Verbotene Geldstrafe
Ein Tankstellenpächter zog einer Angestellten 1000 Franken vom Lohn ab - als so genannte Konventionalstrafe. Das war illegal.
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K-Tipp 9/2006
01.05.2006
Ernst Meierhofer - ernst.meierhofer@ktipp.ch
Es ist unbestritten: Priska Baumann aus Kronbühl SG hat einen Fehler gemacht. Sie war als Tankstellen-Verkäuferin tätig und schenkte einem Kunden einen Bon im Wert von drei Rappen pro Liter. Bei einer Tankfüllung von 60 Litern sparte der Kunde so Fr. 1.80.
Das hätte Baumann nicht tun dürfen. Denn die Bons waren vorher als Treuegeschenk an die Tankstellen-Kunden verteilt worden. Und die Ermässigung sollte es erst beim nächsten Tankstopp geben, falls der Kunde dann vor dem Z...
Es ist unbestritten: Priska Baumann aus Kronbühl SG hat einen Fehler gemacht. Sie war als Tankstellen-Verkäuferin tätig und schenkte einem Kunden einen Bon im Wert von drei Rappen pro Liter. Bei einer Tankfüllung von 60 Litern sparte der Kunde so Fr. 1.80.
Das hätte Baumann nicht tun dürfen. Denn die Bons waren vorher als Treuegeschenk an die Tankstellen-Kunden verteilt worden. Und die Ermässigung sollte es erst beim nächsten Tankstopp geben, falls der Kunde dann vor dem Zahlen einen Bon vorweisen konnte.
Baumann hingegen gab die Rabattmarke einem Autofahrer, der noch keine hatte, und gewährte auch gleich die Vergünstigung. Das hatte sie in der Woche zuvor schon einmal getan und war dafür verwarnt worden.
Chef bestrafte schon früher Angestellte
Darauf kam es knüppeldick für die Angestellte. Obwohl die Mindereinnahmen für die Tankstelle insgesamt nur wenige Franken betrugen, brummte ihr der Chef eine «Konventionalstrafe» von 1000 Franken auf. Und zog diesen Betrag auch gleich bei der nächsten Lohnabrechnung ab.
Doch dieser Lohnabzug war gesetzwidrig, weil in ihrem Arbeitsvertrag nichts Derartiges abgemacht war.
Verantwortlich für das hemdsärmlige Vorgehen ist Wilhelm Zwahlen, der Geschäftsführer der Tankstelle. Er ist für K-Tipp-Leser kein Unbekannter: In Ausgabe 5/06 wurde er kritisiert, weil er einer Angestellten zu Unrecht unbezahlte Benzinrechnungen vom Lohn abgezogen hatte. Damals ging es um die von ihm betriebene Tankstelle in Amriswil TG, im Fall der unzulässigen 1000-Franken-Busse war es der Tankstellenshop in Arbon TG, wo er ebenfalls Geschäftsführer ist. Beide Tankstellen gehören der Coop Mineralöl AG.
Auf keinen grünen Zweig gekommen
Pächter Zwahlen sieht sich auch als Opfer. Er selber war nämlich für das fehlerhafte Verhalten seiner Angestellten Baumann von der Coop Mineralöl mit einer Konventionalstrafe in der Höhe von 1000 Franken bestraft worden - und er habe diese nur seiner Angestellten weiterbelastet. Inzwischen hat Zwahlen bei Coop gekündigt, sagte er zum K-Tipp. Er sei mit diesem Geschäft auf keinen grünen Zweig gekommen.
Wird Zwahlen seiner Verkäuferin die unrechtmässig abgezogenen 1000 Franken zurückerstatten? «Das mache ich nur, wenn mir die Coop Mineralöl die Strafe ebenfalls erlässt.» Coop wollte sich dazu nicht äussern.
Ohne Abmachung keine Geldstrafe
Das Gesetz sieht keine Konventionalstrafen vor. Zwei Vertragsparteien können aber solche Geldstrafen für bestimmte Fälle abmachen. Gültig sind sie, wenn sie klar vereinbart wurden. In Arbeitsverträgen werden Konventionalstrafen in der Regel nur bei der Übertretung eines Konkurrenzverbotes verabredet.
Davon zu unterscheiden ist die Schadenersatzpflicht von Angestellten. Wer einem Betrieb absichtlich oder grobfahrlässig Schaden zufügt, muss ganz oder teilweise dafür aufkommen. Maximal ist aber der volle direkte Verlust zu ersetzen. Die Tankstellenverkäuferin Priska Baumann (siehe Haupttext) müsste sich also höchstens ein paar Franken und nicht 1000 Franken von ihrem Lohn abziehen lassen.
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