Versicherungen zahlen nur "gelegentlich"
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K-Tipp 4/2000
23.02.2000
Haftpflicht-Versicherung: Unklare Klauseln zum Nachteil der Kunden.
Wer gelegentlich ein fremdes Auto fährt, braucht eine Zusatzversicherung. Doch wenns kracht, drückt sie sich häufig vor dem Zahlen.
Halb so schlimm", dachte sich Lilo Liberti aus Burgdorf BE, nachdem sie letzten Sommer mit dem Auto ihrer Mutter beim Parkieren einen Pfosten touchiert hatte. Denn sie hatte bei der Basler Versicherung eine Zusatzversicherung für "Schäden an gelegentlich (nicht reg...
Haftpflicht-Versicherung: Unklare Klauseln zum Nachteil der Kunden.
Wer gelegentlich ein fremdes Auto fährt, braucht eine Zusatzversicherung. Doch wenns kracht, drückt sie sich häufig vor dem Zahlen.
Halb so schlimm", dachte sich Lilo Liberti aus Burgdorf BE, nachdem sie letzten Sommer mit dem Auto ihrer Mutter beim Parkieren einen Pfosten touchiert hatte. Denn sie hatte bei der Basler Versicherung eine Zusatzversicherung für "Schäden an gelegentlich (nicht regelmässig) benützten" fremden Autos abgeschlossen.
Lilo Liberti liess das Auto umgehend reparieren. Kostenpunkt: Fr. 1035.70. Sie füllte den Fragebogen der Versicherung aus und gab wahrheitsgemäss an, das Auto ihrer Mutter zwei- bis dreimal pro Monat zu benützen.
Zweimal im Monat ist schon "regelmässig"
Der Basler war das zu viel. Sie berief sich auf ein Urteil des St. Galler Kantonsgerichts. Dieses war zum Schluss gekommen, dass bereits bei zwei Ausleihen pro Monat von einer "lockeren Regelmässigkeit" gesprochen werden müsse. Für die Basler war der Fall deshalb klar: Lilo Liberti habe das Auto nicht nur gelegentlich, sondern regelmässig benützt.
Konsequenz: Die Vollkasko-Versicherung zahlt zwar die Reparatur, Selbstbehalt und Bonusverlust bleiben aber an Lilo Liberti, beziehungsweise an ihrer Mutter hängen.
Ähnlich gelagert ist auch der Fall des Studenten Giona Mattei aus Zürich. Er hatte nach einem Unfall angegeben, das Auto seiner Grossmutter zwei- bis dreimal pro Monat benützt zu haben.
In ihrem ablehnenden Entscheid schreibt die Mobiliar, Mattei habe das Auto "also praktisch wöchentlich" benützt. Im Kassensturz kam aber die Schiedsrichterin für Konsumentenfragen, Doris Slongo, zum Schluss, dass die Mobiliar trotzdem zahlen müsse.
Eine Umfrage des K-Tip bei fünf grossen Versicherungen zeigte, dass sie alle mit schwammigen Begriffen wie "gelegentlich" und "nicht regelmässig" arbeiten. Und die Umfrage zeigte auch, dass sie die Begriffe ganz unterschiedlich interpretieren.
Nur eines ist den Versicherungen gemeinsam: Wenn es sich irgendwie einrichten lässt, dann zahlen sie nicht.
Auch den Bundesrichtern in Lausanne sind die Gummiparagraphen der Versicherungen aufgefallen. Sie haben im Sommer 1997 eine Versicherung dazu verknurrt, einer Frau den Schaden zu zahlen. Diese hatte das Auto ihrer Mutter in zweieinhalb Monaten fünf Mal ausgeliehen.
Die Begründung der Bundesrichter: Die Versicherungen dürfen ihre unklaren Versicherungsklauseln nicht einfach zum Nachteil der Kunden auslegen.
"Gelegentlich": Schriftliche Definition verlangen
Doch die Versicherungen ignorieren den Entscheid des Bundesgerichts. Kunden, die im Schadenfall nicht gerichtlich gegen sie vorgehen wollen, bleibt nichts anderes übrig, als sich an folgende Tipps zu halten.
° Wenn Sie hin und wieder fremde Autos gratis benützen, brauchen Sie eine entsprechende Zusatzdeckung zu Ihrer Privathaftpflicht-Versicherung. Sie zahlt den Schaden am ausgeliehenen Auto (falls es nicht vollkaskoversichert war). Wenn die Vollkasko zahlt, ersetzt die Zusatzdeckung Selbstbehalt und Bonusverlust des Autobesitzers. Diese Zusatzdeckung kostet für Einzelpersonen zwischen 40 und 120 Franken.
° Falls Sie eine solche Zusatzdeckung abschliessen wollen, sollten Sie die Versicherung fragen, wie sie den Begriff "gelegentliches" Ausleihen genau definiert. Lassen Sie sich diese Definition schriftlich geben.
° Es ist möglich, dass Ihre Versicherung diese Deckung automatisch in der Basis-Privathaftpflicht einschliesst. Fragen Sie.
° Die Zusatzdeckung zahlt nicht, wenn Autobesitzer und -ausleiher im gleichen Haushalt wohnen.