Silber-Flitzer mit Mängeln
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K-Tipp 5/2001
14.03.2001
15 Mini-Scooter im K-Tipp-Test Modelle mit Luftreifen fuhren an die Spitze
Die Hersteller der trendigen Mini-Trottinette geben Vollgas. Neue Modelle überrollen auch dieses Frühjahr wieder Pausenplätze und Innenstädte. Doch nicht jeder Silber-Flitzer überzeugt auch in der Qualität.
Thomas Vogel tvogel@ktipp.ch
Statt den ganzen Tag vor dem Computer oder Fernseher zu sitzen, zieht es viele Kinder wieder nach draussen. Es lockt ein Spielgerät, das ...
15 Mini-Scooter im K-Tipp-Test Modelle mit Luftreifen fuhren an die Spitze
Die Hersteller der trendigen Mini-Trottinette geben Vollgas. Neue Modelle überrollen auch dieses Frühjahr wieder Pausenplätze und Innenstädte. Doch nicht jeder Silber-Flitzer überzeugt auch in der Qualität.
Thomas Vogel tvogel@ktipp.ch
Statt den ganzen Tag vor dem Computer oder Fernseher zu sitzen, zieht es viele Kinder wieder nach draussen. Es lockt ein Spielgerät, das im Nu ganze Landstriche erobert hat: das Mini-Trottinett, auch Mini-Scooter genannt. Allzu gerne vollführen Kinder und Jugendliche damit Kunststücke, bei denen die Eltern vor Angst den Atem anhalten und wegschauen.
Was der Jugend Spass macht, verschmähen auch Erwachsene nicht. Allerdings: Die Grossen sehen eher den praktischen Nutzen der Trottinette - etwa indem sie damit zur Arbeit fahren. Dafür sind die Flitzer bestens geeignet. Denn sie sind leicht und kompakt und lassen sich einfach zusammenklappen. So kann man sie im Tram unter den Arm klemmen oder im Zug im Gepäcknetz verstauen.
Unfälle und Verletzungen: Ein Helm schützt bei Stürzen
Doch die Scooter sind nicht nur cool und praktisch - sie sind auch nicht ungefährlich. Schlechte Qualität, überhöhtes Tempo oder fehlende Schutzbekleidung führen zu Unfällen und Verletzungen. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) hält die Mini-Trottinette zwar für weniger gefährlich als Inline-Skates. Dennoch rät Othmar Brügger von der bfu, dass vor allem Kinder einen Helm tragen sollten.
Zahlen aus Amerika zeigen, dass diese Empfehlung nicht übertrieben ist. Fast 10 000 Personen - die meisten davon Kinder - mussten dort im letzten Jahr in Spitäler eingeliefert werden mit Verletzungen, die sie sich beim Scooterfahren zugezogen hatten.
Das macht die kleinen Flitzer besonders gefährlich:
- Wegen der kleinen, harten Räder sind die Trottinette sehr anfällig für Unebenheiten und Risse in der Strasse. Vor allem Tramgleise sind wahre Scooter-Fallen.
- Die Bremsen sind bei einigen Modellen sehr schlecht. Vor allem sind sie nicht konstruiert für Geschwindigkeiten über 30 km/h, mit denen junge Cracks unterwegs sein können.
- Lager an Lenkstangen leiern sehr schnell aus und verunmöglichen einen sicheren Geradeauslauf. Dadurch wird das Gefährt schwer steuerbar.
- Nach Sprüngen über Treppen kann es passieren, dass ganze Radaufhängungen einfach abbrechen.
- Nach einigen Vollbremsungen sind Vollgummireifen einseitig abgeflacht. Das kann dazu führen, dass der Roller anfängt zu schlingern.
Modelle mit Luftreifen sind gross im Kommen
Nachdem im letzten Jahr Mini-Trottinette mit Inline-Skate-Bereifung die Strasse beherrschten, boomen in diesem Jahr Modelle mit Luftreifen. Sie bieten gegenüber den ersten Modellen gewichtige Vorteile, wie dieser K-Tipp-Test zeigt.
Um herauszufinden, welches Produkt den Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen eines kritischen Konsumenten genügt, liess der K-Tipp 15 Scooter verschiedenster Anbieter prüfen. Den Härtetest führte das deutsche Institut für Produktforschung und Information (ipi) durch.
Im ersten Prüfpunkt sahen sich die Tester die Roller genauer an und beurteilten die Konstruktionsweise und die Verarbeitung. Dazu zählten:
- Ist der Mini-Scooter sauber verarbeitet?
- Besteht eine Quetschgefahr beim Aufklappen und Schliessen des Rollers sowie beim Einstellen der Lenkerhöhe?
- Besteht eine Verletzungsgefahr durch hervorstehende Teile?
- Sind die Lenkergriffe stabil und kann man sie beim Wegklappen fixieren?
- Kann der Roller beim Fahren ungewollt zusammenklappen?
- Sind Rollen und Bremspedal gut fixiert und stabil genug?
In diesem Prüfkriterium verlor der VCS-Roller Le Kick Deluxe seine Chancen auf den Siegerplatz. Die Tester sahen in dem «anfälligen und komplizierten Klappmechanismus» eine «hohe Quetschgefahr» für die Finger. Ebenfalls nicht zu überzeugen vermochten hier der Bigstar und der City Speeder. Alle drei sind im Prüfpunkt Konstruktion/Verarbeitung «ungenügend».
Im nächsten Prüfpunkt ging es um den Fahrkomfort. Die Tester massen im Teilkriterium Leichtgängigkeit, wie viel Kraft Benutzer (20 und 40 Kilogramm schwer) benötigen, um das Trottinett zu bewegen. Denn: Je einfacher der Scooter rollt, desto mehr Spass macht es, damit zu fahren.
In diesem Prüfpunkt haben Luftreifen einen Nachteil: Wenn sie nicht prall gepumpt sind, benötigen sie einen grossen Kraftaufwand.
Schwachpunkt Bremse: Vor allem bei nasser Strasse ein Problem
Wenn Benutzerinnen und Benutzer in Fahrt kommen, sollten sie auch wieder anhalten können. Dazu dienen bei den Trottinetten Fussbremsen, die auf den Hinterreifen drücken.
Konkret massen die Tester: Welchen Bremsweg haben die Flitzer mit 15 km/h auf trockener sowie auf nasser Strasse? Die Fahrer wogen zwischen 70 und 75 Kilogramm.
Besonders enttäuschend sind hier die Produkte der Mini-Scooter-Pionierfirma Mikro. Vor allem bei nasser Fahrbahn hatten einige Roller enorme Probleme. Alle folgenden Produkte hatten bei nasser Strasse einen Bremsweg von über acht Metern:
- Le Kick Deluxe
- Mikro Skate Scooter Air
- Mikro Skate Scooter Junior
- Mikro Skate Scooter Pro
- TranzX
- Motion Board
- City Speeder
Der härteste Prüfpunkt war jedoch die Haltbarkeit. Dazu zählten:
- Überstehen die Trottinette 50 km Dauerfahrt auf holpriger Strasse? Dabei mussten sie 40 kg Gewicht «mitschleppen».
- Übersteht der Klappmechanismus 100 Schliess- und Öffnungsvorgänge?
- Wie stark verschleissen die Rollen bei Vollbremsungen?
- Ist der Scooter anfällig für Rost?
- Übersteht das Trittbrett neunmal die Prozedur, in welcher ein 30 Kilogramm schweres Gewicht aus 30 Zentimeter Höhe darauf fällt? Dieser Test simuliert Kinder beim forcierten Spiel oder das Springen über Treppen.
Diese Prozedur war eine wahre Knacknuss für die Prüflinge. Einige Trittbretter bogen sich dabei bis auf die Strasse durch. Besonders bedenklich und für den Konsumenten gefährlich: Bei folgenden vier Produkten brachen tragende Teile wie die Aufhängung der Hinterachse oder Trittbrettverstärkungen durch:
- City Speeder
- Racer Scooter
- Motion Board
- TranzX
Dazu Rüegg Nägeli als Verkäufer des Racer Scooter: «Wir haben das Produkt bereits im Winter aus dem Verkauf genommen.»
Deutlich zeigte sich in diesem Kriterium, dass die mit Luftreifen ausgestatteten Geräte besser abschnitten - aus zwei Gründen: Erstens federn die grösseren, weicheren Reifen harte Schläge besser ab. Und zweitens ist bei Luftreifen der Verschleiss bei Vollbremsungen deutlich geringer.
Nur zwei Ausfälle gab es bei der Dauerfahrt:
- Beim Bigstar waren nach dem Test die Lenkerlager ausgeschlagen.
- Beim City Speeder löste sich die Abdeckplatte des Trittbrettes.
Diese zwei Roller scheiterten auch bei der Rostfestigkeit. An Radgabel, Klappmechanismus und an verschiedenen Schrauben zeigte sich schon nach kurzer Zeit Rostfrass.
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