Viel bezahlt - wenig gelernt
Inhalt
K-Tipp 6/2002
20.03.2002
Nach K-Tipp-Bericht: Dutzende von Schülern wollen aus Informatikkurs aussteigen
Der K-Tipp-Bericht über die Informatikkurse der Franchi SA (K-Tipp 3/02) hat eine Welle von Reaktionen ausgelöst. Viele enttäuschte Kursbesucher wollen wissen, wie sie bei einem Ausstieg zu ihrem Geld kommen.
Pirmin Schilliger redaktion@ktipp.ch
Als ich den K-Tipp las, glaubte ich, meine eigene Geschichte zu lesen: Vom ersten Besuch eines Vertreters der Firma Franchi S...
Nach K-Tipp-Bericht: Dutzende von Schülern wollen aus Informatikkurs aussteigen
Der K-Tipp-Bericht über die Informatikkurse der Franchi SA (K-Tipp 3/02) hat eine Welle von Reaktionen ausgelöst. Viele enttäuschte Kursbesucher wollen wissen, wie sie bei einem Ausstieg zu ihrem Geld kommen.
Pirmin Schilliger redaktion@ktipp.ch
Als ich den K-Tipp las, glaubte ich, meine eigene Geschichte zu lesen: Vom ersten Besuch eines Vertreters der Firma Franchi SA über das Unterschreiben eines Vertrages mit sofortiger Anzahlung von 350 Franken sowie einer Rechnung von 899 Franken für die Kursunterlagen verlief bei mir alles genau gleich», erzählt Heidi Rupp aus Arlesheim BL.
Auch der Kurs selber war wie im K-Tipp beschrieben: Die im Prospekt angepriesene Schulung an einem Computer entpuppte sich als Mogelpackung. Das einzige Gerät im Kurslokal gehörte dem Lehrer, dem sämtliche Schüler über die Schulter schauen mussten. Nicht nur didaktisch, sondern auch organisatorisch war der Kurs enttäuschend: Termine wurden mal verschoben, mal kurzfristig abgesagt, oder aber der Kursleiter erschien nicht. Nach sechs der insgesamt 16 Kursabende zog Heidi Rupp die Konsequenzen und stieg aus.
Heidi Rupp ist hier in guter Gesellschaft. Beim K-Tipp meldeten sich dutzende von Franchi-Geschädigten - so auch Sonja Meier (Name geändert) aus Aadorf TG. «Bei einem Informatikkurs müsste es doch so selbstverständlich sein wie das Amen in der Kirche, dass jedem Teilnehmer ein Computer zur Verfügung steht», meint sie.
Doch auch in Aadorf hatte lediglich der Kursleiter einen PC. «Der Kurs war eine Katastrophe», erinnert sich Sonja Meier. Nach drei frustrierenden Doppel-Lektionen hatte auch sie die Nase voll.
Doch leider wird man mit einer Kündigung die Franchi SA nicht so schnell los. Im Bewusstsein, dass viele Schüler vorzeitig aussteigen könnten, versucht sie, sich im Vertrag dagegen abzusichern. Ein vorzeitiger Ausstieg kostet mindestens 1700 Franken. Und beim Eintreiben des Geldes kennt sie keine Gnade.
Ein Inkassobüro bedrängt Aussteiger
Das mussten auch Heidi Rupp und Sonja Meier erfahren. Sie erhielten nach ihrer Kündigung Post vom Inkassobüro Progress West aus dem österreichischen Moosdorf. Dieses versucht im Auftrag der Franchi SA die restlichen Raten, die bei vollständigem Kursbesuch fällig wären, einzutreiben.
Die Kursaussteiger sollen offensichtlich eingeschüchtert werden: «Sie zwingen uns, den für Sie unangenehmsten und härtesten Weg zu beschreiten, den Gerichtsweg», schreibt das Inkassobüro und erwähnt «Gerichts-, Anwalts- und Exekutionskosten.»
Solches Gebaren verletzt nicht nur die Standesregeln des Verbands Schweizerischer Inkassotreuhandinstitute. Der Verzugszins in der Höhe von 14 Prozent ist zudem völlig überrissen; in der Schweiz bemisst er sich auf 5 Prozent. Inkassobüros haben zudem keinen Anspruch auf Umtriebsentschädigungen (siehe K-Tipp 5/02).
Von Sonja Meier, die bereits 2310 Franken bezahlt hatte, forderte Progress West fünf weitere Monatsraten zu je 382 Franken plus Spesen in der Höhe von 250 Franken.
«Das waren drei teure Kursabende»
Sonja Meier war nicht gewillt, auf diese Forderungen einzugehen. Sie beauftragte einen Anwalt. Das lohnte sich zumindest teilweise. Der Anwalt schlug eine aussergerichtliche Einigung vor und Franchi SA willigte ein. Das Institut verzichtete auf die restlichen Raten in der Höhe von 1910 Franken. Der Anwalt seinerseits forderte die von Sonja Meier bereits bezahlten 2310 Franken nicht zurück.
Ende gut, alles gut? Ein bitterer Nachgeschmack bleibt, hat doch die Franchi SA ohne angemessene Leistung 2310 Franken eingesackt.
«Das waren drei teure Kursabende, für die ich viel Lehrgeld zahlen musste», meint Sonja Meier rückblickend.
In gravierenden Fällen können Kursteilnehmer jederzeit vom Vertrag zurücktreten
So können Sie aus einem Kursvertrag aussteigen:
- Bei einem Kurs, der in Räumen der Schule in Form von persönlichem Unterricht stattfindet, handelt es sich rechtlich in der Regel um einen Auftrag. Solche Kursverträge sind daher nach Gesetz jederzeit kündbar.
Die Schule kann aber von Ihnen Schadenersatz verlangen, falls die Kündigung «zur Unzeit» erfolgt. Das ist dann der Fall, wenn Ihr Platz nicht mehr neu besetzt werden kann. Diesen Honorarausfall muss die Schule auf Ihre Anfrage hin nachweisen.
- Im Fall der Kursverträge der Franchi SA ist aber Folgendes zu beachten: Wenn für eine ganze Klasse nur ein einziger Computer zur Verfügung steht oder etwa die Kurse wegen Absenzen des Lehrers ausfallen, hat die Franchi SA den Vertrag nicht erfüllt. In solchen Fällen können Kursteilnehmer jederzeit vom Vertrag zurücktreten und die Zahlung weiterer Kursgelder verweigern.
- Zudem steht den Schülern in solch gravierenden Fällen die Möglichkeit offen, den Vertrag wegen Irrtum oder Täuschung anzufechten. Bereits bezahlte Kursgebühren können dann zurückverlangt werden.
- Unseriöse Unternehmen geben die im Voraus einbezahlten Beträge ungern zurück. Sie lassen es oft auf einen Prozess ankommen. Das ist für die Kunden beschwerlich, denn in der Regel ist das Gericht am Sitz des Unternehmens für solche Verfahren zuständig. Am besten fährt deshalb, wer auch bei Kursverträgen Vorauszahlungen möglichst vermeidet.
- Lassen Sie sich von Mahnungen, Briefen von Inkassobüros oder einem Zahlungsbefehl nicht einschüchtern. Erhalten Sie vom Kursveranstalter eine Betreibung, sollten Sie unbedingt Rechtsvorschlag erheben: einfach den Talon unten auf dem Zahlungsbefehl unterschreiben und innert 10 Tagen seit Empfang an das Betreibungsamt zurücksenden. So gilt die Forderung als bestritten und die Gegenpartei muss diese beim Gericht einklagen. Unseriöse Firmen gehen in der Regel nicht so weit und geben spätestens nach dem Zahlungsbefehl auf.