Schwefelarmes Superbenzin ist nur beschränkt «super»
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K-Tipp 20/2001
28.11.2001
Benzin An Schweizer Tankstellen gibts ab sofort Treibstoff mit weniger Schwefel
Schwefel im Benzin schadet der Umwelt. Doch das schwefelarme Superbenzin ist kein «grüner Most». Ökologisch macht es keinen Sinn, das neue Super zu tanken, wenn das Auto auch mit Normalbenzin fährt.
Beatrix Mühlethaler redaktion@ktipp.ch
Mit einem grün leuchtenden Plakat wirbt die Firma BP derzeit für das «schwefelarme Superplus bleifrei 98». Es enthält weniger ...
Benzin An Schweizer Tankstellen gibts ab sofort Treibstoff mit weniger Schwefel
Schwefel im Benzin schadet der Umwelt. Doch das schwefelarme Superbenzin ist kein «grüner Most». Ökologisch macht es keinen Sinn, das neue Super zu tanken, wenn das Auto auch mit Normalbenzin fährt.
Beatrix Mühlethaler redaktion@ktipp.ch
Mit einem grün leuchtenden Plakat wirbt die Firma BP derzeit für das «schwefelarme Superplus bleifrei 98». Es enthält weniger als 50 ppm (parts per million) Schwefel und liegt damit tief unter dem zugelassenen Wert von 150 ppm.
Und eine Umfrage bei anderen Anbietern ergibt: Auch Esso, Migrol und Shell führen in der Deutschschweiz Superbenzin mit tiefem Schwefelgehalt.
«Da wir Gemeinschaftslager haben, ist die Ausgangslage für alle gleich», erklärt Roland Keller von Esso. Auf Werbung verzichten die Konkurrenten von BP aus verschiedenen Gründen: Das schwefelreduzierte Superbenzin kann derzeit nicht lückenlos an allen Tankstellen der Schweiz angeboten werden. Zudem ist nur ein kleiner Teil der Autos zwingend auf Superbenzin angewiesen.
Das Ziel: «Saubere» und sparsame Autos
Schwefelfreier Treibstoff kann den umweltschädigenden Stickoxid-Ausstoss von Benzinautos um gut 20 Prozent reduzieren, die Krebs erregenden Russpartikel von Dieselautos um sieben Prozent. Das zeigt eine Studie des deutschen Automobilclubs ADAC. Der Schwefel muss aber vor allem eliminiert werden, um den Weg für neue Auto-Modelle freizumachen, die weniger Treibstoff verbrauchen. Diese Autos mit Direkteinspritzung verfügen über einen neuartigen Katalysator, der nur mit schwefelfreiem Benzin (Gehalt unter 10 ppm) dauerhaft die volle Reinigungsleistung bringt.
Die EU und die Schweiz verschärfen auf das Jahr 2005 die Abgasvorschriften und die Anforderungen an Treibstoffe. Allerdings dürfen Benzin und Diesel immer noch 50 ppm Schwefel enthalten.
Deutschland hat ehrgeizigere Ziele und beschleunigt die Umstellung mit finanziellen Anreizen: Ab diesem November werden Treibstoffe mit mehr als 50 ppm Schwefel bei der Mineralölsteuer um drei Pfennig pro Liter stärker belastet. Und ab 2003 gelten die drei Pfennig Aufpreis bereits ab 10 ppm.
Das deutsche Vorbild zeigt auch in der Schweiz Wirkung: Beide Kammern des Parlaments haben eine Motion akzeptiert, die verlangt, «raschestmöglich die Voraussetzungen für eine flächendeckende Versorgung mit schwefelfreien Treibstoffen für Personenwagen und Nutzfahrzeuge zu schaffen». Das Bundesamt für Umwelt (Buwal) will das Anliegen wie Deutschland mit finanziellen Anreizen umsetzen. Die Vorlage für eine entsprechende Änderung des Umweltschutzgesetzes liegt bereits vor und ging letzte Woche in die Vernehmlassung.
Normalbenzin noch immer stark schwefelhaltig
Wie wirkungsvoll eine solche Lenkungsabgabe sein kann, belegt die Entwicklung beim Heizöl extraleicht: Innerhalb kurzer Zeit war das Angebot vollumfänglich auf schwefelarme Qualität umgestellt.
Auch bei den Treibstoffen hat die Mineralölindustrie auf die Vorgaben und Anreize teilweise schnell reagiert und in den Raffinerien die zur Entschwefelung nötigen Investitionen getätigt. Trotzdem braucht die Umstellung Zeit, vor allem beim mehrheitlich getankten Normalbenzin (95 Octan). Dieses weist zurzeit einen Schwefelgehalt von 50 bis 80 ppm auf, schätzt Migrol-Vertreter Furrer.
Als «saubere Übergangslösung» hätte die Branche gerne das schwefelarme Superbenzin propagiert, sagt Bruno Ursprung von Shell. Doch das Buwal habe sich quer gestellt.
Tatsächlich macht es aus ökologischer Sicht keinen Sinn, Autos mit Super zu betanken, wenn Normalbenzin ausreicht. Denn das Superbenzin braucht bei der Herstellung mehr Energie und enthält mehr vom Bleiersatz MTBE - einen für die Umwelt problematischen Stoff. Fährt das Auto auch mit Normalbenzin, kann man es sich also ersparen, auf das teurere schwefelarme Super umzusteigen.
Doch ob Normal oder Super - um die Umwelt zu schonen, gibts nur eines: weniger Auto fahren.