Verbotene Scheinrabatte
Zwei Drittel der Textil-Ausverkaufsware ist speziell für diesen Zweck dazugekauft worden, schätzt ein Branchenkenner. Die Konsumenten werden so verschaukelt.
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K-Tipp 12/2003
18.06.2003
Pirmin Schilliger - redaktion@ktipp.ch
Schilder wie «50 % auf alle Artikel» hängen in den Schaufenstern, wenn Geschäfte die Rabattschlacht eröffnen. Solche Aktionen sind seit 1995 nicht mehr auf ein paar Wochen im Jahr beschränkt, sondern jederzeit möglich.
Zu beachten ist aber die Preisbekanntgabeverordnung (PBV). Wichtigster Punkt: Ware, die zu einem herabgesetzten Preis offeriert wird, muss vorher im Laden mindestens doppelt so lange zum Normalpreis erhältlich gewesen sein.
Beispiel: Ein Hemd ...
Schilder wie «50 % auf alle Artikel» hängen in den Schaufenstern, wenn Geschäfte die Rabattschlacht eröffnen. Solche Aktionen sind seit 1995 nicht mehr auf ein paar Wochen im Jahr beschränkt, sondern jederzeit möglich.
Zu beachten ist aber die Preisbekanntgabeverordnung (PBV). Wichtigster Punkt: Ware, die zu einem herabgesetzten Preis offeriert wird, muss vorher im Laden mindestens doppelt so lange zum Normalpreis erhältlich gewesen sein.
Beispiel: Ein Hemd wird während eines Monats mit 50 Prozent Ermässigung zu einem Preis von 50 Franken angeboten; gleichzeitig wird erwähnt, dass es vorher 100 Franken gekostet hat. Dieses Hemd muss also vorher mindestens zwei Monate lang effektiv für 100 Franken im Verkauf gewesen sein.
Von Kanton zu Kanton verschieden
Die PBV verbietet es also, Ware direkt für eine Sonderaktion einzukaufen und sofort unter Angabe eines höheren Vergleichspreises als verbilligt anzupreisen.
In der Praxis kontrollieren die für den Vollzug verantwortlichen Kantone die Einhaltung der PBV sehr unterschiedlich. «Wir werden nur auf Anzeige hin aktiv», sagt etwa Laura Grüter, Leiterin der Gewerbepolizei des Kantons Luzern.
Strikter ist die Stadtpolizei Zürich; sie überwacht die Preisanschriften aktiv - und wird auch regelmässig fündig. «Wir mussten in diesem Jahr bereits in zwei Fällen saftige Bussen erteilen», erklärt Werner Holenstein von der für Gewerbedelikte zuständigen Abteilung.
Die Polizisten kamen in Zürich zwei Textilhändlern auf die Schliche, die Kleider direkt für Sonderaktionen eingekauft hatten. Die angeblich herabgesetzten Hemden und T-Shirts standen gar nie zum Normalpreis im Laden zum Verkauf - ein klarer Verstoss gegen die PBV.
Um welche Textilhändler es ging, gibt die Stadtpolizei Zürich nicht bekannt. Werner Holenstein geht zudem von einer hohen Dunkelziffer aus. «Würden wir noch systematischer kontrollieren, würden wir mit Sicherheit weitere Sünder entdecken.»
Billigprodukte von minderer Qualität
Die Gewerbepolizei Basel-Stadt muss fast wöchentlich Geschäfte wegen Verstosses gegen die PBV verwarnen oder verzeigen. «Mal geht es um irreführende Preisanschriften im Schaufenster, mal um für die Sonderaktionen zugekaufte, mit vorgetäuschten Preisnachlässen angepriesene Ware», so Abteilungsleiter Kurt Ehret.
Oft haben die Behörden allerdings ein Beweisproblem. Denn für Kleiderketten hält das Gesetz ein bequemes Schlupfloch offen: Die herabgesetzte Ware muss vorher nicht im gleichen Laden, sondern darf in einer beliebigen Filiale zum Normalpreis im Verkauf gewesen sein.
«Das wird von gewissen Händlern ausgenützt», sagt Paul Hänni, Präsident des Zürcher Textildetaillistenverbandes. Und er schätzt: «Zwei Drittel der über Sonderaktionen verhökerten Kleider kaufen die grossen Ketten speziell für diesen Zweck hinzu; die Ware ist vorher gar nie im normalen Verkauf.»
Vielfach handle es sich um Billigproduktionen von minderer Qualität oder gar um fehlerhafte Serien. «Der Konsument wird damit verschaukelt. Denn mit dem fetten Rabatt wird ihm vorgegaukelt, dass er im Normalfall viel Geld für diese Kleider hätte bezahlen müssen», so Hänni.
Armin Haymoz, Geschäftsführer des Branchenverbandes Swiss Fashion, mahnt die Textildetailhändler zu mehr Selbstdisziplin. «Wir legen unseren Mitgliedern nahe, die PBV einzuhalten und fehlbare Konkurrenten bei den Vollzugsbehörden zu melden», erklärt er. Die Behörden würden nämlich in der Regel erst auf Anzeige hin aktiv.
Um sich von den schwarzen Schafen abzugrenzen, schwebt Hänni ein «Gütezeichen für ehrlichen Ausverkauf» vor. Die Geschäfte könnten damit garantieren, dass sie im Ausverkauf nur normale Restposten verkaufen. «Nachträglich zugekaufte Billigware hat in einem seriösen Fachgeschäft nichts zu suchen.» Die Labelidee ist in der nächsten Vorstandssitzung des Textildetaillistenverbandes traktandiert.
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