Verpfuschte Ferien: So gibts Geld zurück
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K-Tipp 12/2002
12.06.2002
Reisebüros: Wer sich mit mündlichen Zusicher ungen begnügt, hat im Konfliktfall schlechte Karten
Sie fanden nicht vor, was sie beim Buchen verlangt hatten. Also wechselten Simon Grau und Manuela Riklin auf Teneriffa das Hotel. Das kam sie teuer zu stehen.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Zwei Wochen Badeferien in Playa de las Américas auf Teneriffa für 1300 Franken pro Person - das Angebot der Kuoni-Tochter Helvetic Tours schien Simon Grau und Ma...
Reisebüros: Wer sich mit mündlichen Zusicher ungen begnügt, hat im Konfliktfall schlechte Karten
Sie fanden nicht vor, was sie beim Buchen verlangt hatten. Also wechselten Simon Grau und Manuela Riklin auf Teneriffa das Hotel. Das kam sie teuer zu stehen.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Zwei Wochen Badeferien in Playa de las Américas auf Teneriffa für 1300 Franken pro Person - das Angebot der Kuoni-Tochter Helvetic Tours schien Simon Grau und Manuela Riklin (Namen geändert) attraktiv. Also griffen sie im ebenfalls zu Kuoni gehörenden Reisebüro Rewi Reisen PRS AG in Winterthur zu.
Sicher: Das Appartementhotel «Veracruz» war im Katalog mit der Klassierung «1 Schlüssel» als einfache Anlage gekennzeichnet. Doch Grau und Riklin machte das nichts aus: «Uns genügt es, wenn die Zimmer in gutem Zustand und sauber sind.»
Wichtig war ihnen indes, dass sie vor Ort Telefon und Klimaanlage antreffen würden. Manuela Riklin leidet bei Hitze rasch unter starken Kopfschmerzen und Simon Grau musste wegen einer Zivilschutz-Angelegenheit telefonisch erreichbar sein.
«Wir erklärten der Verkäuferin im Reisebüro deshalb zweimal, dass Klimaanlage und Telefon für uns zwingend seien», so Grau. «Nachdem sie uns mündlich versichert hatte, wir würden beides im Appartementhotel vorfinden, waren wir mit der Buchung einverstanden.»
«Im Zimmer war alles schmutzig»
Doch als Grau und Riklin einen Monat später im «Veracruz» ankamen, gab es da weder Telefon noch Klimaanlage. Ausserdem sei das Zimmer für sie unerträglich gewesen, machen sie geltend: «Alles war schmutzig. Im Badezimmer wuchsen auf dem Toilettendeckel kleine weisse Pilze. An der Wand hing ein Gas-Durchlauferhitzer in erbärmlichem Zustand. Die Zimmertür liess sich kaum schliessen und verfügte nur über eine Art Gartenhaus-Riegel. Und neben dem Türrahmen klaffte eine Ritze, die Einblick ins Zimmer gewährte.»
Grau und Riklin wandten sich an die lokale Kuoni-Vertretung und bestanden auf einem Hotelwechsel. Tags darauf konnten sie ins VierSterne-Hotel «Noelia Sur» ziehen, das als Einziges noch über ein freies Zimmer verfügte.
Doch erholsam sollten die Ferien trotzdem nicht werden. Simon Grau: «Die örtliche Reiseleiterin forderte uns jetzt fast täglich auf, die Mehrkosten für den Hotelwechsel von rund 2300 Franken zu bezahlen.» Und das Schweizer Reisebüro habe sie am Telefon in teils sehr rüdem Ton vor die Wahl gestellt, diese Kosten entweder sofort zu begleichen oder eine Schuldanerkennung zu unterzeichnen.
«Die ständigen Druckversuche setzten uns sehr zu», erinnert sich Grau. «Und als uns die Reiseleitung vor Ort auch noch drohte, man werde uns aus dem Hotel werfen, haben wir halt bezahlt. Wir waren mit den Nerven schlicht am Ende.»
Zurück in der Schweiz gelangten Simon Grau und Manuela Riklin an Kuoni Reisen und forderten das Mutterhaus von Helvetic Tours und Rewi Reisen auf, den Aufpreis für den Hotelwechsel zu übernehmen. Ihre Begründung: In der gebuchten Unterkunft habe es entgegen der mündlichen Zusicherung vor Abreise weder Klimaanlage noch Telefon gegeben. Zudem sei das Zimmer punkto Hygiene und Sicherheit inakzeptabel gewesen.
Doch mit ihrer Forderung beissen Grau und Riklin bei Kuoni auf Granit: Weder der Reisekatalog noch die Buchungsbestätigung habe fürs Appartementhotel «Veracruz» Telefon oder Klimaanlage versprochen; beides sei somit nicht Vertragsbestandteil gewesen, hält Kuoni fest. Und: «Nach unseren Informationen hat die Beraterin bei Rewi Reisen den Kunden keine mündlichen Zusagen bezüglich Telefon und Klimaanlage gemacht.»
Die erwähnte Reiseberaterin arbeitet inzwischen nicht mehr bei Rewi Reisen. Dem K-Tipp teilte sie lediglich mit, der Fall sei ihr «nicht mehr im Detail bekannt».
Kuoni bestreitet im Übrigen auch, dass im «Veracruz» bedenkliche hygienische Verhältnisse herrschten. Und die Kunden hätten vor Ort zwar das Fehlen von Telefon und Klimaanlage, nicht aber die Sauberkeit schriftlich beanstandet.
Das trifft zu. Über Hygienemängel hatten sich Grau und Riklin nur mündlich beschwert. «Wir glaubten, dass das genügt. Und wir haben auch keine Fotos gemacht.»
An ihrer Darstellung halten sie aber fest. Dem K-Tipp liegt zudem die Aussage eines weiteren «Veracruz»-Gastes vor, die die Angaben von Grau und Riklin stützt.
Aufpreis bezahlen - oder wieder umziehen
Schliesslich stellt sich Kuoni auf den Standpunkt, Grau und Riklin sei schon vor dem Wechsel ins «Noelia Sur» bekannt gewesen, dass sie die Mehrkosten zu übernehmen und vor Ort zu begleichen hätten. Nach dem Umzug habe man ihnen dann erklärt, sie müssten wieder ins «Veracruz» ziehen, wenn sie den Aufpreis nicht bezahlen. Mit einem Rauswurf aus dem «Noelia Sur» habe die örtliche Kuoni-Vertretung aber nicht gedroht.
Simon Grau bestreitet das. Doch er mag sich nicht länger ärgern. «Eigentlich wollten meine Freundin und ich ja nur schöne Ferien erleben - Ferien, in denen wir alles vergessen», meint er in Anlehnung an den Werbeslogan von Kuoni. «Jetzt hoffen wir halt, dass wir die Ferien selber rasch vergessen.»
Neues Gerichtsurteil - Touristin erhielt Geld für entgangenen Feriengenuss
Pauschalreisende erhalten möglicherweise bald eine Entschädigung für verpatzte Ferien - dank der bilateralen Verträge mit der EU.
Wenn das «ruhige» Hotel direkt an der Hauptstrasse liegt oder der Swimmingpool gerade renoviert wird, kann der Tourist vom Reiseveranstalter einen Teil des bezahlten Geldes zurückverlangen. Das ist aber auch schon alles. Für die ausgebliebene Erholung und den Frust über die verpfuschten Ferien hat der Reisende keinen Rappen zugut. So hat das Bundesgericht schon 1989 entschieden.
Anders der Europäische Gerichtshof. In einem Urteil vom März dieses Jahres hat er festgehalten, dass in der EU auch entgangener Feriengenuss zu entschädigen ist. Es ging um den Fall einer Österreicherin, die bei TUI Deutschland einen Türkei-Urlaub gebucht hatte und nach dem Essen im Hotel an Salmonellen erkrankt war.
«Dieses Urteil könnte auch Auswirkungen auf die Schweiz haben», vermutet Reiserechtler Rolf Metz.
In den bilateralen Verträgen mit der EU stehe nämlich, dass ein gemeinsamer Ausschuss über die Folgen solcher Entscheide für die Schweiz befinde. «Ich könnte mir vorstellen», so Metz, «dass der Ausschuss das Urteil als verbindlich bezeichnet und die Schweizer Gerichte ihre restriktive Praxis dann ändern müssen.»
Thomas Müller
So können Sie sich wehren
Ferientage sind kostbar. Es schmerzt, wenn man sie nicht geniessen kann. Der K-Tipp sagt, wie Sie den Ärger bei Reisemängeln in Grenzen halten.
- Bestätigung: Verlangen Sie, dass die schriftliche Buchungsbestätigung alles enthält, was man Ihnen mündlich zugesichert hat und nicht im Katalog steht.
- Beschwerden: Reklamieren Sie sofort vor Ort, wenn die versprochenen Leistungen nicht erbracht werden. Falls das nichts nützt, halten Sie alle Beschwerdepunkte schriftlich fest und verlangen Sie von der örtlichen Vertretung des Reiseveranstalters eine schriftliche Bestätigung.
- Beweise: Fotografieren oder filmen Sie die Mängel. Und suchen Sie Zeugen.
- Hotelwechsel: Bei unzumutbaren Verhältnissen dürfen Sie auf Kosten des Veranstalters in ein Hotel der gleichen Kategorie wechseln, falls Sie zuvor erfolglos reklamiert haben.
- «Frankfurter Tabelle»: Verlangen Sie nach Ihrer Rückkehr mit eingeschriebenem Brief beim Reiseveranstalter Schadenersatz für zusätzliche Auslagen (Quittungen beilegen) bzw. fordern Sie einen Teil des Reisepreises zurück.
Anhaltspunkte hierzu gibt die so genannte «Frankfurter Tabelle». Die folgenden Auszüge zeigen, wie viele Prozente des Preises Sie bei Pauschalreisen für Mängel zurückfordern können:
Unterkunft:
- Abweichende Lage, z. B. Entfernung zum Strand: 5-15 %
- Abweichende Unterbringung, z. B. Haupthaus statt Bungalow: 5-10 %
- Doppel- statt Einzelzimmer: 20 %
- Fehlendes eigenes Bad/WC: 15-25 %
- Schäden (Risse, Feuchtigkeit): 10-50 %
- Ungeziefer: 10-50 %
- Stromausfall: 10-20 %
- Schlechte Zimmerreinigung: 10-20 %
- Nachtlärm: 10-40 %
- Üble Gerüche: 5-15 %
Verpflegung:
- Ungeniessbare Speisen: 20-30 %
- Statt Kellner Selbstbedienung: 10-15 %
- Lange Wartezeiten: 5-15 %
- Tisch, Besteck verschmutzt: 5-15 %
Sonstiges:
- Fehlender oder verschmutzter Swimmingpool: 10-20 %
- Fehlende Kinderbetreuung: 5-10 %
- Baden im Meer unmöglich: 10-20 %
- Verschmutzter Strand: 10-20 %
- Fehlende Vergnügungseinrichtungen: 5-15 %
Die gesamte «Frankfurter Tabelle» inkl. Erläuterungen finden Sie im Web unter www.reisebuerorecht.ch/ frankfurter% 20tabelle.htm oder im K-Spezial «Ferien» vom März 2000.