Selber ein Lämpchen auswechseln? Denkste!
Autohersteller protzen gerne mit ihren neusten technischen Entwicklungen. Aber wenn es um den schnellen und einfachen Glühbirnenwechsel geht, versagen viele.
Inhalt
K-Tipp 04/2009
21.02.2009
Letzte Aktualisierung:
24.02.2009
Christian Birmele, Daniel Jaggi
Wetzikon ZH, auf einem Parkplatz, minus 1 Grad: K-Tipp testet, wie einfach bei einem Citroën Xsara das defekte Glühbirnchen des linken Scheinwerfers gewechselt werden kann: Das Handbuch hilft wenig. Es steht kein Wort darüber, wie der Laie vorgehen muss. Dennoch wagt es der K-Tipp. Ein Blick unter die Motorhaube zeigt: Zuerst muss die seitliche Abdeckung entfernt werden. Doch danach ist Schluss: Der Einfüllstutzen für das Scheibenwischwasser verhindert den Lämpch...
Wetzikon ZH, auf einem Parkplatz, minus 1 Grad: K-Tipp testet, wie einfach bei einem Citroën Xsara das defekte Glühbirnchen des linken Scheinwerfers gewechselt werden kann: Das Handbuch hilft wenig. Es steht kein Wort darüber, wie der Laie vorgehen muss. Dennoch wagt es der K-Tipp. Ein Blick unter die Motorhaube zeigt: Zuerst muss die seitliche Abdeckung entfernt werden. Doch danach ist Schluss: Der Einfüllstutzen für das Scheibenwischwasser verhindert den Lämpchenausbau.
45 Minuten geübt – ab in die Werkstatt!
Also zweiter Versuch von der Frontseite her: Zuerst die mit vier Innensechskant-Schrauben befestigte Kühlerabdeckung demontieren, dann die obere Halterung der Lampe lösen und sie aus der Stecknut drücken. Aber weiter gehts auch hier nicht. Die zweite Lampenbefestigung ist hinter der Stossstange. Nach 45 Minuten wird der Versuch abgebrochen. Das Beispiel ist nur eines von vielen: Das Ersetzen eines defekten Scheinwerfer-Glühlämpchens ist gerade mal bei der Hälfte der 45 von «Auto Bild» und K-Tipp getesteten aktuellen Autos problemlos. TCS-Testexperte Herbert Meier sagt: «Der Aufwand für den Austausch einer Halogenlampe ist bei den verschiedenen Fahrzeugmodellen sehr unterschiedlich. Bei einigen ist ein korrekter Wechsel einzig in der Werkstatt möglich.» Das stimmt: Bei sieben Fahrzeugmodellen ist es unmöglich, ein Lämpchen eigenhändig zu wechseln (siehe Tabelle im pdf-Artikel). Dass man dazu in eine Garage muss, steht zwar im Handbuch. Aber das wird teuer: Hersteller Renault etwa spricht für den Clio von einer Stunde Arbeit. Das ergibt Reparaturkosten von über 100 Franken – für ein einzelnes Lämpchen! Renault rechtfertigt sich, das Lämpchen sei unter anderem wegen der Aerodynamik so schlecht zugänglich. Immerhin: Bei neuen Modellen würde der Lampenwechsel einfacher, verspricht der französische Autobauer.
Ford: Lampenwechsel ist Profi-Arbeit
Eine radikale Position vertritt Ford, obwohl der Glühbirnenwechsel bei den getesteten Autos nur beim Fiesta unmöglich ist: «Es ist nicht gedacht, dass der Kunde den Lämpchenwechsel ausführt. Fachleute in einer Werkstatt oder vom Pannendienst sind hier die Anlaufstelle», hält Ford-Sprecher Felix Ledergerber fest. Unglaublich, denn die Hersteller wären laut einer Verordnung zum Strassenverkehrsgesetz seit August 2006 verpflichtet, einen «fehlerfreien und ohne Spezialwerkzeug möglichen» Lämpchenwechsel zu garantieren. Nichtsdestotrotz sieht man beim Bundesamt für Strassen (Astra) keinen Handlungsbedarf. Man richte sich nach der europäischen Zulassungsbehörde. Dass ein problemloser Lämpchenwechsel bloss Wunschdenken ist, bestätigt der Wetziker Occasionshändler Ayad Abdul Kader: «Es ist immer dasselbe – viel zu wenig Platz, um mit der Hand die Glühbirne auszuwechseln.» Dass es anders geht, zeigt Smart mit dem neuen Fortwo: Fronthaube entfernen, Lampendeckel mit einer Vierteldrehung lösen, Lämpchen wechseln – das alles in weniger als einer Minute. Auch VW hat dazugelernt. Sprecher Donatus Grütter: «Beim neuen Golf wurde darauf geachtet, dass Glühbirnen einfach zu wechseln sind.» Die K-Tipp-Stichprobe bestätigt: Das Auswechseln ist ein Kinderspiel.
Polizei ist bei «Einäugern» gnädig
Heute fährt beinahe jeder Automobilist auch tagsüber mit Licht. Das erhöht die Sicherheit wesentlich. Funktioniert jedoch nur ein Scheinwerfer, darf man bei Dunkelheit nicht mehr weiterfahren – so steht es im Strassenverkehrsgesetz. Eine Umfrage bei den Kantonspolizeien von Bern, Luzern und Zürich zeigt aber: Die Ordnungshüter drücken in der Regel ein Auge zu. Sie füllen nur einen Mängelzettel aus. Das Lämpchen muss ersetzt und die ordnungsgemässe Reparatur anschliessend von einem Polizisten kontrolliert werden.
Xenon-Licht: Finger weg von defekten Lämpchen!
Die neuste Generation von Scheinwerfern ist mit Xenonlampen ausgerüstet. «Diese dürfen nicht mehr selber gewechselt werden», betont Herbert Meier vom TCS. Diese Lämpchen sind mit dem Edelgas Xenon gefüllt. Gezündet wird der Lichtbogen durch einen Impuls von mehr als 20’000 Volt – die Gefahr eines Stromschlags sei zu gross, so Meier. Ausserdem müsse häufig die Leuchtweite neu justiert werden, um den Gegenverkehr nicht zu blenden. Die Analyse eines Lichtdefekts ist bei Xenon-Lampen nicht einfach. Grund: Die Leuchteinheit besteht zusätzlich aus einem Vorschaltgerät, das die Bordspannung in Hochspannung umwandelt. Erst ein Werkstatt-Techniker kann feststellen, ob das Lämpchen oder das Vorschaltgerät defekt ist. Tröstlich: Xenonlampen sollen ein Autoleben lang halten.