Sicherheit: Swiss abgesackt
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K-Tipp 15/2002
18.09.2002
Die Langzeituntersuchung eines anerkannten Experten zeigt: Das Sicherheitsniveau von Swiss und ihrer Partner-Airlines ist in den letzten zwei Jahren gesunken. Der schwächste Partner liegt auf Platz 337.
Thomas Müller tmueller@ktipp.ch
Unter den Flugnummern LX 4240 und LX 4242 offeriert Swiss vier wöchentliche Flüge nach Colombo. Trotzdem landet in der Hauptstadt von Sri Lanka nie ein Jet unserer nationalen Airline.
Auch in der malaysischen Metropo...
Die Langzeituntersuchung eines anerkannten Experten zeigt: Das Sicherheitsniveau von Swiss und ihrer Partner-Airlines ist in den letzten zwei Jahren gesunken. Der schwächste Partner liegt auf Platz 337.
Thomas Müller tmueller@ktipp.ch
Unter den Flugnummern LX 4240 und LX 4242 offeriert Swiss vier wöchentliche Flüge nach Colombo. Trotzdem landet in der Hauptstadt von Sri Lanka nie ein Jet unserer nationalen Airline.
Auch in der malaysischen Metropole Kuala Lumpur oder im österreichischen Linz sind die Maschinen mit dem Schweizerkreuz auf der Heckflosse nie zu sehen, obwohl Swiss Flüge dorthin anbietet.
Wie ist das möglich? Das Zauberwort heisst Codesharing. Swiss hat mit 27 ausländischen Fluggesellschaften so genannte «Codeshare-Abkommen» getroffen. Das heisst: Ein Flugzeug übernimmt eine bestimmte Strecke für beide beteiligten Gesellschaften. Je nach Abkommen gelangen nur Maschinen der einen oder anderen Airline zum Einsatz oder die Partner wechseln sich ab.
Für Flugreisende bedeutet das: Sie buchen Swiss und fliegen mit Srilankan Airlines. Oder mit der ungarischen Malev. Oder mit der tunesischen Tunis Air.
Der K-Tipp stellte schon vor zwei Jahren die Frage, wie es um die Sicherheit der damaligen Swissair und ihrer Codeshare-Partner steht (Ausgabe 16/00). Die Antwort gab der weltweit anerkannte Flugsicherheitsexperte John Trevett.
Der Engländer war früher Dozent am renommierten College of Aeronautics im englischen Cranfield und bewertet die Airlines seit vielen Jahren nach 11 Kriterien wie zum Beispiel Unfallhäufigkeit oder Durchschnittsalter und Zusammensetzung der Flotte.
Swiss fehlen mehrere gut platzierte Partner
Ergebnis: Swissair landete damals auf Rang 5, Crossair auf Rang 17 von rund 500 getesteten Gesellschaften. Die Mehrheit der Codeshare-Partner war unter den ersten 80 klassiert.
Nach den beiden Crossair-Abstürzen von Nassenwil und Bassersdorf, dem Swissair-Grounding und dem Wechsel zu Swiss sieht die Rangliste nicht mehr so schmeichelhaft aus. Mehrere ehemals gut platzierte Airlines wie Qantas, Cathay Pacific oder Japan Airlines sind als Codeshare-Partner nicht mehr dabei.
Die wichtigsten Resultate:
- Swiss selber, rechtlich gesehen die Nachfolgerin von Crossair, ist auf Rang 109 von mittlerweile 700 zurückgefallen. Sie liegt damit gleichauf mit der Partnergesellschaft Malaysian Airlines - und mit dem Billigflieger Easyjet, der nicht zu den Codeshare-Partnern gehört.
- Alle Codeshare-Partner mit Ausnahme der irischen Aer Lingus und der tschechischen Ceske Aerolinie haben in den letzten zwei Jahren Plätze verloren - zum Teil massiv. Der Sicherheitsstandard ist somit gesamthaft gesehen gesunken.
Fachmann John Trevett mag trotzdem nicht dramatisieren: Der Rückfall von Swiss sei «bescheiden». Und die junge österreichische Air Alps Aviation, die im Codesharing von Zürich nach Linz fliegt, sei nur wegen ihrer geringen Erfahrung nicht besser klassiert.
Weniger gnädig ist der Engländer mit dem Codeshare-Partner Tunis Air, der die Strecke Genf-Tunis (Tunesien) bedient: «Ich habe gewisse Sicherheitsbedenken, weil diese Airline in den letzten 18 Monaten drei Unfälle gehabt hat, bei denen eine Person getötet und eine schwer verletzt wurde.»
Moncef Chtioui, Manager von Tunis Air in der Schweiz, kann diese Bedenken nicht nachvollziehen: «Es waren kleinere Zwischenfälle. In unserer 54-jährigen Geschichte hatten wir noch nie einen schweren Unfall.»
Swiss macht eigene Sicherheitschecks
Swiss hat Tunis Air sicherheitsmässig noch nicht überprüft, wie Mediensprecher Dominik Werner einräumt. Dies habe aber die frühere Crossair getan, von der Swiss den Codeshare-Partner übernommen habe.
Werner betont: «Wir unterziehen vor Vertragsabschluss jede Airline, deren Flieger auf Codeshare-Strecken zum Einsatz kommen sollen, einer drei- bis viertägigen Sicherheitsprüfung durch unsere eigenen Fachleute.» Den Vorwurf, mit zweit- und drittklassigen Airlines zusammenzuarbeiten, weist er zurück: «Zwei Drittel unserer Codeshare-Partner sind im oberen Drittel der Rangliste platziert.»
Bis zur Spitze ist es für Swiss, deren Chef André Dosé mit dem Ziel angetreten ist, eine «premium Airline» zu schaffen, allerdings noch weit. Die drei Erstplatzierten der Rangliste, Air Canada, British Airways und KLM (Niederlande), sind mit über 9 Punkten vorläufig ausser Reichweite.
Noch weniger mithalten kann da Codeshare-Partner Srilankan Airlines auf Rang 277. Kein Wunder freute sich deren Schweiz-Direktor Randolph Perera in der Fachzeitschrift «Travel Inside» mächtig über das Abkommen mit der damaligen Swissair: «Das Codeshare mit Swissair verbessert unseren Ruf.»
Gut fürs Image dürfte die Zusammenarbeit mit Swiss auch für Ukraine International Airways (Rang 403), Iran Air (Rang 421) oder Tarom (Rumänien, Rang 445) sein.
Mit diesen Airlines hat Swiss ebenfalls Codeshare-Abkommen, wobei aber «vorläufig nur Swiss-Maschinen zum Einsatz kommen», wie der Codeshare-Verantwortliche Eric Wirth betont.
Für Swiss haben die Abkommen laut Wirth vor allem einen Vorteil: «Wir kommen in diesen Ländern einfacher zu Landerechten.»
Codeshare-Flug? Achten Sie auf die Flugnummer!
Diese Tipps helfen, Ärger beim Fliegen zu vermeiden.
- Airline: Erkundigen Sie sich bei der Buchung, mit welcher Gesellschaft Sie in die Luft gehen. Reisebüros geben die durchführende Airline nämlich zum Teil erst auf Nachfrage hin bekannt. In den USA und in der EU ist diese Information vorgeschrieben.
- Flugnummer: Fliegt eine Partner-Gesellschaft der Swiss, erkennen Sie das an einer Flugnummer zwischen 3000 und 4999. So hat etwa der Flug Zürich-Kuala Lumpur mit Malaysian Airlines die Nummer LX 4310.
- Bestätigung verlangen: Falls Sie Wert darauf legen, mit einem Flugzeug einer bestimmten Airline zu fliegen, lassen Sie sich den Namen der Fluggesellschaft bei der Buchung schriftlich bestätigen. Nur so können Sie sich auf Kosten des Buchungsbüros auf die «richtige» Airline umbuchen lassen, falls am Abflugtag eine Maschine einer anderen Gesellschaft am Gate steht. Sie können dann aber auch auf den Flug verzichten und Ihr Geld zurückfordern.
Fliegen Sie hingegen mit, haben Sie Anspruch auf eine Teilrückerstattung des Preises, sofern die Airline punkto Sicherheit, Service und Komfort wesentlich schlechter ist als die in der Bestätigung versprochene. Dies gilt auch bei Pauschalreisen.
Die Ränge der Swiss und ihrer Partner
Die Liste zeigt die Plätze von Swiss und ihrer Codeshare-Partner in der 700 Fluggesellschaften umfassenden Rangliste des englischen Sicherheitsexperten John Trevett.
Seine Kriterien finden Sie unter www.flightsafe. co.uk/safetyscores.html
Aufgeführt sind nur Airlines, deren Maschinen auf den Codeshare-Strecken zum Einsatz kommen. Daneben gibt es Codeshare-Strecken, die ausschliesslich von Swiss-Flugzeugen bedient werden. Solche Abkommen bestehen mit Air China, Air France, Air India, Balkan Bulgarian Airlines, British Airways, Finnair, Iran Air, Oman Air, Saudi Arabian Airlines, Tarom und Ukraine International Airways.