So vermeiden Sie Flops in Online-Shops
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K-Tipp 9/2001
09.05.2001
E-Commerce Wer im Internet sicherer einkaufen will, sollte die Anbieter prüfen
Ausstehende Lieferungen, ungenügende Infos, mieser Kundendienst: Online-Shops leiden häufig unter Kinderkrankheiten. Das zeigt eine Stichprobe mit Test-Einkäufen.
Stephan Pfäffli stpfaeffli@ktipp.ch
Bei dieser Firma kaufe ich nie mehr ein», sagt Ernst Grütter aus Binningen BL. Anfang Februar bestellte er bei www.dell.ch einen Computer. Doch das Gerät kam nicht inne...
E-Commerce Wer im Internet sicherer einkaufen will, sollte die Anbieter prüfen
Ausstehende Lieferungen, ungenügende Infos, mieser Kundendienst: Online-Shops leiden häufig unter Kinderkrankheiten. Das zeigt eine Stichprobe mit Test-Einkäufen.
Stephan Pfäffli stpfaeffli@ktipp.ch
Bei dieser Firma kaufe ich nie mehr ein», sagt Ernst Grütter aus Binningen BL. Anfang Februar bestellte er bei www.dell.ch einen Computer. Doch das Gerät kam nicht innerhalb der abgemachten Frist von zehn Tagen bei ihm an - obwohl er vorausbezahlt hatte.
Über die Hotline wollte er erfahren, was passiert war. Aber niemand konnte ihm Auskunft geben. Man sicherte ihm zwar einen Rückruf zu, doch das Telefon blieb stumm. Nach drei Wochen war er mit seiner Geduld am Ende. Er verlangte schriftlich den im Voraus bezahlten Betrag von fast 4000 Franken für den PC zurück.
Dass Einkaufen per Internet nicht immer ein Vergnügen ist, zeigt eine Studie der Universität St. Gallen. Die Verfasser vom Institut für Internationales Handelsmanagement kommen zum Schluss, Online-Shops müssten «dringend» über die Bücher und die Kaufabwicklung «mit den Augen der Kunden überprüfen».
Für die Studie kauften Studenten zwischen Mitte November und Mitte Dezember 2000 bei den beliebtesten 42 Online-Shops der Schweizer Surfer ein. Sie bestellten bei jedem Shop einmal zwei Produkte. Dabei achteten sie besonders auf:
- die Kundeninformationen auf der Webseite (z. B. Übersichtlichkeit, Allgemeine Geschäftsbedingungen, E-Mail-Adressen und Telefon-Nummer des Kundenservice)
- den Kundendienst (z. B. Schnelligkeit und Qualität des Service)
- die Lieferung (z. B. Pünktlichkeit und Vollständigkeit der Lieferung)
- das Rückgabe-Handling (z. B. Bedingungen und Abwicklung der Retouren)
- und sie wollten wissen, welche Branche am besten abschneidet.
Da die Autoren Thomas Rudolph und Claudia Löffler die vollständigen Ergebnisse nicht bekannt geben wollen, bleibt unklar, wie die einzelnen Shops abgeschnitten haben. Die Studie kann deshalb nur einen allgemeinen Eindruck über die Pannen beim Internet-Shopping geben.
Kundeninformationen
Schon auf den Einstiegsseiten fielen den Testern Schwächen auf. So fehlten bei einigen Shops die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ganz, bei andern waren sie versteckt. Oft fehlten Informationen über Rückgabemodalitäten. Und bei einer Reihe von Shops fanden die Tester keine Kontaktadresse für den Kundendienst.
Kundenservice
Grosse Mängel förderte die Untersuchung beim Kundendienst zu Tage. Mehr als ein Viertel aller Shops bestätigte den Bestelleingang nicht. Und ganz besonders ärgerlich: Jeder vierte Anbieter beantwortete Kundenanfragen per E-Mail nicht.
Wenn die Tester telefonische Anfragen hatten, mussten sie sich wie Ernst Grütter in Geduld üben: Entweder waren die Apparate die ganze Zeit besetzt oder der Kundendienst rief nicht zurück. Zudem stand der Dienst für Online-Kunden teilweise nur zu beschränkten Zeiten zur Verfügung.
«Im Kundenservice gibt es keine klaren Verantwortlichkeiten und keiner fühlt sich zuständig», heisst es in der Studie.
Lieferung
Grosse Schwächen tauchten auch bei der Auslieferung der bestellten Waren auf. Ein Fünftel aller Online-Shops lieferte die Ware überhaupt nicht - teilweise, ohne dafür Gründe anzugeben. Einige Internet-Shops lieferten zwar das Gewünschte, sie verstauten die Ware aber in unverhältnismässig grossen und schweren Verpackungen. Das erhöhte die Portokosten.
Waren-Rückgabe
Die Informationen auf der Webseite und des Callcenters über die Rückgabe-Bedingungen waren teilweise widersprüchlich. Wichtig ist es deshalb, sich über die Retouren-Möglichkeiten im Voraus zu informieren. Achtung: Auch bei Käufen im Internet gibt es in der Schweiz kein gesetzlich garantiertes Rückgaberecht; es handelt sich hier also nicht um ein Haustürgeschäft. Wer die Lieferung zurückgeben möchte, ist deshalb auf die Kulanz des Anbieters angewiesen.
Top- und Flop-Branchen
Beim Branchen-Vergleich kamen vor allem die Lebensmittel-, Möbel-, Mode-, Sport- und Spielwaren-Läden schlecht weg. Das sind jene Shops, die spät mit dem Internethandel angefangen haben.
«Durchwegs erfreulich» schnitten die Branchen Entertainment, Consumer Electronics und PC-Zubehör ab. Unter den getesteten PC-Shops befand sich auch www.dell.ch, bei dem Ernst Grütter schlechte Erfahrungen gemacht hat. Offenbar hatte er bei diesem Anbieter weniger Glück als der Tester der St. Galler Studie.
Dass Grütters Einkaufserlebnis am Ende aber glimpflich verlief, hat er dem K-Tipp zu verdanken. Nachdem sich die Redaktion eingeschaltet hatte, erstattete ihm Dell das Geld für seinen Computer zurück - und bot Grütter überdies eine Umtriebsentschädigung an.
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Einkaufen im Internet - darauf sollten Sie achten
Bei der Wahl des Anbieters
- Die Webseite muss Firmennamen, Post- oder E-Mail-Adresse sowie Hotline- oder Service-Nummer nennen, allenfalls den Namen einer Kontaktperson. «Meiden Sie Anbieter, die nur spärliche Informationen über sich preisgeben», rät die Stiftung für Konsumentenschutz.
Bei den Kosten
- Achten Sie darauf, dass alle Kosten detailliert aufgeführt sind: Preis, Versand- und Verpackungskosten, Mehrwertsteuer sowie Extrakosten. Vergessen Sie nicht, dass eventuell noch Bank- und Wechselgebühren auf Sie zukommen.
- Lesen Sie dazu die Geschäftsbedingungen. Wenn es nebulös «allgemeiner Zuschlag für Versandkosten» heisst, fragen Sie per Telefon oder E-Mail nach. Seriöse Anbieter geben prompt Antwort.
Vor der Bezahlung
- Klären Sie vor der Bestellung die Zahlungsmöglichkeiten ab. Wenn Sie bestellt haben, sind Sie an die offerierte Zahlungsart gebunden. Seriöse Anbieter bestätigen jede Bestellung.
- Bezahlen Sie nach Möglichkeit immer gegen Rechnung.
- Bezahlen Sie gegen Vorauskasse nur dann, wenn Sie ein Rückgaberecht haben.
- Wenn Sie mit Kreditkarte zahlen, müssen Sie Ihre Kartennummer bekannt geben. Klären Sie aber vorher ab, ob und wie Ihre Daten geschützt sind. Bei verschlüsselten Seiten ändert sich die Adresszeile von http:// zu https://
- Durch Klicken auf das Schlüsselsymbol erhalten Sie Informationen über das Sicherheitssystem. Ein häufig verwendetes und als sehr sicher geltendes System ist das Secure-Socket-Layer-Verfahren (SSL).
Unveröffentlichte Ergebnisse: «Einmaliger Testeinkauf ist nicht repräsentativ»
Die Autoren der Studie, Thomas Rudolph und Claudia Löffler vom Gottlieb-Duttweiler-Lehrstuhl für Internationales Handelsmanagement, wollen die genauen Ergebnisse über das Abschneiden der einzelnen Shops nicht veröffentlichen. Ihre Begründung: «Die Testeinkäufe sind nicht repräsentativ, weil nur einmal pro Shop eingekauft wurde.»
Dennoch haben die Autoren eine Rangliste erstellt - aber nur mit den drei Besten (www.amazon.de; www.disney.store.go.com; www.conrad.com) und den drei Schlechtesten (www.coop.ch; www.cede.ch; www.gameactivity.ch).
Co-Autorin Claudia Löffler sieht darin keinen Widerspruch: «Wir wollten anhand dieser Beispiele eine konkrete Illustration der Praxissituation geben», sagt sie.
Martin Zaugg, Projektleiter beim Testverlierer www.coop.ch, hat am Vorgehen des Autorenduos gar keine Freude. Erstens sei der Testeinkauf noch in die Einführungsphase ihres Online-Shops gefallen. Und zweitens: «Die Studie macht die Schritte, die zum Resultat führen, nicht nachvollziehbar, sie zeigt das Resultat nur ungenügend auf, und die übrigen Shops figurieren gar nicht in der Rangliste.»
Die Studie ist im Internet publiziert unter http://gd-lehrstuhl.imh.unisg.ch (Stichwort «Fulfilment-Studie 2001»)
SKS-Ratgeber - Tipps für Online-Shopper
Augen auf und kritisch prüfen - das ist die Vorsichtsmassnahme Nummer eins beim Internet-Einkauf. Der SKS-Ratgeber «E-Commerce - darauf sollten Sie achten» gibt Tipps und Tricks zum richtigen Umgang im weltweiten Einkaufsnetz und sagt, wie man Anbieter und Angebote beurteilt.
Zu bestellen für Fr. 12.50 (inkl. Versandkosten) bei der Stiftung für Konsumentenschutz, Postfach, 3000 Bern 23, Tel. 031 307 40 40 oder über admin@konsumentenschutz.ch