom Vertrag zurückzutreten
- die Versicherung als aufgelöst gilt, wenn die Gesellschaft die Prämien nicht innert zweier Monate einfordert
Auf den letzten Punkt hatte die Axa Winterthur im Mahnschreiben nicht hingewiesen. Die Bundesrichter erachteten es deshalb als «unvollständig». Das führte dazu, dass die Versicherung die Krankentaggelder trotzdem zahlen muss. Axa-Winterthur-Sprecherin Karin Gnehm sagt, dass der Wortlaut ihrer Mahnungen inzwischen geändert worden sei.
Auch die Sympany-Versicherungen AG mahnte einen säumigen Arbeitgeber nicht korrekt. Sie wies ebenfalls nicht darauf hin, dass von einem Rücktritt der Versicherung auszugehen ist, wenn sie die Prämien nicht innert zweier Monate einfordert. Folge: Das Zuger Kantonsgericht verpflichtete die Sympany, einem erkrankten Angestellten Taggelder von insgesamt 33 598 Franken zu zahlen. Auch die Sympany hat den Mahntext inzwischen umformuliert.
Der Zuger Rechtsanwalt Rainer Deecke ist auf Haftpflicht- und Versicherungsrecht spezialisiert. Er betont: Die strengen Formvorschriften für Mahnungen gelten für sämtliche Versicherungsarten.
Verweis auf Gesetz reicht nicht aus
Das gilt beispielsweise auch für Krankenkassen-Zusatzversicherungen – wie jetzt die CSS weiss: Sie mahnte Anfang letzten Jahres einen Kunden wegen ausstehender Prämien und verwies dabei lediglich auf den entsprechenden Gesetzesartikel.
Laut dem Bundesgericht reicht es aber nicht, in einer Mahnung einfach auf den beiliegenden Gesetzestext zu verweisen. Der säumige Zahler wurde inzwischen von der CSS wieder in die Zusatzversicherung aufgenommen. Die CSS sagt, sie sei «aktuell daran, den Mahnprozess zu überarbeiten».
Angestellte: Einblick verlangen
Zahlt eine betriebliche Versicherung kein Taggeld, weil Prämien ausstehend sind, können Angestellte selber aktiv werden: Sie haben das Recht, bei der Versicherung Einblick in die Unterlagen zu erhalten und so zu kontrollieren, ob die Versicherung korrekt gemahnt hat.