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K-Tipp 9/2001
09.05.2001
«Sparcomputer» leitete alle Anrufe auf Tele2
Das Telefon-Wahlgerät Intellinet Controller erweckte den Eindruck, es wähle sich stets bei der günstigsten Telefongesellschaft ein. Doch das stimmt nicht.
Rolf Muntwyler rom@ktipp.ch
Billig telefonieren, ohne Preise vergleichen zu müssen? Von den günstigsten Tarifen von verschiedenen Anbietern profitieren und doch nur eine Abrechnung erhalten? Diesen verlockenden Service versprach die Firma Intelline...
«Sparcomputer» leitete alle Anrufe auf Tele2
Das Telefon-Wahlgerät Intellinet Controller erweckte den Eindruck, es wähle sich stets bei der günstigsten Telefongesellschaft ein. Doch das stimmt nicht.
Rolf Muntwyler rom@ktipp.ch
Billig telefonieren, ohne Preise vergleichen zu müssen? Von den günstigsten Tarifen von verschiedenen Anbietern profitieren und doch nur eine Abrechnung erhalten? Diesen verlockenden Service versprach die Firma Intellinet mit ihrem Telefon-Wahlgerät namens Intellinet Controller. Das sei ein echter «Sparcomputer».
«Der Intellinet Controller sorgt dafür, dass Ihr Anruf sofort zum günstigsten Tarif der bekanntesten Telefongesellschaften in der Schweiz weitergeleitet wird», schrieb die Firma Intellinet im «Sparbuch», der Gebrauchsanleitung des Controllers.
Wer von den versprochenen Sparpreisen profitieren wollte, kaufte den Intellinet Controller für 59 Franken, schickte eine Antwortkarte an Intellinet, steckte nach Erhalt Geräte- und Telefonkabel in einen Verteilstecker und diesen Stecker wiederum in die Telefonbuchse.
Für alle Ferngespräche bekamen Intellinet-Kunden dann eine einzige Abrechnung. Nur die Gespräche im Nahbereich wurden weiterhin von der Swisscom zusammen mit der Anschlussgebühr verrechnet.
Doch der «Sparcomputer» wählte sich nicht beim jeweils billigsten Anbieter ein, wie man hätte erwarten dürfen. Vielmehr gingen sämtliche Anrufe direkt auf das Netz von 00Tele2, der Schwestergesellschaft von Intellinet. Denn der Intellinet Controller hatte nur eine Funktion: den fünfstelligen Vorwahl-Code von Tele2 vor jeden Anruf voranzustellen.
Immerhin: Abgerechnet hat Intellinet doch mit dem jeweils günstigsten Tarif - und zwar der vier Anbieter Swisscom, Sunrise, Tele2 und Interoute.
Der Intellinet Controller - ein Bschiss? «Ja», sagt Berndt Teichert, ehemaliger Manager beim Telefonanbieter Interoute. «Die Firma hat mit dem Namen der anderen Anbieter Geld gemacht.» Weder Interoute noch die anderen Telefongesellschaften seien je angefragt worden, ob sie mit diesem Vorgehen einverstanden seien.
Beat Geiser, Marketing-Verantwortlicher von Tele2, wehrt sich: «Für den Kunden macht es keinen Unterschied, über welches Netz das Gespräch geführt wird, entscheidend ist der Preis.» Und Intellinet habe zuverlässig zum tiefsten Tarif abgerechnet.
Ob das zutraf - das war für Kunden nicht zu überprüfen. Denn auf der Abrechnung führte Intellinet nicht auf, welcher Tarif für welche Gespräche verrechnet wurde. Ausserdem ist anzunehmen, dass je nach Tageszeit weitere Telefongesellschaften noch billiger gewesen wären.
Bleibt die Frage, ob ein so simples Gerät tatsächlich 59 Franken wert ist. «Der Preis rechtfertigte sich durch die möglichen Kosteneinsparungen», ist Geiser überzeugt.
Ende letzten Jahres hat Intellinet Schweiz als Firma aufgegeben. Grund: Die Geschäfte haben nicht rentiert. Inzwischen hat die Schwestergesellschaft Tele2 die meisten ehemaligen Intellinet-Kunden mit grosszügigen Angeboten in den eigenen Hafen lotsen können. Für die Kunden hat das auch ihr Gutes: Sie wissen nun klar, über welchen Anbieter sie tatsächlich telefonieren.
Übrigens: Es gibt in der Schweiz ein echtes Telefon-Wahlgerät, den Faigle Telejet. Die Generalimporteurin hat nach eigenen Angaben mehr als 3000 Stück verkauft.
Das Gerät kostet rund 130 Franken und ist aufwändig in der Bedienung. Ob es funktioniert, kann der K-Tipp nicht beurteilen. Falls Sie mit dem Gerät Erfahrungen gemacht haben - schreiben Sie uns.
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