VCS schlug Gründer die Tür zu
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K-Tipp 2/2001
31.01.2001
Der berühmte Hans A. Pestalozzi erhielt keine Autoversicherung
Die Autoversicherung des Verkehrs-Clubs lässt Personen ab 70 im Regen stehen. Das musste auch Hans A. Pestalozzi erfahren - obwohl er den VCS mitgegründet hat.
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Die Autoversicherung für Umweltbewusste» betitelt sich der VCS-Eco-Club stolz. Er habe «exklusiv günstige Prämien», weil Mitglieder des Verkehrs-Clubs der Schweiz (VCS) «rücksichtsvol...
Der berühmte Hans A. Pestalozzi erhielt keine Autoversicherung
Die Autoversicherung des Verkehrs-Clubs lässt Personen ab 70 im Regen stehen. Das musste auch Hans A. Pestalozzi erfahren - obwohl er den VCS mitgegründet hat.
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Die Autoversicherung für Umweltbewusste» betitelt sich der VCS-Eco-Club stolz. Er habe «exklusiv günstige Prämien», weil Mitglieder des Verkehrs-Clubs der Schweiz (VCS) «rücksichtsvoll und umweltschonend Auto fahren».
Doch von Senioren will der Club nichts wissen. Zwar ist es aus den Unterlagen nirgends ersichtlich - aber den Interessenten ab 70 macht der VCS kein Angebot.
Deshalb erhielt auch ein gewisser Hans Pestalozzi aus Wattwil SG eine Absage. «Wir können Ihnen leider keinen Versicherungsvorschlag ausarbeiten», heisst es in einem Normbrief ohne Unterschrift, den Pestalozzi im Dezember 2000 erhielt.
Der verschmähte Antragsteller ist nicht irgendwer, sondern der bekannte Hans A. Pestalozzi. Er musste 1979 das Gottlieb-Duttweiler-Institut der Migros im Streit verlassen und machte dann Karriere als Sachbuchautor («Auf die Bäume, ihr Affen»), Vortragsredner und Kritiker der Industriegesellschaft.
Besonders pikant: Der inzwischen 71-jährige Hans A. Pestalozzi war vor 22 Jahren hautnah als politischer «Götti» dabei, als der VCS entstand. «Schon toll, wenn man als Gründungsmitglied wie ein Minderjähriger behandelt wird», spottet er.
Beim VCS gibt man sich zerknirscht. «Leider kann ich nichts beschönigen», sagt Geschäftsleiter Ueli Siegrist. «Herr Pestalozzi ist nicht der einzige Kunde, den wir abweisen mussten.»
Hinter dieser Altersguillotine steckt die Züritel, welche zur Zürich Versicherung gehört. Die Züritel profilierte sich zuerst als Telefonversicherer; heute konzentriert sie sich auf Mitarbeiter grösserer Firmen und Mitglieder von Verbänden - wie beispielsweise des VCS.
Genauer: Die Züritel sucht sich gezielt «risikoarme Zielsegmente» aus, also Gruppen von Autofahrern, von denen sie annehmen kann, dass sie vorsichtig und weitgehend unfallfrei fahren.
Diesen Firmen und Verbänden macht sie dann entsprechend individuelle, attraktive Angebote.
Nebst den VCS-Kunden profitieren so unter anderen auch Angestellte der Maschinen- und Elektroindustrie, Betriebsökonomen, Bundes- und Bankpersonal, Kaderleute, Swissair-Angestellte, Assistenz- und Oberärzte sowie Lehrer von massgeschneiderten Angeboten. Mit dabei sind auch Polizisten sowie Angestellte von SF DRS, also beispielsweise Redaktoren von Tagesschau, Rundschau und Kassensturz.
Doch stets gilt: Neukunden über 70 haben bei dieser Rosinenpickerei keinen Platz. Bei der Züritel geht man davon aus, dass ältere Fahrer zu viele Unfälle verursachen.
Die Altersbegrenzung wird sich auch kaum ändern - obwohl der VCS bei der Züritel Druck machen will. Interessenten über 70 leitet Züritel auch künftig an die Zürich Versicherung weiter - wo sie zwar ein Angebot erhalten, aber zu schlechteren Bedingungen.
Daran ist Pestalozzi nicht interessiert; er reagiert kurz und bündig: «Ha, ha.»
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Feilschen Sie um die Prämie!
Bei der Autoversicherung herrscht gnadenloser Wettbewerb. Das können Sie ausnutzen, indem Sie mehrere Offerten einholen; scheuen Sie sich nicht, günstigere Konkurrenzangebote als Druckmittel einzusetzen.
- Achten Sie insbesondere darauf, dass Sie auf eine möglichst tiefe Bonusstufe kommen. Unter Umständen erhalten auch Neulenker den attraktivsten Bonus.
- Bei der Winterthur liegen für Hartnäckige 20 Prozent Zusatzrabatt drin.
- Die Zürich ersetzte einer Lenkerin sogar den Prämienverlust, den sie durch die vorzeitige Kündigung beim Vorversicherer erlitt - immerhin 970 Franken.
Und Senioren? Generelle Alterslimiten wie bei der Züritel kennt sonst keiner der 16 grössten Autoversicherer; einzig die National sagt, bei über 68-jährigen Neukunden gebe es eine «vertiefte Risikoprüfung».
Ob Senioren mehr Unfälle verursachen als jüngere Kunden, können die Versicherer nur teilweise bestätigen.
Bei einigen Versicherungen müssen Seniorinnen und Senioren altersbedingte Prämienaufschläge auf laufende Verträge akzeptieren, namentlich bei Allianz, Berner, Coop und Swissline. Bei der Secura (jetzt Generali) sei der Alterszuschlag abgeschafft worden, heisst es.
Mehr Infos zum Thema finden Sie im K-Dossier «So sind Sie richtig versichert». Bestellmöglichkeit auf Seite 13.