Thurgauer Reinfall
Das Reisebüro Mittelthurgau geht Konkurs, die Nachfolgefirmen profitieren - doch die Besitzer von alten Mittelthurgau-Gutscheinen werden nur mickrig entschädigt.
Inhalt
K-Tipp 10/2005
18.05.2005
Bernhard Matuschak - redaktion@ktipp.ch
Es sollte eine wunderbare Kreuzfahrt werden. Doch dann kam alles ganz anders. Weil das Schiff nicht auslaufen konnte, verbrachten Ursel und Theo Krebs die meiste Zeit in einem engen Car. Das Reisebüro Mittelthurgau, bei dem das Ehepaar aus Ascona gebucht hatte, entschädigte die enttäuschten Kunden mit zwei Reisegutscheinen in Höhe von je 600 Franken. Das war 1999.
Ursel und Theo Krebs wollten die Gutscheine für eine neuerliche Kreuzfahrt einsetzen. Doch dazu kam es nicht. 200...
Es sollte eine wunderbare Kreuzfahrt werden. Doch dann kam alles ganz anders. Weil das Schiff nicht auslaufen konnte, verbrachten Ursel und Theo Krebs die meiste Zeit in einem engen Car. Das Reisebüro Mittelthurgau, bei dem das Ehepaar aus Ascona gebucht hatte, entschädigte die enttäuschten Kunden mit zwei Reisegutscheinen in Höhe von je 600 Franken. Das war 1999.
Ursel und Theo Krebs wollten die Gutscheine für eine neuerliche Kreuzfahrt einsetzen. Doch dazu kam es nicht. 2001 ging der auf Fluss- und Kreuzfahrten spezialisierte Reiseveranstalter Konkurs. Das Ehepaar aus dem Tessin blieb, wie Dutzende andere Kunden, auf den Gutscheinen sitzen.
Inzwischen ist der Konkurs abgeschlossen. Für das Ehepaar resultieren aus der bescheidenen Konkursmasse lumpige Fr. 63.45. So steht es im Brief des Konkursamtes vom 4. April 2005.
Seltsam nur: Noch während des Konkursverfahrens erhält das Ehepaar Krebs im Juni 2002 einen Werbebrief vom Reisebüro Mittelthurgau - mit dem gleichen Schriftzug und dem gleichen Logo, wie sie auch auf den wertlosen Bons prangen. Angeboten werden Kreuzfahrten zu Traumpreisen und romantische Flussreisen.
Nur wer genau hinsieht, bemerkt den kleinen, aber entscheidenden Unterschied: Der Veranstalter heisst jetzt mit vollem Namen «Reisebüro Mittelthurgau Fluss- und Kreuzfahrten AG».
Kundenkartei der Pleitefirma gekauft
«Wie kann es sein, dass eine Firma Konkurs anmeldet, unter fast gleichem Namen und identischem Markenzeichen aber weiterwirtschaftet und meine Gutscheine trotzdem wertlos sind?», empört sich Theo Krebs.
Des Rätsels Lösung: Der Badener Reiseveranstalter Twerenbold Reisen konnte im Dezember 2001 Namen, Logo und sogar den Grossteil der Kundenkartei der Pleitefirma aufkaufen. Damit hat er teilweise mit demselben Personal das neue Reisebüro Mittelthurgau Fluss- und Kreuzfahrten AG gegründet.
Zu welchem Preis der Kauf über die Bühne ging - das wollte Twerenbold-Geschäftsleiter Heinz Weber dem K-Tipp nicht sagen. Sicher ist nur, dass Twerenbold jetzt von der bekannten Marke Mittelthurgau profitiert.
Die Inhaber der alten Gutscheine hingegen gehen im Prinzip leer aus. Denn rein juristisch ist die Nachfolgefirma nicht verpflichtet, die Gutschein-Besitzer der konkursiten Vorläuferfirma zu entschädigen.
Immerhin: Twerenbold hat den Betroffenen ein Kulanzangebot gemacht. Man habe ihnen im Januar 2002 angeboten, sie könnten 50 Prozent des Wertes für eine neue Reise einsetzen. «Unser Angebot war ein halbes Jahr gültig», sagt Twerenbold-Geschäftsleiter Heinz Weber. Insgesamt seien 93 Gutscheine im Wert von 54 000 Franken eingelöst worden.
Drei verschiedene Nachfolgefirmen
Theo Krebs kann sich nicht erinnern, ein entsprechendes Schreiben erhalten zu haben. «Hätte ich es bekommen, wäre ich sicher darauf eingestiegen.»
Das neue Reisebüro Mittelthurgau Fluss- und Kreuzfahrten AG ist nicht die einzige Nachfolgefirma. Auch Hans Kaufmann, der ehemalige Geschäftsführer des konkursiten Reisebüro Mittelthurgau, ist wieder mit einer verwandten Marke tätig - als «Thurgau Travel», ebenfalls auf Fluss- und Kreuzfahrten spezialisiert. Auch er konnte aus dem Konkurs Kundendaten kaufen und profitieren.
Kaufmann hat die Gutschein-Besitzer - ebenfalls freiwillig - sehr mickrig entschädigt: Er bot ihnen bei einer Buchung 20 Prozent des Gutscheinwerts.
Um die Thurgauer Verwirrung komplett zu machen, gibt es übrigens auch noch die «Reisebüro Mittelthurgau Retail AG». Das auf den Wiederverkauf von Pauschalarrangements spezialisierte Unternehmen wurde 1998 als Zusammenschluss von fünf Reisebüro-Mittelthurgau-Filialen gegründet.
Kein Schutz für Gutscheine
Die so genannte Kundengeld-Absicherung der Reiseanbieter (z. B. beim Garantiefonds) springt dann ein, wenn ein Veranstalter oder Reisebüro vor oder während der Ferien Bankrott geht. Betroffene Reisende erhalten dann ihr Geld zurück oder müssen unterwegs die Reise nicht noch einmal zahlen.
Nicht eingelöste Gutscheine von konkursiten Reisebüros oder -veranstaltern sind nicht versichert.
Tipp: Wenn Sie Reisegutscheine verschenken wollen, können Sie Gutscheine des Schweizerischen Reisebüro-Verbandes (SRV) kaufen. Diese sind bei allen rund 1000 Verbandsmitgliedern einlösbar.