Trotz Elektronik sind nicht alle genau
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K-Tipp 17/2000
18.10.2000
Fiebermesser im K-Tip-Test: Speziell Ohr-Thermometer sind anfällig für Messfehler
Die neuen elektronischen Fiebermesser können altmodischen Glas-Thermometern punkto Genauigkeit durchaus das Wasser reichen. Und sie sind erst noch viel besser geeignet für kleine Kinder.
Thomas Vogel tvogel@k-tip.ch
Eigentlich dürfte es Quecksilber-Fiebermesser nicht mehr geben; der Verkauf ist per Gesetz seit 15 Jahren verboten.
Dennoch lässt sich d...
Fiebermesser im K-Tip-Test: Speziell Ohr-Thermometer sind anfällig für Messfehler
Die neuen elektronischen Fiebermesser können altmodischen Glas-Thermometern punkto Genauigkeit durchaus das Wasser reichen. Und sie sind erst noch viel besser geeignet für kleine Kinder.
Thomas Vogel tvogel@k-tip.ch
Eigentlich dürfte es Quecksilber-Fiebermesser nicht mehr geben; der Verkauf ist per Gesetz seit 15 Jahren verboten.
Dennoch lässt sich das billige und sehr präzise Gerät nicht aus den Verkaufsregalen verdrängen. Denn das gleiche Gesetz, das den Quecksilber-Fiebermesser 1985 verbot, räumt ihm eine Gnadenfrist ein: Solange es keinen gleichwertigen und umweltverträglichen Ersatz gibt, darf er weiter über die Verkaufstheke gehen.
Ein K-Tip-Test beweist nun: Es wäre definitiv an der Zeit, das herkömmliche Gerät mit dem giftigen Inhalt in Pension zu schicken. Moderne elektronische Fiebermesser messen nämlich ebenso genau. Zusätzlich sind sie einfacher in der Handhabung und besser für Kleinkinder geeignet. Ihr Nachteil: Sie kosten mindestens das Doppelte eines quecksilberhaltigen Fiebermessers, der bereits ab fünf Franken zu haben ist.
Das deutsche Institut für Produktforschung und Information (ipi) hat im Auftrag des K-Tip 18 Fiebermesser untersucht: ein herkömmliches Glas-Thermometer mit Galliumfüllung, zehn digitale Stab-Thermometer, einen digitalen Fiebermesser in Form eines Nuggis, fünf Thermometer, die im Ohr messen, sowie den neuen Philips Fiebermesser für die Schläfe.
Das wichtigste Prüfkriterium war die Messgenauigkeit: Wie präzise zeigt der Fiebermesser Temperaturen im Bereich zwischen 35,5 und 40 Grad an? Das Resultat des Tests ist gesamthaft betrachtet erfreulich: Keiner der Fiebermesser versagte auf der ganzen Linie.
Selbst die beiden schlechtesten im Test, die baugleichen Cecilia von Fust und Chicco von Jelmoli, konnten ihre ungenügende Messgenauigkeit dadurch wettmachen, dass sie sehr gut für Kleinkinder geeignet sind. So kamen diese beiden Prüflinge dennoch auf das Gesamturteil «genügend».
Insbesondere für die Stab-Thermometer stellte die Messgenauigkeit kein grosses Hindernis dar. Alle halten problemlos die Schweizer Richtlinien ein. Diese Norm besagt, dass ein Fiebermesser maximal um 0,1 Grad abweichen darf.
Weniger streng ist der Entwurf einer europäischen Vorschrift für Infrarot-Thermometer - wie zum Beispiel Ohr-Thermometer. Danach dürfen Infrarot-Thermometer im Bereich von 35 bis 41 Grad maximal um 0,2 Grad von der tatsächlichen Temperatur abweichen.
Doch selbst diese largere Vorgabe bereitete einigen der geprüften OhrThermometern Schwierigkeiten. So zeigte das Modell Cecilia bei 36 Grad bereits 36,4 Grad an, bei 40 Grad hingegen erst 39,6 Grad. In beiden Fällen ergab sich also eine Abweichung um 0,4 Grad.
Mit dem zweiten Prüfmuster des Cecilia-Geräts sieht das Resultat sogar noch schlechter aus: Statt 37 Grad mass das Prüfgerät nur 36,4 Grad, statt 39 Grad nur 38 Grad, und bei 40 Grad zeigt er gar nur 38,9 Grad an. Eine solche Ungenauigkeit ist bei einem Gerät, das speziell auf Kinder zugeschnitten ist, nicht akzeptabel. Fust hat dazu keine Stellung genommen.
Ein ähnliches Bild zeigte sich auch beim baugleichen Chicco: Abweichungen von bis zu 0,9 Grad waren hier fast die Regel. Das zweite Muster des Chicco-Fiebermessers versagte völlig: Es mass zwischen 35 und 40 Grad knappe drei Grad zu wenig. Jelmoli hat dazu keine Stellung genommen.
Ausgezeichnete Resultate lieferte hingegen der Ohr-Thermometer Braun ThermoScan IRT 3520. Er erfüllt sogar die strengeren Schweizer Vorgaben für Fiebermesser. Ebenfalls genau misst der Braun IRT 2020. Braun teilte dem K-Tip jedoch mit, der 2020 sei inzwischen nicht mehr im Handel erhältlich. Das Nachfolgemodell heisst 3020.
Beim Messwert 37 Grad erfüllte der Ohrfiebermesser Mio-Star Multi-Scan die Anforderungen der geplanten europäischen Norm nicht: Er zeigte 37,3 Grad an. Ansonsten ist das ebenfalls ein Gerät mit einer guten Messgenauigkeit.
Handhabung: Ein Teilaspekt mit vielen Kriterien
Ein weiterer wichtiger Testpunkt war die Handhabung; unter diesen Teilaspekt fällt eine ganze Reihe von Kriterien:
- Ergeben mehrere Messungen bei der gleichen Person - ausgeführt durch wechselnde fremde Personen - stets die gleichen Resultate?
- Ergeben mehrere Messungen bei der gleichen Person - jeweils ausgeführt durch diese Person selbst - immer die gleichen Resultate?
- Ist die Gebrauchsanleitung logisch, verständlich und vollständig?
- Ist das Thermometer einfach zu starten und zu bedienen?
- Ist die Temperatur einfach ablesbar?
- Wie lange dauert eine Messung?
- Sind Anfang und Ende der Messung deutlich mit einem Signal gekennzeichnet?
- Kann man den Fiebermesser einfach reinigen?
Zusätzlich untersuchte das Prüfinstitut, ob das Thermometer auch für Kleinkinder geeignet ist. Und: Um die Robustheit zu ermitteln, simulierten die Tester mehrmals einen Fall aus 80 Zentimeter Höhe.
Mehr noch: Falls das Thermometer als wasserdicht deklariert ist, musste es diese Eigenschaft im Wasserbad (einen Meter unter der Wasseroberfläche) unter Beweis stellen. Im Gesamturteil ist dieser Aspekt aber nicht berücksichtigt.
Das grösste Problem bei den Ohrfiebermessern ist jedoch nicht ihre Genauigkeit, sondern ihre Anfälligkeit auf Messfehler.
«Jede Veränderung des Messwinkels kann eine Veränderung der angezeigten Temperatur zur Folge haben», schreibt Kurt Zeindler von der Hergiswiler Medizinaltechnik-Firma Zewa. Zewa liefert sowohl den Omron MC-3B wie auch den Mio-Star Multi-Scan Thermometer.
Konkret: Bei zehn Messungen an ein und derselben Person können Abweichungen von bis zu einem Grad auftreten. Dazu Zeindler: «Ohrenschmalz oder eine Erkältung mit verschlossenen Gehörgängen können Falschmessungen provozieren.»
Hauptzweck der Ohr-Thermometer ist «die schnelle Information»
Zeindler verneint jedoch, dass diese Geräte deshalb nutzlos sind. «Der Sinn einer Messung mit Ohr-Thermometer gilt mehr der schnellen Information als der genauen Messung.» Die Temperatur müsse auf alle Fälle mit einem herkömmlichen Thermometer nachgemessen werden.
Nur: Wenn es immer noch ein zweites Gerät zur Nachkontrolle braucht, sind Ohr-Thermometer mit ihren Preisen von rund 90 Franken doch eher teuer.
Für Eltern gibt es eine gute Alternative: den Digital Baby von Hartmann aus der Apotheke. Dieser Fiebermesser hat die Form eines Nuggis - und ist dazu noch sehr genau.
Ebenfalls sehr genau und kinderfreundlich ist das flexible Thermometer von Becton Dickinson. Bei diesem Typ ist der Messfühler weich und beweglich.
Sehr genau, robust und geeignet für Kleinkinder ist auch der Ronda electronic. Er ist zusammen mit dem herkömmlichen Glas-Thermometer der günstigste Fiebermesser im Test. Deshalb erhält er auch das Prädikat Kauf-Tipp. Übrigens: Der Sana IVF electronic ist baugleich mit dem Ronda, aber bei Epa fast fünf Franken teurer als bei Coop.
Ebenfalls in die eher teure Kategorie fällt der neue Philips SensorTouch, ein Gerät, das die Temperatur an der Schläfe misst. Philips lieferte dieses Thermometer wegen Lieferengpässen bisher noch nicht in die Schweiz; es fehlt deshalb in der Test-Tabelle. Der K-Tip hat es dennoch bereits prüfen lassen - und festgestellt, dass das Gerät bei der Handhabung nicht überzeugen konnte.
Konkret: Bei der Messung an zehn Personen fand das Labor bei zehn Messungen an derselben Person bis 1,2 Grad Abweichung. Philips hat dazu keine Stellung genommen.
Fieber hilft heilen
Fiebersenkende Massnahmen sind erst ab 38,5 Grad sinnvoll. Denn: Fieber ist nichts Schlechtes. Mit der hohen Temperatur bekämpft Ihr Körper die Krankheitserreger; er hindert sie so daran, sich zu vermehren. Gleichzeitig lernt Ihre körpereigene Abwehr den Bazillus kennen und wappnet sich damit gegen spätere Attacken durch diesen Erreger.
Wollen Sie die genausten Angaben zur Körpertemperatur, müssen Sie im After messen. Unter der Zunge gibt das Thermometer etwa ein halbes Grad weniger an. Unter der Achselhöhle ist der Wert ungenau.
Trinken Sie bei Fieber viel. Das ist wichtig, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen, der durch das Schwitzen entsteht.
Messen Sie die Temperatur immer mit demselben Thermometer. Entscheidend ist, ob die Temperatur steigt oder sinkt.
Wann zum Arzt? - Bei Fieber und starkem Kopfweh
Mit den ständig steigenden Krankenkassenprämien will man nicht wegen ein bisschen Fieber zum Arzt rennen. Doch wann soll man einen Doktor kontaktieren?
- Bei Kindern: Sofort, wenn sie erbrechen und Krämpfe haben. Und wenn das Fieber länger als drei Tage dauert.
- Bei gleichzeitigem starkem Kopfweh, steifem Nacken, Hautausschlägen oder Verwirrtheit: sofort.
- Babys, Schwangere, Herzkranke, chronisch Kranke, Leute über 60: sofort bei erhöhter Temperatur.
- Wenn das Fieber länger als fünf Tage dauert.
- Nach einem Tropenaufenthalt: sofort bei Temperaturerhöhung!