Trinkwasser - igitt!
Im Kanton St. Gallen wurden im Trinkwasser Darmbakterien «mit krankheitserregendem Potenzial» nachgewiesen. Das ist kein Einzelfall.
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K-Tipp 10/2004
19.05.2004
Martin Arnold - redaktion@ktipp.ch
Mit der Website www. wasserqualitaet.ch kommen die Gemeinden der Vorschrift des Lebensmittelgesetzes nach, mindestens einmal jährlich über die Qualität ihres Trinkwassers zu informieren. Doch nicht immer ist auch das ganze Jahr über sauber, was dort vorübergehend mit einer Null glänzt. Das Kantonale Amt für Lebensmittelkontrolle St. Gallen untersuchte im letzten August nach einer Trockenperiode und anschliessenden starken Niederschlägen das Trinkwasser von 50 Brunnen und Restaurants in l...
Mit der Website www. wasserqualitaet.ch kommen die Gemeinden der Vorschrift des Lebensmittelgesetzes nach, mindestens einmal jährlich über die Qualität ihres Trinkwassers zu informieren. Doch nicht immer ist auch das ganze Jahr über sauber, was dort vorübergehend mit einer Null glänzt. Das Kantonale Amt für Lebensmittelkontrolle St. Gallen untersuchte im letzten August nach einer Trockenperiode und anschliessenden starken Niederschlägen das Trinkwasser von 50 Brunnen und Restaurants in ländlichen Gebieten. Das Labor fand E.-coli-Bakterien, die als Darmbakterien auf eine Gewässerverschmutzung durch Fäkalien hinweisen - und zwar «eine deutliche Häufung von Keimen mit krankheitserregendem Potenzial».
Laut Gesetz dürfen diese Bakterien nicht im Trinkwasser vorkommen, denn im Schlepptau von E.-coli schwimmen oft auch schwer nachweisbare Salmonellen oder Campylobacter mit. Aber auch unter den E.-coli-Bakterien gibt es gefährliche Krankheitserreger wie die Verotoxin produzierenden Stämme von E.-coli, kurz VTEC genannt. Diese Zellgifte ausscheidenden Bakterien können starken Durchfall und in ihrer schlimmsten Form das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) verursachen, eine Krankheit, welche die roten Blutkörperchen zersetzen sowie Embolien und Hirnblutungen auslösen kann. Vor allem Kleinkinder sind gefährdet.
16 von 50 Proben waren voller Keime
Das Kantonslabor Baselland stiess vor sechs Jahren bei Hackfleisch, rohem Rindfleisch und Rohmilch auf VTEC. Inzwischen ist bekannt, dass sie auch in Rohwurst, Weichkäse und unpasteurisiertem Apfelsaft, aber auch im Trinkwasser vorkommen.
Im St. Galler Trinkwasser wurden VTEC in 16 der 50 Proben gefunden. Wenn derartige Verschmutzungen nachgewiesen werden, bekommt der Wasserversorger einen halben Tag Zeit, Massnahmen zu treffen. Das kann das sofortige Durchspülen des Leitungsnetzes sein oder gar ein Aufruf, das Wasser abzukochen. Die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen lässt sich in den genannten Fällen nicht nachprüfen, denn gegenüber dem K-Tipp beruft sich der St. Galler Kantonschemiker Hans-Rudolf Hunziker - für die Konsumenten unverständlich - auf den Datenschutz. Er will keine der betroffenen Ortschaften nennen.
Deshalb untersuchte der K-Tipp am 13. und 15. April dieses Jahres 15 Brunnen in ländlichen Gebieten, verteilt auf die gesamte Deutschschweiz. Resultat: Das Trinkwasser war einwandfrei - aber auch dies dürfte nur eine Momentaufnahme gewesen sein. Denn im vergangenen Jahr bemängelten die Behörden der grossen Kantone zwischen einem und 10 Prozent der Proben von Trinkwasser, das öffentlich zugänglich war, wie eine K-Tipp-Umfrage ergeben hat.
VTEC finden sich natürlicherweise im Darm von Rindern. Von dort gelangen sie über Kuhfladen in den Boden. Wenn nach einer Trockenheit starker Regen einsetzt, dringen die giftigen Bakterien mit dem Regenwasser ins Grund- oder Quellwasser. Deshalb ist es wichtig, dass im Quellgebiet keine Tiere weiden.
Besonders anfällig sind Gegenden mit porösem Gestein, wo das Wasser schnell versiegt. Darum untersuchte das Kantonslabor Baselland vor drei Jahren gezielt mit 55 Proben, verteilt auf ein ganzes Jahr, das Trinkwasser zweier Gemeinden in einem geologisch problematischen Gebiet. Der Befund: In 35 Proben wurden VTEC-Bakterien entdeckt.
Stark verunreinigt: Da hilft nur Abkochen
Die Überwachung der Wasserversorgungen untersteht den Kantonen. Dass trotz Kontrollen Fäkalbakterien ins Trinkwasser gelangen, beweisen auch Untersuchungen in Graubünden im Jahre 2001. Damals wiesen 39 von 208 Proben in Gemeinden unter 500 Einwohnern Verunreinigungen auf. Bei insgesamt acht Gemeinden musste wegen massiver Fäkal-Verunreinigung zum Abkochen von Trinkwasser aufgerufen werden.
Es mag ein Zufall sein, dass das Bundesamt für Gesundheit ausgerechnet während der Sommermonate 2003 mit 21 betroffenen Kindern eine deutliche Häufung von HUS-Erkrankungen feststellte. Aufgrund der Krankengeschichten entlarvten die Behörden «Wasserkonsum aus privaten Quellen, Schwimmbäder, Aufenthalt in ländlichen Gebieten und Kontakt mit schon erkrankten Personen und Tieren» als Ansteckungsherde. Zumindest beim Trinkwasser können die Wasserversorger reagieren: Mit der Aufbereitung durch Chlor, Ozon oder UV-Bestrahlung werden die Keime unschädlich gemacht.
Und so schützen Sie sich vor giftigen Fäkalbakterien:
- Nur Wasser trinken, das als Trinkwasser vorgesehen ist (nicht aus Rindertränken).
- Rohmilch immer abkochen.
- Fleisch durchbraten, vor allem Hackfleisch.
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