Krankenkassen-Versicherte ärgern sich über die neuen Prämien und Bedingungen und berichten von ihren Erfahrungen mit ihrem Krankenversicherer
Die neuen Prämien, ein allfälliger Kassenwechsel und Veränderungen bei den Zusatzversicherungen - das bewegt die Krankenkassen-Versicherten und wirft viele Fragen auf. Der K-Tipp beantwortet sie.
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Den Zeitungen habe ich entnommen, dass die Krankenkassenprämien im nächsten Jahr um 9,7 Prozent steigen. Bei unserem Kind, das bei der KPT versichert ist, steigt der Tarif der Grundversicherung aber um sagenhafte 41 Prozent.
Für mich heisst das klar: Die 9,7 Prozent sind gemogelt, um die Versicherten zu beruhigen.
Thomas Frey, Oberönz
K-Tipp: Beim erwähnten Aufschlag um 9,7 Prozent handelt es sich um den Durchschnittswert aller Erwachsenenprämien von allen Kassen in sämtlichen Kantonen. Im Einzelfall kann es mehr sein - oder auch weniger.
Zum konkreten Fall der Kinderprämie sagt die Krankenkasse KPT, sie habe den Tarif dem «tatsächlichen Kostenverlauf» angepasst.
Gibt es eine Obergrenze für Prämienerhöhungen?
Ich habe meine Grundversicherung bei der Krankenkasse Luzerner Hinterland. Die Prämienerhöhung der Grundversicherung beträgt 40 Prozent. Ist ein solch massiver Aufschlag zulässig?
Roland de Meuron, Adlikon
Es gibt keine gesetzlich festgelegte Obergrenze für Prämienaufschläge. Alle Grundversicherungsprämien wurden vom Bundesamt genehmigt und sind das Resultat der Arzt- und Spitalrechnungen, welche die Kasse im jeweiligen Kanton für alle Versicherten zahlen muss.
Derart massive Prämienaufschläge sind typisch für kleine und billige Kassen, die sehr viele neue Mitglieder erhalten. Für die Betroffenen heisst das: Sie haben eine gewisse Zeit lang von tiefen Prämien profitiert und können jetzt die Grundversicherung zur nächsten Billigkasse weiterzügeln.
Viele empfinden die Wechslerei als stossend und unsolidarisch, sie entspricht aber der Logik des Systems.
Beim konkreten Fall der Prämie in Adlikon ZH kommt dazu, dass die Krankenkasse Luzerner Hinterland die Regioneneinteilung geändert hat. Adlikon ist neu in der teuersten Region.
Riskiere ich den Verlust der Zusatzversicherung?
Meine Grundversicherungsprämie bei der Supra steigt um unverschämte 33,7 Prozent. Kann mir die Supra die Zusatzversicherungen kündigen, falls ich die Grundversicherung wegzügle?
Dolly Bickel, Uster
Nein. Wer die Grundversicherung wechselt, braucht sich wegen der Zusatzversicherungen im Prinzip keine Sorgen zu machen. Das Gesetz verbietet es den Kassen ausdrücklich, in einem solchen Fall den wegziehenden Kunden mit der Kündigung der Zusatzversicherung zu strafen.
Einige wenige Kassen verlangen dann allerdings einen Zuschlag auf einzelne Zusätze. Oder sie streichen Rabatte, die man bisher bei den Zusatzversicherungen hatte.
Concordia: Kein «Straf»-Zuschlag mehr
Ich habe mich vor zwei Jahren sehr darüber aufgeregt, dass ich die Grundversicherung bei der Concordia de facto nicht kündigen konnte, weil ich sonst bei den Zusatzversicherungen abschreckende «Straf»-Zuschläge hätte zahlen müssen. Sie haben darüber im K-Tipp berichtet.
Erfreulicherweise kann ich Ihnen mitteilen, dass die Concordia diese Zuschläge ab 2002 abschafft.
Beim Gespräch mit dem Leiter der Concordia-Agentur in Sarnen ist mir aufgefallen, dass die Beiträge des K-Tipp bei den zuständigen Instanzen sehr wohl gelesen und diskutiert werden und auch Veränderungen bewirken können.
Walter Holenstein, Wilen
Die Concordia hat dafür auf Jahresprämien umgestellt: Beträgt die Prämie einer Zusatzversicherung pro Monat 20 Franken oder weniger, müssen die Versicherten diese ab 2002 fürs ganze Jahr auf einmal vorauszahlen.
Unerwünschte neue Zusatzversicherung
Auf der Helsana-Versicherungspolice meiner Kinder für das Jahr 2002 erscheint neu die Denta-Zahnpflegeversicherung; ich habe sie nicht beantragt. Die Helsana schreibt in den Unterlagen selber, dass sie ungefragt eine Deckungsänderung macht.
Da geht es doch einzig darum, den Kunden ein für die Versicherung gutes Geschäft unterzujubeln.
Brigitta und Walter Widmer, Beringen
Die Helsana sagt dazu, es handle sich um eine attraktive Sonderaktion, deren Modalitäten in den Versicherteninformationen ausführlich beschrieben wurden. Wer das Angebot nicht wolle, könne sich noch bis am 31. März des nächsten Jahres melden.
Bei der EGK mangelt es an der Transparenz
Mich nervt die EGK-Gesundheitskasse mit ihrer Informationspolitik, die ich als krass desinformierend betrachte. Im Schreiben «an unsere werten Kunden» ist von einer durchschnittlichen Prämienerhöhung von 5,1 Prozent die Rede. Für meinen 22-jährigen Sohn wird die Grundversicherung aber um 19,7 Prozent teurer.
Dass man von der EGK keine Prämientabellen erhält, passt vorzüglich zu dieser unlauteren Praxis.
Adrian Fluri, Winterthur
Transparenz ist nicht die Stärke der EGK-Gesundheitskasse; sie weigert sich zum Beispiel, ihre detaillierten Prämien den Internet-Vergleichsdiensten zur Verfügung zu stellen. Dem Konsumentenmagazin «Saldo» hat sie gar untersagt, in Prämienvergleichen ihre Tarife zu nennen.
Peinlich auch: In den Kundeninformationen heisst es, eine Kündigung der Grundversicherung habe «innerhalb von 30 Tagen» nach Bekanntgabe der neuen Prämien zu erfolgen. Das ist falsch: Die Kündigung muss erst am 30. November bei der Kasse eingetroffen sein.
EGK: «Dubioses Geschäftsgebaren»
Gemäss offizieller Liste des zuständigen Bundesamtes führt die EGK im Kanton Bern ein Hausarztsystem, dem ich mich anschliessen wollte, um so 15 Prozent zu sparen. Doch ich stiess da auf seltsame Widersprüche: In einer Niederlassung bestritt man zum Beispiel die Existenz eines solchen Sparmodells, in einer anderen behauptete man, es sei den Mitgliedern eines Ärzteverbandes vorbehalten?
Schliesslich erhielt ich doch noch einen Computerauszug mit gerade mal 15 Ärzten, die angeblich beim Hausarztmodell mitmachen. Ein wahrhaft dubioses Geschäftsgebaren.
Andreas Pieren, Steffisburg
Ein Hausarztmodell zu führen, das nur einer bestimmten Personengruppe zugänglich ist, wäre strafbar.
Die EGK hat zu diesen Vorwürfen inhaltlich keine Stellung genommen: «Grundsätzlich pflegt die EGK-Gesundheitskasse Mitgliederanliegen direkt mit den Betroffenen zu regeln.»
Helsana verschweigt günstige Progrès-Prämien
Eine Bekannte von mir hat bei der Helsana die Grundversicherung gekündigt und die Kündigungsbestätigung erhalten. Mit der gleichen Post erhielt sie auch ein günstiges Angebot für die Grundversicherung der Progrès, von der die Helsana schreibt, das sei eine «Partnerkrankenversicherung».
Ich frage mich nur, warum die Helsana meine Freundin nicht schon viel früher auf das günstige Angebot ihrer angeblichen «Partnerkrankenversicherung» aufmerksam gemacht hat. Offenbar bringt die Helsana dieses Billigangebot aus dem eigenen Haus erst ins Spiel, wenn die Leute kündigen. Ich finde das eine Sauerei.
Peter Vogelsanger, Frauenfeld
K-Tipp-Leser Vogelsanger sieht das richtig. Der K-Tipp hat schon in Nummer 15/01 darauf hingewiesen: Die Helsana hat mit der von ihr dominierten Progrès ein günstiges Angebot für die Grundversicherung, welches sie ihren eigenen Versicherten verschweigt.
Die Progrès hat übrigens keine eigenen Zusatzversicherungen, sondern vermittelt die Produkte der Helsana. Das tun auch die günstigen Krankenkassen 57 (Smuv) und Klug.
Assura will wieder eine 5-jährige Vertragsdauer
Mich ärgert die Assura, weil sie ihren Versicherten wieder eine feste 5-jährige Laufzeit bei den Zusatzversicherungen unterjubeln will. Und zwar mit einem fiesen Trick: Die Assura hat die Bedingungen der Zusatzversicherungen geringfügig verbessert und fragt nun die Kunden, ob sie das wollen. Wer Ja sagt, erklärt sich gleichzeitig mit einer 5-jährigen Laufzeit einverstanden.
Patricia Scherrer, Mülligen
Der K-Tipp empfiehlt: Falls Sie sich nicht für weitere 5 Jahre fest binden wollen, können Sie auf die neuen Leistungen verzichten. Sie sind kaum der Rede wert. Antworten Sie also mit «Nein»; dann verlängert sich Ihr Zusatzversicherungsvertrag jeweils immer nur um 1 Jahr.
Getrennte Policen zu haben ist kein Problem
Ich werde meine Grundversicherung wechseln, aber mit meinen Zusatzversicherungen bei meiner bisherigen Krankenkasse bleiben. Wie muss ich dann mit meinen Rechnungen verfahren?
Katrin Jöhr, Sachseln
Getrennte Policen zu haben ist kein Problem; allerdings erfordert es mehr Aufwand.
Tipp: Schicken Sie Arzt- und Spitalrechnungen immer zuerst an die Grundversicherung und weisen Sie sie darauf hin, dass Sie noch Zusätze haben. Falls die Grundversicherung nicht alles zahlt, erhalten Sie die Rechnung mit einem Vermerk zurück, und Sie können sie Ihrer Zusatzversicherung einschicken.