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K-Tipp 10/2000
17.05.2000
Geschwefeltes Dörrobst ist für Allergiker und Asthmatiker gefährlich.
Von vielen Dörrfrüchten dürfen Kinder höchstens fünf bis zehn Stück pro Tag essen. Sonst nehmen sie eine gesundheitlich bedenkliche Menge Schwefel zu sich. Dabei bleiben die Früchte ohne Schwefel ebenso haltbar.
Dass die meisten Dörrfrüchte geschwefelt sind, hat einen simplen Grund: Sie sehen schöner und frischer aus. Der Schwefel verhindert die Zersetzung des fruchteigenen Farbstoffes. Gedö...
Geschwefeltes Dörrobst ist für Allergiker und Asthmatiker gefährlich.
Von vielen Dörrfrüchten dürfen Kinder höchstens fünf bis zehn Stück pro Tag essen. Sonst nehmen sie eine gesundheitlich bedenkliche Menge Schwefel zu sich. Dabei bleiben die Früchte ohne Schwefel ebenso haltbar.
Dass die meisten Dörrfrüchte geschwefelt sind, hat einen simplen Grund: Sie sehen schöner und frischer aus. Der Schwefel verhindert die Zersetzung des fruchteigenen Farbstoffes. Gedörrte Apfelringe bleiben damit strahlend weiss, Aprikosen schön orange.
Während in den EU-Ländern und in den USA "geschwefelt" auf der Packung solcher Früchte stehen muss, genügt in der Schweiz der Vermerk "E220" - und der ist vielen Laien unverständlich.
Es geht auch ohne Schwefel; das beweist dieser Test. Von 19 untersuchten Dörrobst-Proben hatten nur zwei Bio-Produkte keinen nachweisbaren Schwefelgehalt. Nachteil: Solche Aprikosen werden braun (Bild).
Manch ein Produzent fürchtet deshalb um seine Marktanteile. So schreibt die Migros in einem Brief an einen besorgten Kunden: "Braune Früchte würden zu Kundenreklamationen und vermutlich zu Umsatzeinbussen führen."
Mit dem Schwefel ist aber nicht zu spassen. Für den Lebensmittelfachmann Gabor Kiss, ehemaliger Mitarbeiter des Migros-Labors, ist klar: "Schwefeldioxid ist ein bedenklicher Zusatzstoff."
Jede hundertste Person reagiert allergisch auf Schwefelsalze
Die amerikanische Lebensmittelbehörde FDA schätzt zum Beispiel, dass jeder hundertste Mensch allergisch auf Schwefelsalze reagiert. Die Symptome reichen von Kopfschmerzen und Übelkeit über Nesselfieber bis hin zu einem Schockzustand, der mit dem Tod enden kann. Auch Asthmatiker sind durch stark schwefelhaltige Lebensmittel gefährdet.
Das Schweizer Gesetz erlaubt in getrockneten Aprikosen 2000 Milligramm, in Äpfeln, Birnen und Pfirsichen 1500 und in den übrigen Dörrfrüchten 1000 Milligramm Schwefeldioxid pro Kilogramm Früchte.
Gabor Kiss ist aber überzeugt: "Es wäre Zeit, die erlaubte Höchstmenge nach unten anzupassen." Bereits der jetzt gültige Wert sei nur aus Rücksicht auf das Erhalten der Farbe so hoch ausgefallen.
Auch der Toxikologe Josef Schlatter vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist mit der Situation bei den Dörrfrüchten unzufrieden. "Es fragt sich, ob man die erlaubte Höchstmenge anpassen sollte", meinte er.
Zumindest wünscht sich Schlatter, dass die Industrie Alternativen für Schwefel sucht. Auch eine Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO kommt zum Schluss: "Wo immer möglich sollte Schwefeldioxid ersetzt werden."
BAG-Vizedirektor Urs Klemm hat dem K-Tip bestätigt, dass das BAG in der nächsten Revision der Zusatzstoff-Verordnung differenziertere Werte einführen will - und zwar in Übereinstimmung mit den Bestimmungen in der EU. Doch gerade der sehr large Grenzwert von 2000 mg/kg bei den Aprikosen wird voraussichtlich - in Anlehnung an die EU-Richtlinien - unverändert bleiben. Die Ausrede des BAG für die hohe erlaubte Schwefelmenge: "Wir dürfen mit unseren Regelungen keine Handelshemmnisse provozieren." Stossend ist diese Einstellung vor allem deshalb, weil ausgerechnet Kinder sehr gerne Dörrobst essen. Denn die von der WHO mit 0,7 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht festgelegte unschädliche Tageshöchstmenge (Adi-Wert) erreicht ein Kind schneller als ein doppelt so schwerer Erwachsener. Die Tabelle unten zeigt deshalb in der Rubrik "Früchte pro Tag", wie viele Früchte ein 30 Kilogramm schweres Kind täglich essen darf, um den Adi-Wert nicht zu überschreiten (die Annahme: ein Fruchtstück wiegt sieben Gramm).
Ausser den teilweise grossen Schwefelmengen fand die Berliner Gesellschaft für Lebensmittelforschung in den Dörrfrüchten auch Pestizide.
Keines der Produkte verletzte zwar einen geltenden Grenzwert - doch gerade in den Bio-Aprikosen der Marke Delicat sollte man erwarten dürfen, dass sie pestizidfrei sind.
Kasten
Dörrobst im Test: Nur bei 2 von 19 Produkten dürfen Kinder naschen, so viel sie mögen.
Marke: Migros
Genaue Bezeichnung: Aprikosen Bio-Produkt
Eingekauft bei: Migros
Preis in Fran