Swiss melkt die Schweizer
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K-Tipp 15/2002
18.09.2002
Rund zweieinhalb Milliarden Franken haben die Schweizer Steuerzahler in die Swiss gesteckt. Jetzt zahlen sie noch einmal - nämlich überhöhte Preise.
Marco Diener mdiener@ktipp.ch
Bund, Kantone und Gemeinden haben seit letzten Herbst 2,45 Milliarden Steuerfranken in die Swissair und die Swiss eingeschossen. Pro Kopf sind das stattliche 350 Franken. Und der Dank? Fluggäste aus der Schweiz zahlen bei der Swiss zum Teil massiv höhere Preise als Passagiere aus dem A...
Rund zweieinhalb Milliarden Franken haben die Schweizer Steuerzahler in die Swiss gesteckt. Jetzt zahlen sie noch einmal - nämlich überhöhte Preise.
Marco Diener mdiener@ktipp.ch
Bund, Kantone und Gemeinden haben seit letzten Herbst 2,45 Milliarden Steuerfranken in die Swissair und die Swiss eingeschossen. Pro Kopf sind das stattliche 350 Franken. Und der Dank? Fluggäste aus der Schweiz zahlen bei der Swiss zum Teil massiv höhere Preise als Passagiere aus dem Ausland.
So kostet der Swiss-Flug ab Frankfurt via Zürich nach Dubai und zurück für deutsche Fluggäste nur 739 Franken. Für Schweizer Passagiere ab Zürich dagegen sind es 1190 Franken. Das ist ein Zuschlag von 61 Prozent.
Die Preisdifferenz ist kein Zufall. Sie hat System. Auch der Flug nach Vancouver und zurück ist ab Frankfurt 55 Prozent billiger als ab Zürich, die Flüge nach Nairobi, Rio und Tokio immerhin 6 bis 8 Prozent.
Denn die Swiss arbeitet noch immer mit der gleichen Strategie wie die einstige Swissair. Aus halb Europa fliegt sie Passagiere zu Billigpreisen nach Zürich, um mit ihnen die Flugzeuge auf den Interkontinental-Strecken zu füllen. So sind auf dem Flughafen Zürich-Kloten gegen 50 Prozent der Fluggäste Transit-Passagiere.
Swiss-Sprecher Dominik Werner erklärt die Preisunterschiede anders: «Viele Waren und Dienstleistungen sind in Deutschland günstiger als in der Schweiz - Lebensmittel genauso wie Flugtickets.» Die Swiss passe sich mit ihren Preisen einfach «den lokalen Marktverhältnissen» an. Konkret heisst das: Weil die Lufthansa ab Frankfurt Flüge zu günstigen Preisen anbietet, tut das die Swiss auch.
«Schweizer können ja mit Umwegen fliegen»
Der Zürcher SVP-Nationalrat Hans Kaufmann, der die Milliarden-Finanzspritze des Bundes bekämpft hatte, findet das unfair. «Ab Frankfurt spielt die Konkurrenz, deshalb ist auch die Swiss günstig. Ab Zürich agiert die Swiss hingegen in einem abgeschotteten Markt und verlangt deshalb überhöhte Preise. Das wäre ein Fall für die Wettbewerbskommission», findet Kaufmann.
Doch dort winkt der stellvertretende Direktor Patrik Ducrey ab: «Die Swiss ist kaum marktbeherrschend. Schweizer Fluggäste können durchaus mit anderen Fluggesellschaften fliegen - halt mit einem Umweg über Frankfurt, München oder Mailand.»
Preispolitik ist eine Wettbewerbsfolge
Ähnlich sieht das Werner Marti. Der Preisüberwacher sagt in seiner Rolle als Glarner SP-Nationalrat und Befürworter der Bundes-Finanzspritze: «Die Preispolitik der Swiss ist eine Folge des Wettbewerbs. Wenn die Swiss Kunden aus Deutschland gewinnen will, muss sie günstige Preise offerieren. Aber das darf natürlich nicht zu einer Abzockerei in der Schweiz werden. Das könnte man den Schweizer Fluggästen nur schwer erklären.»
Doch warum muss die Swiss überhaupt Fluggäste aus Deutschland gewinnen? «Weil sie zu gross ist», sagt Aviatik-Journalist Sepp Moser. «Stellen Sie sich vor, Sie bauen in Sörenberg ein 1000-Zimmer-Hotel. Wenn Sie es füllen wollen, müssen Sie die Zimmer zu Dumpingpreisen anbieten. Und genau das tut die Swiss gegenwärtig im Ausland.»
Zwar bieten die meisten Fluggesellschaften Billette im Ausland günstiger an. «Aber die Swiss ist aussergewöhnlich aggressiv. Sie macht das in viel stärkerem Mass als andere Fluggesellschaften», sagt Moser.