Trotz «light» bleibts für Raucher starker Tabak
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K-Tipp 1/2002
09.01.2002
Alarmierendes Studienresultat lässt den Bund ziemlich kalt
Teerarme Zigaretten gefährden die Gesundheit genauso stark wie normale Glimmstängel. Das zeigt eine US-Studie. Trotzdem dürften verharmlosende Begriffe wie «light» und «mild» bei uns noch lange zulässig sein.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Der Verdacht ist nicht neu, doch jetzt gibts Beweise: Wer statt gewöhnlicher Zigaretten solche mit vergleichsweise niedrigem Teer- und Nikotinge...
Alarmierendes Studienresultat lässt den Bund ziemlich kalt
Teerarme Zigaretten gefährden die Gesundheit genauso stark wie normale Glimmstängel. Das zeigt eine US-Studie. Trotzdem dürften verharmlosende Begriffe wie «light» und «mild» bei uns noch lange zulässig sein.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Der Verdacht ist nicht neu, doch jetzt gibts Beweise: Wer statt gewöhnlicher Zigaretten solche mit vergleichsweise niedrigem Teer- und Nikotingehalt raucht, kann damit das Risiko, an Lungenkrebs oder anderen Raucherleiden zu erkranken, nicht reduzieren. Das hat eine Langzeituntersuchung des US-Krebsforschungsinstituts in Maryland ergeben.
Die Forscher des National Cancer Institutes (NCI) haben für ihren Befund eine recht einfache Erklärung: «Light»-Raucher inhalieren den blauen Dunst in der Regel tiefer und in rascher aufeinander folgenden Zügen. Zudem erhöhen Umsteiger auf «leichte» Zigaretten oft ihren Konsum im (unbewussten) Bestreben, den Nikotin-Rückgang auszugleichen.
EU will Begriffe «mild» und «leicht» verbieten
Das Resultat der NCI-Studie ist Wasser auf die Mühlen des EU-Parlaments in Strassburg. Dessen Abgeordnete haben schon Mitte Mai 2001 der neuen EU-Tabakrichtlinie zugestimmt, die im Kampf gegen das Rauchen eine härtere Gangart einschlagen will.
Neben strengeren Auflagen zu Art und Menge der Inhaltsstoffe von Zigaretten sowie deutlich grösseren Warnaufschriften auf den Packungen sieht die Tabakrichtlinie vor, verharmlosende Bezeichnungen im Stile von «mild», «leicht» oder «light» zu untersagen. Das Verbot gilt ab Oktober 2003, sofern die von der Tabakindustrie eingereichten Nichtigkeitsklagen gegen die neue EU-Richtlinie erfolglos bleiben.
Und in der Schweiz? Das Thema «Light»-Verbot ist auch hier zu Lande nicht völlig neu. Immerhin heisst es im «Nationalen Programm zur Tabakprävention 2001- 2005» des Bundes ganz unten auf Seite 32: «Ein allfälliges Verbot von Attributen wie "light", die den Konsumierenden ein falsches Sicherheitsgefühl suggerieren, ist ernsthaft in Betracht zu ziehen.»
Für Verena El Fehri steht fest: Im Prinzip müsste ein solches Verbot kommen, nachdem das amerikanische Krebsforschungsinstitut seine Untersuchung nun veröffentlicht hat.
Gleichzeitig warnt die Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz aber vor zu grossen Erwartungen: «Politisch haben es solche Anliegen schwer.» Die Tabakindustrie sei bestens organisiert und verfüge über eine schlagkräftige Lobby, begründet El Fehri ihre Skepsis. «Ohnehin ist es in der Schweiz sehr schwierig, gesundheitlichen Anliegen gegenüber wirtschaftlichen Interessen zum Durchbruch zu verhelfen.»
Verena El Fehris Zweifel scheinen angebracht. Beim punkto Tabakpolitik federführenden Bundesamt für Gesundheit (BAG) tönt es jedenfalls nicht so, als ob «Bern» den hehren Worten im Tabak-Präventionsprogramm energische Taten folgen lassen möchte.
Zwar räumt das BAG ein, dass es in der Schweiz notwendig sei, «die Produktion und den Konsum von Tabakprodukten zu regulieren». Daher seien gesetzliche Massnahmen unter anderem bei der Deklaration vorgesehen; hier werde man auch ein «Light»-Verbot prüfen.
Bern diskutiert Verbot «zu gegebener Zeit»
Von verschärftem Tempo in dieser Frage ist aber nirgends die Rede. Das BAG begnügt sich mit dem saftlosen Hinweis, man werde «schlussendlich die Politiker auffordern, zu gegebener Zeit die erarbeiteten gesetzlichen Grundlagen zu diskutieren und zu entscheiden».
Solche Zurückhaltung ist vor dem Hintergrund der NCI-Studie schon erstaunlich. Die US-Krebsforscher weisen nämlich nach, dass die Lungenkrebs-Rate unter den Rauchern seit den späten Sechzigerjahren nicht gesunken ist, obwohl Zigaretten mit niedrigen Teerwerten massiv an Marktanteil gewonnen haben und filterlose Glimmstängel weitgehend von der Bildfläche verschwunden sind.
Gleichzeitig hätten Marketing und Werbung für «leichte» Zigaretten wohl manche Raucher verleitet, statt aus- nur umzusteigen, kritisieren die Forscher. Es gebe aber keinen Beweis dafür, dass der Umstieg auf «leichte» oder «ultraleichte» Zigaretten Raucher beim Aufhören unterstützen würde.
Internet-Adressen zum Thema: www.ktipp.ch/tabak