Strahlenmeer mitten im Wohngebiet
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K-Tipp 10/2000
17.05.2000
SBB-Leitungen: Elektromagnetische Strahlen legen Computer-Bildschirme lahm.
SBB-Stromleitungen lassen Computer-Bildschirme flimmern. Für die Folgen wollen die Bundesbahnen jedoch nicht geradestehen.
Unser Computer-Bildschirm flimmerte immer wieder", erzählt Karin Eberli aus Zürich. Rasend schnell habe sich das Bild auf und ab bewegt.
Karin Eberli und ihr Partner Matthias Weber wohnten in einer 3-Zimmer-Wohnung an der Gamperstrasse, gleich neben SBB...
SBB-Leitungen: Elektromagnetische Strahlen legen Computer-Bildschirme lahm.
SBB-Stromleitungen lassen Computer-Bildschirme flimmern. Für die Folgen wollen die Bundesbahnen jedoch nicht geradestehen.
Unser Computer-Bildschirm flimmerte immer wieder", erzählt Karin Eberli aus Zürich. Rasend schnell habe sich das Bild auf und ab bewegt.
Karin Eberli und ihr Partner Matthias Weber wohnten in einer 3-Zimmer-Wohnung an der Gamperstrasse, gleich neben SBB-Geleisen. Von hier aus hat man freie Sicht auf die Züge Richtung Hauptbahnhof.
Vor allem an den Wochenenden arbeitete Matthias Weber an seiner Doktorarbeit: "Die Bildschirmstörungen traten unregelmässig auf und waren nicht immer gleich stark", erinnert er sich. Aber auch wenn der Bildschirm nur leicht flimmere, sei es halt unmöglich, konzentriert zu arbeiten, ergänzt Eberli. "Anfangs konnten wir uns keinen Reim auf die Sache machen", sagt Karin Eberli.
Erst als ihr Nachbar über das gleiche Problem klagte und nachdem sie einen Zeitungsartikel über ein neues SBB-Transformationsgebäude zwischen den Geleisen gelesen hatten, ging ihnen ein Licht auf.
Seit letztem Herbst nämlich transformieren die SBB in diesem Neubau Strom. Seit letztem Herbst leitet deshalb eine neue Hochspannungsleitung den Strom direkt an der Gamperstrasse vorbei zum Hauptbahnhof Zürich.
Und seit letztem Herbst flimmern auch die Bildschirme - das konnte wirklich kein Zufall sein.
Wirklich helfen können und wollen die SBB nicht
Karin Eberli, Matthias Weber und ihr Nachbar Philippe Koch wehrten sich gegen die Strahlenflut. In einem Brief forderten sie die SBB auf, für eine Lösung zu sorgen.
Die SBB bestreiten nicht, dass sie die Störungen verursachen. Doch wirklich helfen können sie nicht - und wollen sie nicht: Die elektromagnetische Strahlung können sie nicht reduzieren. Und neue LCD-Flachbildschirme wollen sie Eberli/Weber und Koch nicht bezahlen, nicht mal einen Beitrag leisten.
Mit solchen Flüssigkristall-Bildschirmen könnte man das Problem nämlich einfach lösen, denn sie sind gegen elektromagnetische Strahlen unempfindlich. Sie kosten allerdings um die 2000 Franken.
"Wenn wir auch nur einen einzigen Flachbildschirm voll bezahlen, können wir nachher die halbe Schweiz damit ausrüsten", fürchtet SBB-Pressesprecher Reto Kormann.
Was die SBB unternommen haben: Fast vier Monate nach der Reklamation brachten sie Eberli und Weber leihweise eine Abschirmhaube vorbei, welche die Strahlen abhält (siehe Bild).
Glücklich waren die beiden damit nicht. Der grosse Bildschirm in ein noch grösseres Gehäuse verpackt - das war wirklich keine Verschönerung für ihre Wohnung. Das Problem ist inzwischen gelöst: Das Paar ist ausgezogen und hat den Bildschirm-Käfig zurückgegeben.
Ihr Nachbar Koch hatte seinen Bildschirm bereits durch einen Flachbildschirm ersetzt, als die SBB auch ihm eine Abschirmhaube anboten. "Ich bereite täglich die Schulstunden am Computer vor und konnte unmöglich monatelang warten, bis die SBB endlich handelten", sagt der Geografielehrer. Die SBB haben ihm auf seine Anfrage hin geantwortet, dass sie nichts an den neuen LCD-Bildschirm bezahlen.
SBB entscheidet regional über Beiträge
Nach Meinung von Heinrich Honsell, Rechtsprofessor an der Universität Zürich, hat Koch dann Anspruch auf Schadenersatz, "wenn die Einwirkungen übermässig sind". Ob das an der Gamperstrasse der Fall sei, müssten Fachleute abklären.
Tatsächlich haben die SBB in ähnlichen Fällen bereits Beiträge an Flachbildschirme bezahlt. Warum nicht im Fall Koch? "Wir folgen keinem einheitlichen Grundsatz", sagt Kormann. "Jede SBB-Region entscheidet von Fall zu Fall." In Bern oder Genf hätte Koch vielleicht eine Entschädigung erhalten. Nun wollen die Bundesbahnen gesamtschweizerische Richtlinien für solche Fälle ausarbeiten.
Koch ist empört und enttäuscht. Er findet, mit einer Entschädigung in Form von Reisegutscheinen hätten die SBB wenigstens ihren guten Willen zeigen können.
Kasten: Strahlen-Verordnung
Trotz Richtlinien sind die SBB fein raus
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